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Der Duft der roten Akazie

Der Duft der roten Akazie

Titel: Der Duft der roten Akazie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kaye Dobbie
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will mich erinnern!«
    Lächelnd beugte Doktor Rawlins sich vor und tätschelte ihr die Hand mit dicklichen, blassen Fingern. »Lassen Sie sich Zeit.» Er hielt die Kaffeekanne hoch. »Noch ein Tässchen?«
    Sie nahm an, denn sie genoss das Feuer und die Gesellschaft des Arztes ebenso wie den Kaffee. Es war eine Erleichterung, ein wenig Abstand von Adam, Nancy Ure und Kitty zu haben.
    »Und wie gefällt Ihnen unsere kleine Gemeinde?«, erkundigte er sich im Plauderton und streckte die kurzen Beine in Richtung Feuer.
    »Ich habe noch nicht viel davon gesehen und auch noch nicht viele Leute kennengelernt: Sie, Mrs Ure, die Rote Phebe.«
    Seine Augen traten leicht hervor. »Tja, die Rote Phebe. Ja. Hm.« Er zögerte und beugte sich dann beinahe vertraulich vor. Erschrocken musterte Ella seine geröteten Augen und stellte fest, dass sich ein besorgter Ausdruck in ihnen zeigte. »Ich frage mich, ob ich Ihnen nicht eine Warnung mit auf den Weg geben soll, Mrs Seaton.«
    »Halten Sie das denn für nötig, Doktor?«
    »Mag sein, mag sein. Sie haben so etwas Argloses an sich, Mrs Seaton. Eine gewisse Naivität, wie sie in dieser Gegend nur selten vorkommt. Ich möchte nicht, dass Sie in Schwierigkeiten geraten.«
    Ella errötete. »Falls Sie damit auf Adam anspielen«, begann sie, doch der Arzt fiel ihr ins Wort.
    »Sie sollten nicht in Mrs Ures Gasthof bleiben. Ich fürchte, sie ist eine ausgesprochen unpassende Gastgeberin für Sie.«
    Ella starrte ihn an. »Ich verstehe nicht ganz.«
    Der kleine Mann rutschte verlegen in seinem Sessel hin und her. »Ich habe Kontakte zu den Behörden, kurz gesagt zur Polizei, wo sie keine Unbekannte ist. Und das liegt sicher nicht an ihrer Herzenswärme.«
    Ellas Augen weiteten sich. »Soll das heißen, dass Mrs Ure eine Verbrecherin ist?«
    Doktor Rawlins rückte seinen Kragen zurecht. »Ich möchte das Thema lieber nicht weiter ausführen, sondern Ihnen lediglich raten, so bald wie möglich abzureisen. Man beabsichtigt nämlich, ihr das Handwerk zu legen.«
    »Aber Sie können mir doch sicherlich sagen, was sie verbrochen haben soll, Doktor.«
    Wieder nestelte der Arzt an seinem Kragen. Zu ihrem Entsetzen bemerkte Ella, dass er Angst hatte. »Ich glaube«, setzte er an und hüstelte, »dass einige Gäste, die in Mrs Ures Gasthof übernachtet haben, anschließend überfallen wurden oder einfach verschwunden sind.«
    »Verschwunden?«, wiederholte sie.
    Er zuckte zusammen. »Bitte«, raunte er. »Es gibt keine Beweise, nur Gerüchte.«
    »Weiß Adam Bescheid?« Ella richtete diese Frage eher an sich selbst als an Doktor Rawlins.
    Der Arzt antwortete dennoch. »Soweit ich im Bilde bin, ist Adam ein alter Freund von Mrs Ure. Und wer mit dieser Frau befreundet ist, der ist sicherlich vom selben Schlag und deshalb nicht vertrauenswürdig.«
    Ella verkniff sich den Widerspruch. Schließlich kannte der Arzt Adam nicht so gut wie sie. Allerdings hatten seine Andeutungen sie in Furcht versetzt. »Warum erzählen Sie mir das?«
    Seine Knopfaugen fixierten sie, und er schien zu überlegen, ob er ihr antworten sollte. »Weil Sie mich an jemanden erinnern«, sagte er schließlich und stand auf. »Wie ich höre, ist Ihr Freund zurückgekommen.«
    Er hatte recht. Adams Stiefel scharrten auf dem Pfad, und kurz darauf wurde an die Tür geklopft. Als Ella sich erhob, überragte sie Doktor Rawlins. »Sie haben meinen Kopf gar nicht untersucht«, meinte sie.
    Aber der Arzt lächelte nur. »Das war auch gar nicht meine Absicht. Körperlich sind Sie fast wieder auf dem Damm. Der Rest wird sich finden.«
    Auf dem Weg zur Tür warf sie einen Blick auf das Porträt. Die junge Frau hatte blondes Haar, blaue Augen und einen wehmütigen Gesichtsausdruck. Sie ähnelte Ella wirklich ein wenig. War das seine Frau, deren Tod ihn gezwungen hatte, in Victoria unterzutauchen? Hatte Ella ihn an sie erinnert?
    Ganz gleich, warum Doktor Rawlins sie auch gewarnt haben mochte, Ella war sicher, dass es nicht nur so dahingesagt gewesen war. Und ob die Warnung sich nun als begründet erwies oder nicht, sie hatte ihn jedenfalls Mut gekostet.
    »Danke«, sagte sie, die Hand am Türriegel.
    Er nickte. Sein Gesicht wirkte auf einmal gelblich und gealtert. Sie spürte, dass es Zeit war, sich zu verabschieden. Vielleicht wollte er ja etwas trinken.
    Adam wartete draußen. Offenbar standen ihr die Zweifel ins Gesicht geschrieben, denn seine Miene wurde fragend. Hatte Doktor Rawlins recht?, überlegte Ella. Steckte Adam mit Nancy Ure

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