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Der Duft der roten Akazie

Der Duft der roten Akazie

Titel: Der Duft der roten Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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zusammen. »Sie sollten sich von den Zimmern anderer Leute fernhalten, Mrs Seaton. Wenn Sie etwas gesehen haben, vergessen Sie es. Neugierde kann in Sawpit Gully tödlich sein.«
    Erschrocken legte sie das Messer weg. »Ich habe doch nur …«
    »Schluss damit.« Er sprang auf, zog seine Stiefel an und knallte die Tür beim Hinausgehen hinter sich zu.
    Ella blickte ihm verdattert nach. Er war ihr böse! Nur weil sie bemerkt hatte, wie prächtig ausgestattet eines der Zimmer war. Sie verstand die Welt nicht mehr. Hätte Adam mit einem Straßenräuber als Bruder und seiner zwielichtigen Vergangenheit nicht der Letzte sein sollen, der sie wegen ihres Verhaltens tadelte? Nachdenklich stocherte sie auf ihrem Teller herum. Falls Adam gehofft haben sollte, durch seinen Ausbruch ihre Neugier ersticken zu können, hatte er gerade das Gegenteil erreicht.
    Nach dem Frühstück las Ella die Zeitung. Sie war bereits einige Wochen alt, und in den Schlagzeilen war von nichts anderem als von Gold die Rede. Kitty kam einige Male in die Küche, sprach aber kaum. Unter der Tür wehte Tabakrauch herein.
    Irgendwann trat Nancy Ure aus dem Hof ein. Ihr Gesicht war vor Kälte gerötet. Der Blick, den sie Ella zuwarf, schien nicht gerade freundlich zu sein. Unwirsch setzte sie einen Korb auf dem Tisch ab, der einige Eier enthielt. Es befand sich zudem ein totes Huhn darin, dessen Kopf schlaff über den Rand baumelte. Als Ella angewidert zusammenzuckte, spielte ein Lächeln um Nancys Lippen.
    »Und wie fühlen sich gnädige Frau heute?«
    »Viel besser, danke«, murmelte Ella und versuchte, nicht auf Nancys höhnischen Unterton zu achten.
    Nancy nahm das Huhn aus dem Korb, warf es neben Ella auf den Tisch und lachte, als diese zurückwich. »Wo ist Adam?«, fragte sie, ohne sie anzusehen.
    »Ausgegangen«, erwiderte Kitty an ihrer statt. »Mrs Seaton hat ihn gebeten, Erkundigungen einzuziehen, ob jemand sie kennt.«
    Diese Antwort gefiel Nancy gar nicht, und ihre schwarzen Augen funkelten trotzig. »Ach ja? Hätten Sie das nicht selbst erledigen können? Oder ist es unter Ihrer Würde, mit Normalbürgern zu sprechen?«
    Ihr feindseliger Tonfall war unverkennbar. Allerdings fühlte sich Ella eher überrascht als gekränkt, denn für Nancy Ures Hass schien es keinen Grund zu geben. Schließlich kannten sie sich ja kaum. Abneigung wäre verständlich gewesen, denn schließlich fand Ella Nancy auch nicht sonderlich sympathisch. Doch die tief sitzende Ablehnung im Blick dieser Frau konnte sie sich nicht erklären.
    Nancy Ure erwartete keine Antwort auf ihre Frage. »Das ist für die Suppe morgen«, erklärte sie Kitty mit einer Kopfbewegung in Richtung Huhn. »Wenn du genug Wasser dazugibst, reicht es für zwölf Portionen.«
    Ella fand, dass diese Suppe wohl sehr dünn ausfallen würde, war aber klug genug, ihre Meinung für sich zu behalten. Nach einem weiteren gehässigen Blick auf sie verließ Nancy Ure den Raum. Kitty packte das Huhn an den zusammengebundenen Beinen und hielt es hoch.
    »Es sieht aus, wie ich mich fühle«, stellte sie fest.
    Adam kehrte gegen Mittag zurück. Sein Haar war vom Wind zerzaust, und er rieb sich wegen der Kälte die Hände. Ella bemerkte bereits die ersten Bartstoppeln am Kinn. Grinsend zog er die Jacke aus.
    »Ich glaube, wir sind da auf etwas gestoßen, Mrs Seaton.«
    »Jemand kennt mich?«, flüsterte sie ungläubig.
    »Ja, Sie wurden gesehen. Eine Frau in einer der Schankwirtschaften erinnert sich an Ihren roten Mantel. Sie sind mit Ihrem Diener hier durchgeritten.«
    »Ich möchte sie sprechen.«
    Adam verzog zweifelnd das Gesicht. »Ich halte das nicht für ratsam.«
    »Ich muss persönlich mit ihr reden. Ich muss einfach, Adam.«
    Wieder verzog er das Gesicht. »Nun gut, wenn Sie darauf bestehen. Allerdings sind Sie Lokale wie dieses nicht gewohnt, Mrs Seaton.«
    Ella betrachtete ihn spöttisch. »Langsam gewöhne ich mich an alles Mögliche, Adam.«
    Mittags gab es einen reichhaltigen Hammeleintopf mit Kartoffeln und frisch gebackenes, noch warmes Brot. Anschließend hielt Nancy Ure ein Nickerchen. Kitty kochte ihnen einen Tee, der so stark war, dass Adam witzelte, man könne ihn mit der Gabel essen. Kitty lachte und machte ihm schöne Augen, während Ella sich die Hände an der Tasse wärmte und nicht auf sie achtete.
    »Glauben Sie, dass es wieder zu regnen anfängt?«, fragte sie Adam.
    »Zu kalt«, erwiderte er. »Ich dachte, wir brechen heute Nachmittag auf, nachdem wir mit dieser Frau gesprochen

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