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Der Duft Der Wüstenrose

Der Duft Der Wüstenrose

Titel: Der Duft Der Wüstenrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
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schleppte sich zu ihrem Zimmer und holte ihn aus Charlottes Kleidertruhe.
    Die Wurzel sollte sie kauen, wenn die Wehen losgingen. Ihre Hände zitterten, als sie versuchte, den Beutel zu öffnen. Bei der nächsten Wehe fiel er ihr ganz aus den Händen, weil sie sich zusammenkrümmen musste, um den Schmerz zu ertragen.
    Martha kam herein und hob den Beutel auf.
    »Es geht wirklich los«, stellte Martha fest und rief nach Grace und Kajumba.
    Martha öffnete den Beutel, brach ein Stück von der Wurzel ab und gab es Fanny zum Kauen. Und als die nächs te Wehe kam, biss sie dankbar auf die dicke, faserige Knolle.
    Martha schimpfte Zach aus, der mit den beiden Frauen gekommen war, und schickte ihn fort. »Männer nicht gut für Geburt.« Zach zuckte mit den Schultern und verschwand wieder. Martha zog die widerstrebende Fanny nach draußen.
    »Du musst gehen. Immerzu gehen.« Fanny schleppte sich an Marthas Arm in den Hof.
    »Wir Himba-Frauen gebären unsere Kinder niemals innerhalb des Dorfzaunes, sonst sagen die Leute: u kwata otjongombo motjunda! «
    »Und was bedeutet das?«, fragte Fanny, die Martha dankbar für die Ablenkung war.
    »Du gebärst im Kraal wie eine Ziege!« Martha lachte, als wäre das ein guter Witz.
    »Und wohin geht ihr dann, wenn es so weit ist?«
    »Zu einem Platz, der viele Meter weit weg ist vom Dorf, dort wird eine Schutzhütte gebaut, und wenn das Kind geboren ist, gehen wir zurück. Dann dürfen wir unter einem Schutzschirm aus Mopanezweigen direkt neben dem Haupthaus wohnen. Dort werden alle wichtigen Dinge für unsere Zeremonien aufbewahrt, und deshalb sind Mutter und Kind vor den bösen Geistern gut geschützt. Denn solange es noch die Nabelschnur hat, ist es noch nicht ganz auf dieser Welt. Dann können es die bösen Geister leicht holen. Es wird ein besonderes Feuer angezündet, das erst gelöscht wird, wenn die Nabelschnur des Kindes abfällt. Solange darf die Mutter mit dem Kind dort wohnen bleiben.«
    »Und wo ist der Ehemann?« Fanny keuchte, weil sie eine besonders starke Wehe heimsuchte.
    Martha grinste breit. »Der Ehemann darf das Kind erst berühren, wenn es den Ahnengeistern vorgestellt worden ist. Dazu versammeln sich die Verwandten des Kindes am okuruwo , dem heiligen Feuer.«
    »Was ist denn das heilige Feuer?«, fragte Fanny weiter. Sie hatte Angst, dass Martha plötzlich weggehen und sie mit diesen Schmerzen allein lassen würde.
    »Unser heiliges Feuer ist die Verbindung zwischen uns, also den Lebenden, und unseren Ahnen, und deshalb darf es niemals ausgehen. Es würde die Ahnen beleidigen. Es brennt vor der Haupthütte und darf nur mit den ozondume angezündet werden.«
    »Warum hast du mir von alldem noch nie erzählt?«
    »Du hast mich nie gefragt. Außerdem seht ihr Weißen nicht, was wir sehen. Die Sakumba sagen: Ich zeigte dir den Mond, und du sahst nichts als meinen Finger. Genau so seid ihr.«
    Fanny biss fest auf die Wurzel, um den Schmerz in ihrem Bauch und Rücken auszuhalten. Sie dachte an Maria und Ludwig und wusste, was Martha ihr damit sagen wollte.
    »Und was passiert dann an dem heiligen Feuer mit dem Kind?«
    »Das Dorfoberhaupt ruft laut den Namen des Kindes und betet um den Schutz der Geister. Danach wird ein heiliges Rind geschlachtet. Die erste Portion von dem ge kochten Fleisch wird am heiligen Feuer von unserem Dorf obersten vorgekostet und wie wir sagen ›beschmeckt‹, und erst dann dürfen alle vom Fleisch essen und feiern.«
    Fanny blieb stehen und atmete schwer. Das waren keine Krämpfe, das war mörderisches Ziehen in ihrem Bauch. Sie musste sich vorbeugen und stützte sich auf Martha.
    »Wie lange wird das so weitergehen?«
    Martha schürzte die Lippen und lächelte. »Das kann niemand sagen, aber ich glaube, wenn es schnell so heftig ist, dauert es vielleicht nicht bis heute Nacht.«
    Bis heute Nacht, dachte Fanny, das sollte wohl ein Scherz sein, das halte ich niemals durch. Die nächste Wehe überfiel sie heimtückisch im Rücken. Sie biss fest auf die Wurzel und hoffte, damit irgendetwas zu bewirken.
    »Warum hast du Kajumba gesagt, sie solle heißes Wasser bereithalten? In der Geburtshütte habt ihr doch so etwas gar nicht?«
    »Weiße immer sind beruhigt, wenn heißes Wasser und Seife da sind. Die beten sie an wie kleine Götter.«
    Der Schmerz ebbte ab, und Fanny konnte lächeln. Ja, da hatte Martha recht, heißes Wasser würde Fanny wirklich beruhigen.
    »Ich muss mich hinlegen«, sagte sie.
    »Das ist nicht gut, aber bitte, du wirst

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