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Der Duft der roten Akazie

Der Duft der roten Akazie

Titel: Der Duft der roten Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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marschierte Eben auf ihn zu, wobei er sich unter dem Balken durchducken musste, an dem die Lampe baumelte. »Bist du immer noch hier, Jacko«, rief er mit dröhnender Stimme aus.
    Jacko erstarrte und betrachtete die herannahende Gestalt eindringlich. Im nächsten Moment lief er Eben auf O-Beinen entgegen und schlang ihm die Arme um die Taille – er war so klein, dass er nicht höher reichen konnte. Eben tätschelte Jacko liebevoll den Kopf.
    Die alten Frauen am Feuer blickten auf, sagten jedoch kein Wort. Sie sind wie die Hexen in Macbeth, dachte Ella. Nur schlimmer.
    Nancy murmelte etwas, packte Ella am Arm und folgte Eben durch den langen Raum.
    »Du bist wieder da«, meinte Jacko. Vermutlich wegen der platt gedrücken Nase war er schwer zu verstehen. »Adam auch?«
    »Nein, der ist anderweitig beschäftigt.«
    Jacko nickte mit finsterer Miene. »Ach, das war er schon als Junge. Adam hat sich von Anfang an für etwas Besseres gehalten.«
    Eben lachte verlegen auf. »Nein, da irrst du dich, Jacko. Ma hat ihm Flausen in den Kopf gesetzt. Du weißt ja, dass er ihr Liebling war.«
    Jacko überlegte eine Weile. »Deine Ma hat immer auf sich geachtet«, erwiderte er. »Immer duftete sie nach Blumen.«
    Eben räusperte sich. »Apropos Geschäfte. Wie läuft es inzwischen denn so?«
    Jackos Knopfaugen wurden tückisch. »Recht gut. Ich habe meine Stammkunden, und die Seeleute schauen hin und wieder vorbei. Wahrscheinlich um der alten Zeiten willen. Damals waren wir berühmt, und einige erinnern sich noch. Aber die Dinge haben sich geändert, Eben.« Traurig schüttelte er den Kopf. »Die Reichen bauen oben auf dem Hügel ihre großen Villen, und wenn sie zu uns hinunterschauen, gefällt ihnen die Aussicht nicht. Ein paar Häuser von früher gibt es schon nicht mehr.«
    »Die werden doch nicht etwa das Shipwreck abreißen!« Eben klang aufrichtig entsetzt.
    »Das wäre eine gute Tat«, murmelte Nancy.
    Jacko und Eben sahen sie misstrauisch an. Doch sie schenkte ihnen ein unschuldiges Lächeln.
    »Ja, die Dinge ändern sich«, wiederholte Jacko nach einer Weile.
    »Ich wette, du hast es noch drauf, was, Jacko? Kannst du einem Mann noch immer die Börse aus der Tasche ziehen, ohne dass er etwas merkt? Finger wie Angelhaken hat dieser Junge.« Eben klopfte Jacko so heftig auf die Schulter, dass der kleine Mann ganz blass wurde.
    »Ich bin aus der Übung«, keuchte er, als er wieder Luft bekam. Kurz glitt sein Blick über die beiden Frauen. »Hast du dir einen Harem zugelegt, Eben?«
    Eben grinste. »Das wäre zu schön, um wahr zu sein, alter Junge. Nein, die Wahrheit ist …« Er beugte sich vor und flüsterte Jacko etwas ins Ohr. Der kleine Mann neigte den Kopf zur Seite, sah die Frauen an und nickte wissend. »Ich habe genau das Richtige für dich.«
    Eben lächelte. Als er sich zu Nancy und Ellen umdrehte, stand plötzlich Selbstbewusstsein in seinen Augen. Ella wandte sich zu Nancy um und merkte ihr an, dass ihr diese neue Entwicklung gar nicht gefiel. Im Shipwreck befand sich Eben in seinem Revier und unter seinen Freunden. Nun war er es, nicht Nancy, der die Befehle gab.
    Ella fragte sich, wie Nancy reagieren würde. Würde sie sich mit einigen sorgfältig gewählten Worten Respekt verschaffen? Oder würde sie ihm mit Anspielungen auf ihre Verbrechen in Sawpit Gully drohen?
    Doch Nancy tat keins von beidem.
    Mit einer absichtlich langsamen Handbewegung nahm sie den Hut ab. Sie hatte ihr graues Haar zu einem lockeren Dutt im Nacken aufgesteckt, der ihre scharfen Züge weicher wirken ließ. Nun schüttelte sie den Kopf, sodass ihr das Haar offen über die Schultern fiel. Dann bedachte sie Eben mit einem herausfordernden Blick aus schwarzen Augen.
    »Die gnädige Frau kriegt ihr eigenes Zimmer«, meinte sie schmeichelnd. »Ich hätte Lust, ein wenig ungestört zu sein. Was hältst du davon, Eben?«
    Dieses Angebot schien Eben zwar zu überraschen, aber sein Grinsen war so lüstern wie das Funkeln in seinen Augen. Wieder klopfte er Jacko so heftig auf den Rücken, dass der kleine Mann beinahe umfiel. »Komm, alter Junge, wir gehen rauf.«
    Das Shipwreck verfügte nicht über den Luxus einer Treppe. Eine Falltür verdeckte eine Öffnung in der Decke, an der eine Leiter lehnte. Nancy seufzte zwar, raffte jedoch ihren grünen Rock fest um die Knie, hielt ihn mit einer Hand fest und kletterte geschickt hinauf. Eben beobachtete, wie ihre schlanken Beine verschwanden, und drehte sich zu Ella um.
    Ella spähte hinauf in die

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