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Der Duft der roten Akazie

Der Duft der roten Akazie

Titel: Der Duft der roten Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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Dunkelheit. »Ich bin sicher, dass mein Mann euch gut bezahlen wird, wenn ihr mich gleich zu ihm bringt«, begann sie.
    Aber Eben wollte nicht hören. »Rauf mit dir«, befahl er. Also raffte auch Ella ihre Röcke und tat ihr Bestes.
    Der Speicher erinnerte an einen Kaninchenbau. Flure führten in alle Richtungen, und das Licht war so schlecht, dass man nur ein paar Meter weit sehen konnte. Ella vermutete, dass man das Obergeschoss nach dem gleichen Grundriss gebaut hatte wie die untere Etage: lang und niedrig. Doch während der Raum unten einer Höhle glich, war die Grundfläche oben durch Abtrennungen in winzige Gästezimmer unterteilt. Allerdings hatte der Baumeister offenbar die frische Luft vergessen.
    Es stank.
    »Der Dreck von fünfzig Jahren«, stellte Nancy ruhig fest und schaute sich angewidert um. »Und er ist froh, wieder zu Hause zu sein!«
    Ebens Kopf erschien in der Öffnung, und er kletterte geschmeidig zu ihnen hinauf. Da die Decke zu niedrig war, konnte er nicht aufrecht stehen, sondern musste Kopf und Schultern einziehen. Jacko hatte dieses Problem nicht.
    Im dämmrigen Speicher wirkte der kleine Mann noch mehr wie ein Verbrecher. Er hatte eine Lampe mitgebracht, die einen gelben Lichtkegel verbreitete. Als Ella die schlampig in Staub und Schmutz gestapelten Kisten und Truhen musterte, sah sie Augen funkeln.
    »Wie viele Zimmer hast du?«, erkundigte sich Nancy.
    Jacko rechnete angestrengt nach. »Zehn. Aber einen Teil benutze ich für meine Sachen.«
    »Deine Sachen«, wiederholte Nancy mit kaum verhohlenem Spott. »Übernachten jemals Gäste hier oben?«
    Der kleine Mann nickte wichtigtuerisch. »Manche bleiben für eine Nacht, und ich habe günstige Wochenpreise. Mahlzeiten eingeschlossen.«
    Nancy schüttelte es.
    Die Lampe hoch erhoben, führte Jacko sie einen der dunklen, schmuddeligen Flure entlang. Ella stolperte hinter Nancy her, Eben folgte ihnen keuchend. Es war wie in einem Albtraum, dachte sie. Ein endloses, dunkles Labyrinth, das ins Nichts führte und keinen Ausgang hatte. Da sie so etwas schon einmal geträumt hatte, fand sie es nicht sehr angenehm, es in Wirklichkeit zu erleben.
    Jacko gab ein Geräusch von sich, das ein zufriedener Seufzer oder auch ein Darmwind sein konnte. Er öffnete eine Zimmertür. Das Zimmer war zwar klein und eng, hatte aber wenigstens ein Fenster. In dem durch Staub und Schmutz gefilterten Licht konnte Ella ein schmales Bett, einen windschiefen Tisch, einen rissigen Waschtisch und einen Nachttopf erkennen.
    »Ach, das muss dein Zimmer sein.« Offenbar hatte Nancy inzwischen Spaß an der Sache. »Kann man die Tür abschließen?«
    Jacko nickte und blickte zwischen Nancy und Eben hin und her. »Sie hat einen Riegel an der Außenseite.«
    »Und das Fenster?« Es bestand aus mehreren kleinen, verzogenen Glasscheiben. Nancy ging hin und blickte hinaus, nachdem sie mit der Spitze ihres behandschuhten Fingers eine Stelle vom Schmutz befreit hatte.
    »Da kommt sie nicht raus«, erwiderte Jacko. »Zu hoch. Sie würde sich den Hals brechen.«
    Ella wurden plötzlich die Knie weich. Sie spürte, wie Eben sie am Ellbogen festhielt. Seine Finger waren warm und kräftig. Einen Moment konnte sie fast glauben, dass es Adams Finger waren und dass Adam hinter ihr stand.
    Aber dann hörte sie Ebens Stimme. »Sie kommt schon allein zurecht«, sagte er ungeduldig. »Zeig uns unser Zimmer, Jacko.«
    Jacko bedachte Eben mit einem Zwinkern, das nicht für Nancy bestimmt war, und trat wieder auf den Flur hinaus. Eben folgte ihm, die Hand auf Nancys Taille. Die Tür schloss sich hinter ihnen, und Ella hörte, wie quietschend der Riegel vorgeschoben wurde. Ihre Schritte wurden leiser und mischten sich schließlich mit den übrigen Geräuschen im Gebäude.
    Langsam näherte sich Ella dem Fenster und schaute hinaus. Da die kleinen Scheiben sehr schmutzig waren, wischte sie sie mit der Hand ab, bis sie hindurchsehen konnte. Das verzogene Glas verzerrte alles, sodass sie sich fühlte wie unter Wasser.
    Unterhalb ihres Fensters befanden sich die steile Treppe und die bedrückend wirkende Gasse. Sie sah weitere Gassen und Treppen, die sich zwischen hohen Mietskasernen und verfallenen Hütten hindurchschlängelten. Das musste die Aussicht sein, die sich den Reichen oben auf dem Hügel bot, wenn sie aus den Fenstern ihrer prächtigen Häuser blickten. Die Rocks erstreckten sich den Hügel hinunter in Richtung der geschäftigen George Street wie ein Lavastrom aus Armut und

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