Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Duft der roten Akazie

Der Duft der roten Akazie

Titel: Der Duft der roten Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
Vom Netzwerk:
keuchte Ella, die mit Adams langen Schritten kaum mithalten konnte.
    »Vielleicht. Falls Sie dort übernachtet haben.«
    »Ich denke, die Rote Phebe hat recht. Bevor ich Ihnen begegnet bin, habe ich sicher noch nie draußen geschlafen.«
    Er lachte höhnisch auf.
    »Wenn ein Bett zur Verfügung stand, habe ich gewiss davon Gebrauch gemacht. Und falls ich die Weatherbys kannte, ist es doch wahrscheinlicher, dass ich bei ihnen geblieben bin anstatt in Sawpit Gully oder draußen im Regen.«
    »Zugegeben, niemand campiert draußen im Regen, wenn es sich vermeiden lässt.«
    Ella wurde klar, dass sie ihn gekränkt hatte. Sie fasste ihn am Arm, worauf er erstaunt innehielt und sie betrachtete. »Ich wollte damit nicht …« Doch er schwieg, und sie wusste nicht, wie sie den Satz beenden sollte. »Danke, dass Sie die Rote Phebe gefunden haben«, meinte sie schließlich verlegen. »Das wäre mir allein bestimmt nicht gelungen.«
    »Nun ja, ich bin es gewohnt, im Dreck herumzuwühlen«, entgegnete er mit finsterer Miene. »Männer wie mich kann man überall kaufen.«
    Offenbar war er wirklich gekränkt, aber sie verstand den Grund nicht. »Meinen Sie, wir könnten morgen bei dieser Schaffarm vorbeischauen?«, sagte sie möglichst gleichmütig. »Wäre es ein großer Umweg für Sie?«
    »Wäre es nicht.« Unvermittelt berührte er mit dem Finger ihre Nase. »Sie sind ja vor Kälte schon ganz blau«, verkündete er. »Möchten Sie den Arzt aufsuchen, wenn wir schon einmal da sind? Dann können wir morgen in aller Frühe aufbrechen.«
    »Ja, einverstanden.«
    Wieder marschierte er los, sodass sie ihm nachlaufen musste.
    Der Himmel verdunkelte sich von Minute zu Minute. Die Dächer aus Leinwand und Rinde flatterten und klapperten im Wind, obwohl sie mit Steinen beschwert waren. Mit gesenktem Kopf tastete Ella sich über schlammige Spurrinnen hinweg. Einige Goldschürfer, mit glasigen Augen und wie immer mit Baumwollhosen und Wollhemden bekleidet, wanderten umher. Einige trugen die hohen Stiefel, die die Kalifornier eingeführt hatten, andere bescheideneres Schuhwerk. Die meisten hatten breitkrempige Hüte auf den Köpfen. Ihr Haar und ihre Bärte waren lang und ungepflegt.
    Eine Frau in einem auffälligen gelben Kleid kam mit wiegenden Hüften an ihnen vorbei. Doch als sie den Rock lüpfte, um über eine Pfütze zu steigen, war ihr Unterrock alt und schmutzig.
    Adam beugte sich zu Ella hinüber. Der Atem stand ihm wie eine Wolke vor dem Mund. »In Sawpit Gully kann man für ein paar Shilling heiraten. Die Ehe dauert dann so lange, bis das Gold aufgebraucht ist.«
    »Warum heiraten die Leute denn nicht richtig?«, wunderte sie sich.
    Adam zuckte die Achseln. »Es gibt nicht genug Frauen, dass jeder eine abkriegt. Manche Männer haben zu Hause schon eine Ehefrau, und andere wollen sich nicht binden.« Offenbar fand er ihren Gesichtsausdruck komisch. »Sie billigen das nicht?«
    Als Ella den Kopf schüttelte, rötete der heftige Wind ihre Wangen. »Nein.«
    »Würden Sie für einen Tag meine Frau werden wollen, wenn ich die Taschen voller Gold hätte, Mrs Seaton?«
    Die Frage überraschte sie, und sie musterte tadelnd sein Profil, während er neben ihr herging. »Nein«, erwiderte sie schließlich mit Nachdruck. »Das würde ich nicht. Meiner Ansicht nach ist eine Ehe keine Sache, die man mit Gold erkaufen kann.«
    Er wandte sich zu ihr um und betrachtete ihr ernstes Gesicht. »Aus welchem Grund würden Sie dann heiraten, Mrs Seaton? Warum haben Sie Ihren Mann geheiratet?«
    »Warum?«, wiederholte sie. »Woher soll ich das wissen? Ich habe mein Gedächtnis verloren, Adam.«
    »Gedächtnisschwund verändert den Charakter nicht. Warum würde eine Frau wie Sie heiraten?«
    Sie hatte keine Ahnung, worauf er hinauswollte, und außerdem sorgte seine Beharrlichkeit dafür, dass sie sich unbehaglich fühlte. Adam verhielt sich heute so anders als sonst. Seine lässige Art und sein Lächeln waren verschwunden.
    »Vermutlich heiratet eine Dame wegen der gesellschaftlichen Stellung und aus Pflichtgefühl.«
    »Gesellschaftliche Stellung und Pflichtgefühl«, fiel er ihr ins Wort. »Sind das nicht nur beschönigende Ausdrücke für Geld?«
    Gereizt wedelte Ella mit der Hand. »Sie haben mich nicht ausreden lassen. Eigentlich wollte ich auch noch die Liebe erwähnen.«
    »Oh, die Liebe«, spöttelte er. »Ich dachte immer, das wäre nur etwas für die Unterschicht, während Damen wie Sie Männer heiraten, die ihre Väter für sie ausgesucht

Weitere Kostenlose Bücher