Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Duft Der Wüstenrose

Der Duft Der Wüstenrose

Titel: Der Duft Der Wüstenrose Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beatrix Mannel
Vom Netzwerk:
anderen.
    Obwohl sie gerade eben noch miteinander gelacht hatten, aßen sie nun schweigend, jeder seinen eigenen Gedanken nachhängend.

19
    F ünf Monate später war Fanny kurz davor, wahnsinnig zu werden. Es lag allerdings nicht an ihrer Schwangerschaft, ganz im Gegenteil, sie war erstaunt, wie sehr sie dieses noch ungeborene Kind jetzt schon liebte. Wann immer sie sich über den ständig dicker werdenden Leib strich, wurden ihre Glasperlen warm, genauso warm, wie es ihr wurde, wenn sie an das kleine Wesen in ihr dachte. Manch mal kam es vor, dass die Perlen geradezu heiß wurden, wenn sie ihren Bauch berührte. Unangenehm heiß, als wollten sie Fanny warnen. Ihr braucht mich nicht zu warnen, dachte sie dann, denn ich werde diesem Kind all das geben, was ich niemals bekommen habe. Einen Vater und eine Mutter und jede Menge Liebe. Manchmal stellte sie sich vor, Charlotte könnte sie so sehen, und es machte sie traurig, dass ihre einzig wahre Freundin nicht die Patentante ihres Kindes werden konnte.
    Diese Gedanken waren es jedoch nicht, die sie in den Wahnsinn trieben. Auch körperlich ging es ihr gut. Ihr Arm war ohne Komplikationen wieder zusammengewach sen und schmerzte nicht mehr, und ihre Übelkeitsanfälle hatten nach vier Monaten aufgehört. Seitdem fühlte sie sich stark wie eine Löwin. Allerdings durften Löwinnen allein durch die Savanne streifen – Fanny dagegen war nie allein. Maria und ihre Söhne lebten immer noch bei ihnen und logierten in ihrem Schlafzimmer, während Fanny auf einem notdürftig gezimmerten Bett im Wohnzimmer und Ludwig auf der Liege in seiner Praxis schlief. Er behauptete, seit sie schwanger sei, schnarche sie dermaßen, dass er kein Auge zutun könnte. Und als angehender Familienvater bräuchte er seinen Schlaf ganz besonders nötig. Fanny hatte aber auch den Verdacht, dass ihm ihr wachsender Leib unheimlich war und er ihm lieber nicht zu nahe kom men wollte. Jedenfalls berührte er Fanny nur noch, um ihr einen flüchtigen Wangenkuss zu geben oder ihr die Hand zu tätscheln. Davon abgesehen behandelte er sie wie ein rohes Ei, kümmerte sich rührend um ihr Wohlergehen und hatte Maria beauftragt, Fanny in allem zu unterstützen.
    Leider nahm Maria diesen Auftrag so ernst, dass Fanny kurz davor war, einfach in die Wüste zu verschwinden und nie wieder zurückzukehren. Wann immer Fanny sich irgendwohin begab, um einen Moment für sich zu sein, tauchte Maria auf und »sah nach ihr«. Was in Wahrheit bedeutete, dass sie sich unterhalten wollte. Leider war das Einzige, was Maria interessierte, Klatschgeschichten vom Hof in Berlin, von denen Fanny einige erfand, nur damit sie endlich Ruhe gab. Aber sie hatte große Angst, dass irgendjemand nach Keetmanshoop käme, der diese Anek doten als Lügen entlarven würde. Denn Fanny wollte mehr als alles andere, dass ihr Kind in einer richtigen Familie aufwuchs.
    Maria liebte es außerdem, Fanny mit den Schreckensgeschichten ihrer Geburten zu unterhalten. Alle drei Kinder waren offensichtlich nur durch Marias starken Willen auf die Welt gekommen. Mal erzählte sie davon, dass sie beinahe verblutet wäre, mal davon, wie der Kopf des dicken Albert alles auseinandergerissen oder wie einer der Zwillinge verkehrt herum gelegen hatte. Dann wieder erfreute sie Fanny mit den detaillierten Schilderungen des Milchfiebers, an dem sie nach den überstandenen Qualen der Geburt dann beinahe doch noch gestorben wäre.
    Manchmal, wenn es für Fanny besonders anstrengend war zuzuhören, konnte sie sich – wenn auch mit sehr schlechtem Gewissen – den Gedanken nicht verkneifen, wie viel angenehmer ihr Leben doch wäre, wenn Maria wirklich bei einer Geburt das Zeitliche gesegnet hätte.
    Es war Fanny immer noch unheimlich, dass Maria sich so anbiederte und nicht mehr so herrisch und grausam war wie auf dem Schiff. Außerdem wunderte es sie, dass Maria gar keine Anstalten machte, endlich das neue Heim für ihren Mann vorzubereiten.
    Doch wann immer sie mit Ludwig darüber sprechen wollte, schüttelte der den Kopf und befand es für großartig, dass Maria sie in dieser schwierigen Zeit unterstützte.
    Wenn Ludwig in der Nähe war, blühte Maria richtig auf, ihre Augen glänzten, sie wurde rot im Gesicht und tat fast alles, um ihm zu gefallen. Sie umsorgte Fanny noch aufdringlicher und scheuchte ihre Jungs aus dem Weg. Es war Maria, die herausgefunden hatte, dass Ludwig zum Frühstück gerne lauwarmen Haferbrei aß, dass er Apfelmus mit einem Schuss Essig köstlich

Weitere Kostenlose Bücher