Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Duft der roten Akazie

Der Duft der roten Akazie

Titel: Der Duft der roten Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
Vom Netzwerk:
aufeinandergeschichteten und mit Lederriemen und Seilen zusammengebundenen dünnen Baumstämmen, an denen noch die Rinde hing. An einem Mast vor der Tür flatterte eine Fahne im Wind, und ein handgeschriebenes Schild bot Getränke zu einem günstigen Preis feil.
    Adam schob das zerschlissene Tuch beiseite, das als Tür diente. Ella folgte ihm hinein. Drinnen war es so verqualmt, dass man kaum die Hand vor Augen sehen konnte. Der Geruch nach Alkohol, Schweiß und anderen unaussprechlichen Dingen lag in der Luft.
    »Ich habe Sie gewarnt«, sollte der Blick wohl heißen, den Adam ihr zuwarf.
    »Adam!«
    Die Stimme war dunkel und rauchig. Ella spähte ins Dämmerlicht und konnte eine Gruppe rings um einen Tisch ausmachen. Eine Frau erhob sich. Sie war groß und kräftig. Ihr grüner Rock streifte den Boden und fegte Staub und Schmutz vor sich her.
    »Ich habe Mrs Seaton mitgebracht«, erwiderte Adam und machte Platz, sodass Ella nichts anderes übrig blieb, als vorzutreten. Also tat sie es, reckte das Kinn und drängte das plötzliche Bedürfnis zurück, die Flucht zu ergreifen.
    Das flammend rote Haar der Roten Phebe hatte einen sehr unnatürlichen Farbton und war mit einem Gewirr aus Spitzen und Bändern hochgesteckt. »Adam hat mir erzählt, dass Sie sich an fast nichts erinnern, Mrs Seaton.«
    Ella fand die Sprache wieder. »Ja, das ist richtig.«
    Die Rote Phebe kramte eine Tonpfeife mit kurzem Stiel aus der Tasche ihres Kleides, steckte sie in den Mundwinkel, zündete sie mit einem Fidibus am Kamin an und zog daran, sodass die Luft noch dicker wurde.
    »Ich habe Sie gesehen«, meinte sie schließlich. »Sie hatten einen roten Mantel an und sind geritten, als sei der Leibhaftige hinter Ihnen her. Es war noch früh, doch ich war schon auf, um Wasser zu holen.«
    Ella hielt den Atem an. Also war sie am frühen Morgen durch Sawpit Gully gekommen. Sie versuchte, sich die Szene aus Phebes Warte vorzustellen. Eine Gestalt im Mantel, tief gebeugt über den Hals des Pferdes. Aber wohin war sie geritten? Und woher war sie gekommen? Da sie sicher nicht die ganze Nacht unterwegs gewesen war, musste sie irgendwo abgestiegen und früh aufgebrochen sein. Sie sprach diese Gedanken aus.
    »Vielleicht haben Sie ja im Freien geschlafen«, schlug Adam vor.
    Aber die Rote Phebe schüttelte den Kopf. »Eine Frau wie sie übernachtet nicht im Freien. Vielleicht hat sie die Nacht bei den Weatherbys verbracht.«
    »Wer sind die Weatherbys?«, wandte sich Ella an Adam.
    Doch er wusste es nicht, sodass die Rote Phebe an seiner statt antworten musste. »Sie betreiben eine Schaffarm. Die Weatherbys sind Gutsbesitzer. Sie züchten Schafe und ein paar Rinder, die sie auf den Goldfeldern verkaufen. Die meisten dieser Viecher sind alt und zäh, aber Goldgräber können es sich nicht leisten, wählerisch zu sein. Sie essen alles.«
    »Wo befindet sich diese Farm?«, fragte Ella aufgeregt.
    »Sie müssen auf der Straße nach Bendigo etwa drei Kilometer nordwärts reiten und dann noch einmal sieben Kilometer nach Osten.«
    »Wie sah ihr Begleiter aus?«, erkundigte sich Adam.
    Die Rote Phebe zuckte gleichmütig die Achseln. »Dunkelhaarig, mager, nichts Besonderes.« Als sie Adam bewundernd musterte, sagte ihr Blick besser als tausend Worte, welchen Männertyp sie bevorzugte. Ella verkniff sich ein Grinsen. »Er ist ein Stück hinter ihr geritten. Vielleicht war es ihr Mann, ich tippe aber eher darauf, dass er ein Diener war. Nicht, dass das bei manchen Männern nicht auf dasselbe hinauslaufen würde!« Sie lachte so laut, dass die Deckenbalken erbebten. »Kann sein, dass sie ihn in Bendigo aufgelesen hat, damit er sie unterwegs wärmt. Entschuldigen Sie, meine Liebe«, fügte sie augenzwinkernd hinzu und lachte wieder.
    Adam schmunzelte zwar, doch Ella hatte den Eindruck, dass er nicht amüsiert war.
    »Wohnt ihr bei Nancy Ure?« Die Stimme der Roten Phebe sank um eine weitere Oktave.
    »Ja, richtig.«
    Die Rote Phebe verzog verächtlich den Mund. »Frauen wie sie sind es, die dem Ruf dieser Stadt schaden.«
    Draußen verschlug die Kälte Ella den Atem. Ihre Augen tränten, und die Ohren taten ihr weh. Wegen des schlechten Wetters war es schon am Nachmittag stockdunkel. In der Ferne ragten schroffe Hügel in einen düsteren Himmel. Nur einige wenige Wagemutige waren noch draußen unterwegs. Die meisten hatten sich in ihre Hütten oder die Schankwirtschaften verkrochen, um ihre Sorgen zu ertränken.
    »Die Weatherbys wissen bestimmt, wer ich bin!«,

Weitere Kostenlose Bücher