Der Duft Der Wüstenrose
eine Hexe bist«, zischte Hermann leise Fanny zu, die zusammenzuckte und hoffte, dass Ludwig das nicht gehört hatte. Sie schob die schwarzen Papierbrösel auf der Tischdecke zusammen und hinterließ dabei rußige Flecken auf dem Damast. Die werden nie mehr herausgehen, dachte sie flüchtig und fragte sich, ob sie nicht endlich dem ganzen Mummenschanz ein Ende bereiten sollte. Sie war des Lügens müde, und ihr war elend.
Plötzlich redeten alle gleichzeitig: Ludwig fragte, wann genau Fanny denn übel sei, Maria beteuerte, ihre Jungs seien wirklich nicht so übel, und Hermann übertönte schließlich alle und behauptete, in jeder üblen Frau stecke eine Hexe.
Fanny drehte sich der Kopf. Sie hörte nur noch übel, übel und Hexe. Gleichzeitig setzte sich der bittere Brand geruch in ihrer Nase fest. Sie versuchte aufzustehen, um sich etwas Wasser ins Gesicht zu spritzen, aber ihr war dermaßen schwindelig, dass sie neben dem Stuhl zusammensank.
Als sie kurze Zeit später wieder zu sich kam, drehte sich immer noch alles vor ihren Augen, und ihr war entsetzlich schlecht. Ludwig kniete neben ihr und fühlte ihren Puls.
»Kein Grund zur Besorgnis«, verkündete er und klang unendlich stolz. »Wenn mich nicht alles täuscht, dann ist meine Frau einfach nur schwanger.« Er half ihr hoch und führte sie zu dem grünen Sofa an der Wand.
Maria ließ sich schnaufend neben sie fallen. »Meine Liebe, das sind großartige Neuigkeiten, meinen Glückwunsch! Was für ein Glück, dass ich schon zur Stelle bin. Ich weiß, was es heißt, Mutter zu werden.«
»Mutter!« Hermann spie das Wort geradezu aus. »Ludwig, das ist nicht dein Ernst, diese Hure wird Mutter?«
Ludwig drehte sich von Fanny weg hin zu Hermann. »Was willst du damit sagen?«
Sein Ton war so kalt, dass Fanny eine Gänsehaut über den Rücken lief. Sie kannte diesen Ton, aber Hermann hatte keine Ahnung, denn sonst hätte er jetzt den Mund gehalten. Stattdessen breitete er begütigend seine Arme aus und redete weiter.
»Wirklich, Ludwig, es fällt mir nicht leicht, aber … als dein alter Freund muss ich doch …«
Ludwig sah zwischen Fanny und Hermann hin und her. Fanny hielt seinem Blick mit letzter Kraft stand, denn sie würde nicht zulassen, dass dieser widerwärtige Hermann ihren Ruf zerstörte. Sie hatte nichts, aber auch gar nichts Ruchloses getan. Ja, sie hatte verantwortungslos die Farm verlassen, aber sie hatte sich nichts Ehebrecherisches vorzuwerfen. Ludwig nickte ihr unmerklich zu, als ob er sich genau das auch denken würde.
Wenn dieser Abend nur schon vorbei wäre. Fanny wünschte sich, für immer in einer tiefen Ohmacht zu versinken. Marias Söhne waren zu ihrer Mutter gelaufen, wie um sich in Sicherheit zu bringen.
»Hermann, wenn du mir etwas zu sagen hast, dann tu’s jetzt!« Ludwigs eisiger Ton ließ Fanny wieder erschaudern. Hermann tat so, als würde es ihm schwerfallen, aber dann sprudelten die Worte nur so aus ihm heraus, und er erzählte mit erstauntem, leicht gekränktem Unterton davon, wie er gekommen sei, um der armen, einsamen Charlotte Gesellschaft zu leisten, dann aber erfahren musste, dass diese gar nicht anwesend war, weil sie mit dem Bastard vonVerwalter in irgendeinen Kraal gefahren sei, angeblich um kranken Hottentotten mit teuren Medikamenten von Ludwig zu helfen.
An der Stelle leckte sich Hermann über seine Lippen und schüttelte betroffen den Kopf. »Und glaub mir, Ludwig, als ich später nachgeforscht habe, stellte sich heraus, dass es keine Kranken in deinen Kraalen gegeben hat. Aber das ist noch nicht das Schlimmste. Ich dachte, ich warte hier, bis die beiden wieder wohlbehalten zurück sind. Und es verging Stunde um Stunde um Stunde, und es wurde Nacht …«
»Und was hattest du des Nachts hier zu suchen?«, fragte Ludwig, und Fanny konnte die unterdrückte Wut in seiner schneidenden Stimme hören.
»Nun, ich dachte mir, es wäre in deinem Sinn, wenn wenigstens ein Weißer auf deinem Anwesen für Recht und Ordnung sorgt.«
Fanny hielt es nicht länger aus, sprang empört hoch, taumelte, richtete sich aber gleich wieder auf. »Recht und Ordnung, was für ein Hohn! Dein sauberer Freund Her mann hatte während seines ach so besorgten Wartens nichts Besseres zu tun, als unsere weiblichen Dienstboten zu vergewaltigen.«
Hermann machte eine wegwerfende Geste mit der Hand. »Ludwig, Kaffernweiber sind doch nicht der Rede wert. Du kennst mich, ich bin einfach ein Mann. Wenn’s juckt, muss man sich eben
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