Der Duft Der Wüstenrose
klopfen.
Die Frauen hatten kichernd Zuflucht hinter ihren Fächern gesucht, bis die dicke Maria von Imkeller, die nach der Hochzeitszeremonie übergangslos begonnen hatte, Fanny zu duzen, sie zur Seite nahm. »Hat dir deine Mutter vor der Abreise gesagt, was auf dich zukommt?«
Fanny wusste nicht, was sie sagen sollte, schließlich hatte sie nur eine dunkle Ahnung, worauf Maria anspielte. Des halb blieb sie stumm und sah Maria mit großen Augen an. Maria würde doch wohl sicherlich weiterreden.
»Ich meine, wegen deiner Hochzeitsnacht«, erklärte Maria.
Fanny befand sich in der Zwickmühle, sie wollte unbedingt alles erfahren, was sie darüber wissen sollte, war sich aber nicht sicher, ob das dann Fragen nach ihrer Identität auslösen würde. Offensichtlich hätte eine Frau wie Charlottes Mutter ihrer Tochter etwas erklären müssen, etwas, das im Kloster nie Thema war, weil die einzigen Männer, über die gesprochen wurde, Jesus und der Bischof waren.
Trotzdem musste Fanny wissen, um was genau es hier ging. »Nein«, sagte sie also, »ich meine, ja, Mutter hat mit mir gesprochen, aber ich war damals so aufgeregt, dass ich nicht wirklich zugehört habe. Also wenn Sie …« Sie warf Maria einen, wie sie hoffte, um Hilfe flehenden Blick zu.
Maria seufzte. »Du armes Lämmchen.«
Fanny war verblüfft. Ein so sanfter Satz war das Letzte, was sie von Maria erwartet hatte.
»Wie meinen Sie das?« Fanny konnte sich nicht dazu durchringen, Maria zu duzen, aber das schien Maria eher für sie einzunehmen.
»Nun« – und jetzt wurde die sowieso schon rote und schwitzende Maria noch röter –, »der Schmerz wird vorübergehen, aber die Demütigung für uns anständige Frauen bleibt.«
Fanny nickte ergeben und verfluchte ihre Jahre im Kloster, die sie so schlecht auf das Leben mit einem Mann vorbereitet hatten. Ihr war schon klar, dass alle Sprüche und auch das, was Maria gesagt hatte, sich auf ihre erste Nacht mit Ludwig bezogen, aber es erstaunte sie, dass Maria, die so freigebig Ohrfeigen und Schläge verteilte, jemals Schmerz erlitten haben sollte. Musste nicht jeder, der durch einen anderen Menschen Schmerz erfahren hatte, davon absehen, einen anderen zu verletzen? Und wieso sollte einem der eigene Mann Schmerz zufügen? Das erschien Fanny widersinnig. Sie wollte Maria noch weiter ausfragen, doch da kam Ludwig und wollte aufbrechen. Maria drückte sie zum Abschied an ihren breiten, weichen Busen und flüsterte ihr ins Ohr: »Mit der Zeit gewöhnt man sich daran.«
Und nun saß Fanny hier und wartete auf Ludwig, der ihr angekündigt hatte, sie in ihrem Zimmer besuchen zu wollen. Man gewöhnt sich daran – das klang in Fannys Ohren beängstigend.
Sie trug eines von Charlottes Nachtkleidern, sie hatte sich für das schönste von allen entschieden. Es war aus durchscheinender Seide und mit reichlich Spitze an den Ärmeln und am Saum. Unschlüssig darüber, ob sie ihr Korsett ausziehen sollte oder nicht, hatte sie es lieber anbehalten. Ludwig war immer so förmlich.
Maria musste sich geirrt haben. Ludwig würde ihr niemals wehtun. Seit er sie vom Schiff abgeholt hatte, war er immer sanftmütig und freundlich zu ihr gewesen. Vielleicht hatte Maria einfach nur Pech mit ihrem Mann.
Fanny schreckte aus ihren Gedanken auf. Ludwig war ohne anzuklopfen eingetreten. Er hielt eine der kleinen Gaslampen in der Hand, die der Richter aus Furcht vor einem Feuer überall im Haus benutzte.
Unter seinem langen, weißen Hemd konnte Fanny Lud wigs Beine sehen, die ohne Hosen merkwürdig verletzbar wirkten. Sie waren muskulös und von blonden Haaren bewachsen, die im Licht der Lampe aufblitzten, als er sich neben sie aufs Bett setzte.
Er leuchtete ihr ins Gesicht. »Ich werde dir nicht wehtun, Fanny, meine Liebe.«
Warum redete er jetzt auch von wehtun? Eine Ehe bestand doch nicht nur aus Schmerz, sonst würde doch kein Mensch heiraten.
»Da bin ich sicher«, sagte Fanny deshalb überzeugt und rückte näher zu ihm hin. Er stellte die Lampe auf den Nachttisch neben dem Bett und zog sie in seine Arme. Als er sie fester umschlang, bemerkte er ihr Korsett und lächelte nachsichtig, bevor er unter ihr Nachtkleid griff und begann, die Schnüre zu lösen. Dabei ging sein Atem schneller. »Du bist noch viel schöner, als ich gedacht habe.« Er zog das nun lockere Korsett nach unten. Dann begann er, Fannys Hals zu küssen. Sein Schnurrbart kitzelte auf ihrer Haut. Gleichzeitig mit dem Kitzeln liefen kleine Schauer durch Fannys
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