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Der Duft Der Wüstenrose

Der Duft Der Wüstenrose

Titel: Der Duft Der Wüstenrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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vorfinden würde.
    Jetzt wünschte sie sich, dass die Wassermassen unentwegt vom Himmel stürzen und die Riviere unpassierbar machen würden, um ihren Mann möglichst lange fernzuhalten.
    Ihre Tochter wimmerte im Schlaf.
    »Ich werde nicht zulassen, dass dir ein Leid geschieht«, flüsterte Fanny, »und ich werde dich auch nicht verlassen.«
    Sie musste mit Ludwig reden, ihn um die Scheidung bitten, es ihm leicht machen, dem Richter einen Brief schreiben, damit er die Ehe annullierte. Sie würde Ludwig um Geld für die Heimfahrt anbetteln, und wenn er es verweigerte, dann könnte sie ihm sagen, sie würde den Richter darum bitten und in Windhuk herumerzählen, was für ein gemeiner Mensch er war. Ludwig musste davon ausgehen, dass sie nach Berlin wollte, denn sie würde ihm gewiss nicht auch noch verraten, dass sie das Findelkind Franziska Reutberg war. Sie würde das Geld nehmen und versuchen, sich als Lehrerin durchzuschlagen.
    Kajumba brachte Fanny frischen Tee und warf ihr besorgte Blicke zu.
    »Was ist los?«
    »Zach sagt, Pierre musste Ludwig auf die Bibel schwören, dass er sofort losreiten würde, wenn die Wehen anfangen, und er ist weg.«
    Fanny wurde augenblicklich noch wacher. Sie setzte sich vorsichtig auf und versuchte, mit der Kleinen im Arm ein paar Schritte zu gehen. Aber die Schmerzen in ihrem Schoß waren so heftig, dass sie kaum einen Fuß vor den anderen setzen konnte. Sie legte sich wieder hin und presste ihre Tochter an sich.
    »Seit wann regnet es nicht mehr?«
    »Seit Sonnenuntergang.«
    »Und wie lange ist das her?«
    Kajumba zuckte die Schultern und ging dann zum Fenster. »Ich sehe schon den Indonsakusa , aber Ikhwezi kann ich noch nirgends entdecken.«
    Indonsakusa , der Stern, der die Dämmerung herbeizieht, dachte Fanny. John, der würde ihr helfen. Sie betrachtete ihre Tochter. Plötzlich durchfuhr sie die Erkenntnis wie ein Schwert: John würde sich genauso betrogen fühlen wie Ludwig. Er müsste doch annehmen, dass ein anderer Schwarzer mehr Gefallen vor ihren Augen gefunden hatte als er. Ein bitteres Lachen kam über ihre Lippen.
    Weder Ludwig noch John konnten dieses Kind akzeptieren. Sie musste wirklich verhext sein, denn wie zum Teufel war es möglich, dass ihr Kind weder ihre noch die Hautfarbe von Ludwig hatte? Und niemand würde ihr glauben, dass sie Ludwig immer treu gewesen war, niemand. Selbst Martha und Grace hatten sich vielsagend angesehen, als sie die Kleine zum ersten Mal betrachtet hatten. Verzweiflung strömte durch ihren Körper und machte sie viel elender als der Schmerz, den sie gerade durchlitten hatte. Mit dem Schmerz konnte man kämpfen, aber der Verzweiflung war man ausgeliefert.
    »Oh, jetzt sehe ich den Ikhwezi «, meldete sich Kajumba vom Fenster und unterbrach Fannys Überlegungen.
    Wenn die Venus schon zu sehen war, würde der neue Tag bald heraufdämmern. Wenn sie doch nur wüsste, wie viel Zeit ihr noch bliebe, bis Ludwig zurück war.
    Sie versuchte wieder aufzustehen, diesmal schaffte sie nur zwei Schritte, dann wäre sie hingefallen, wenn Kajumba nicht herbeigeeilt wäre, um sie zu stützen.
    »Sie müssen sich ausruhen, das hat Martha gesagt.«
    Fanny legte sich wieder auf ihr Bett und sog den Duft ihrer Tochter ein. Martha hatte recht, sie musste sich ausruhen und schlafen, etwas anderes konnte sie nicht tun. Doch ihre Seele war wach und aufgewühlt, erschöpft und müde war nur ihr Körper. Sie betrachtete ihre Tochter, sie musste zu Kräften kommen, anders wäre sie Ludwig nicht gewachsen. Aus alter Gewohnheit berührte sie ihre Perlen. Vielleicht hatte John recht, und diese Perlen waren schuld, schuld an ihrem ganzen verfluchten Leben. Das winzige Bündel an ihrer Brust schmatzte im Schlaf. Unwillkürlich sah Fanny zu ihrer Tochter hin und schüttelte den Kopf über ihre Ignoranz. Wie könnte das Schönste, was sie je in ihrem Leben gesehen hatte, verflucht sein? Unsinn. Sie war überreizt und sollte endlich schlafen.
    Fanny schloss die Augen, drückte ihre Tochter fest an sich und konzentrierte sich auf deren schnaufende Atemzüge.
    Sie musste wirklich eingeschlafen sein, denn sie schreckte hoch, weil sie hörte, wie gegen ihre Tür gehämmert wurde. Es war heller Tag, und es war heiß.
    »Aus dem Weg, elende Hottentottin, was erlaubst du dir!« Fanny hörte ein Poltern und Martha, die protestierte, dann laut aufschrie. Die Tür wurde aufgerissen, und Lud wig stürzte herein, sein weißer Anzug schweißgetränkt und von oben bis unten mit Schlamm

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