Der Duft der roten Akazie

Titel: Der Duft der roten Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie

Vom Netzwerk:

fragte sie und klang dabei verängstigter, als sie wollte.
    »Bist wohl etwas Besseres gewohnt, was?«, entgegnete er. In seinen Augen stand ein Funkeln, das sie noch nie zuvor bei ihm gesehen hatte. Das Klappern seiner Stiefel hallte hinunter in die Gasse, sodass ein unheimliches und gespenstisches Geräusch entstand. Ella fürchtete sich noch mehr davor als vor dem Shipwreck, was sie unvorsichtig machte.
    »Nein, es ist tatsächlich nicht das, woran ich gewöhnt bin! Gewiss wird Ollie McLeod nicht erfreut sein, das zu hören. Schau dich doch nur um.« Sie streckte den Arm aus, um ihre Worte zu untermauern. »Es ist der abscheulichste Gasthof, der mir je untergekommen ist.«
    Ihre Stimme erstarb. Eben sah sie aus schmalen Augen an, und etwas an seiner Körperhaltung ließ sie an Gefahr denken.
    »Nun, ich bedaure«, raunte er. »Doch als ich ein Junge war, bedeutete er für mich so etwas wie ein Zuhause. Und um offen zu sein, Adams Frau, interessiert es mich einen Dreck, was Ollie gefällt oder nicht.«
    Hoch aufgerichtet ging Eben weiter.
    Langsam setzte Ella ihren Weg fort. Offenbar hatte sie gerade eine Grenze verletzt.
    Oben angekommen, befanden sie sich so weit über den Dächern, dass sie das spiegelglatte Wasser des Hafens sehen konnte. Ella war sicher, den Geschmack des Salzwassers auf den Lippen zu spüren.
    Nancy war hinter sie getreten und packte sie grob am Arm. Aber Ella sträubte sich. Adam war irgendwo da draußen auf dem Ozean. Unterwegs nach Sydney.
    »Los, komm«, zischte Nancy ungeduldig. Ihre Fingernägel gruben sich in Ellas Arm.
    Eben klopfte an die Tür. Diese öffnete sich und gab den Blick auf einen Mann frei, der eine Pfeife zwischen den Zähnen hatte. »Was wollen Sie?«, fragte er barsch. Seine Miene war zwar freundlich, aber Ella ließ sich davon nicht täuschen. Aus seinem eingedrückten Gesicht schloss sie, dass er früher einmal Boxer gewesen war.
    Eben lächelte wölfisch. »Erinnerst du dich nicht mehr an mich, Davey? Ich bin es, Eben. Ich bin aus Kalifornien zurück.«
    Davey musterte ihn argwöhnisch. Dann schlich sich ein breites und hässliches Grinsen auf sein Gesicht, und er schob die Pfeife in den anderen Mundwinkel. »Eben! In dem teuren Zwirn habe ich dich gar nicht erkannt! Also bist du jetzt ein reicher Mann, was?«
    Eben zwinkerte anstelle einer Antwort. »Wir brauchen für einen oder zwei Tage eine Unterkunft. Geht das in Ordnung?«
    Davey lächelte zwar weiter, doch sein Blick wanderte an Eben vorbei zu seinen beiden Begleiterinnen. »Ja, einverstanden.«
    Offensichtlich wunderte es ihn, dass Eben, der mit den Taschen voller Geld aus Kalifornien kam, im Shipwreck Inn übernachten wollte. Allerdings war es nie ratsam, zu viele Fragen zu stellen. Selbst Ella hatte das inzwischen begriffen.
    »Dann kommt mal rein«, meinte Davey schließlich und machte Platz.

27
    Es war, als träte man in die Nacht.
    Der niedrige breite Raum war eine von Menschenhand geschaffene Höhle. An der Decke hing eine Öllampe, und einige verhutzelte alte Frauen saßen, eingehüllt in den Rauch ihrer Pfeifen, auf Schemeln am Feuer. Die Wände waren mit Schiffsteilen geschmückt, die meisten davon jedoch zu schmutzig, um sie zu erkennen. Über allem lag ein überwältigender Geruch nach Rum, Tabak und verdorbenem Fisch.
    Selbst Nancy war ein wenig schockiert. »Schiffswrack, der Name passt«, murmelte sie.
    »Der Laden hat im Laufe der Jahre ein wenig gelitten«, flüsterte Eben entschuldigend. »Früher sah es hier ganz anders aus. Damals wimmelte es von Räubern, Halunken und ihren Bräuten, während draußen die Polypen an die Tür klopften. Hinter dem Haus befindet sich eine in den Fels gehauene Treppe, die man durch eine Geheimtür erreichen kann. So mancher hat sich auf diese Weise davongemacht, wenn die Polizei ihm auf den Fersen war.«
    Nancy schien Ebens Schilderung nicht zu beeindrucken. Ella hatte ohnehin nur die Hälfte verstanden.
    Ein Mann saß, einen Bierkrug vor sich, an einem Tisch. Er hatte die schlimmste Verbrechervisage, die Ella je gesehen hatte. Seine Nase war so oft gebrochen, dass nur noch ein Stummel übrig geblieben war, und er hatte kleine, blutunterlaufene Augen. Außerdem trug er Ohrringe und hatte sein schütteres, fettiges Haar zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden. Als er die Neuankömmlinge bemerkte, sprang er auf. Sein blaues Hemd und die weiße Hose, beides ausgesprochen schmutzig, waren noch als Matrosenuniform zu erkennen.
    Mit klappernden Stiefeln