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Der Duft des Anderen

Der Duft des Anderen

Titel: Der Duft des Anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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Zwillingsbruder.«
    »Oh!« Jan wusste sofort, dass er sich damit anfreunden konnte. Das war ja – nun, höchst interessant. Er lächelte. »Gibt es noch mehr Enthüllungen?«
    Maria schüttelte den Kopf und begann zögernd, ihrem Sohn die ganze Geschichte mit Dr. Vollrath, Luise von Stein und der neuen Couch zu erzählen. Jan unterbrach sie nicht dabei, nur wenn seine Mutter ängstlich zögerte oder ihre Stimme zu zittern begann, zog er sie sanft an sich.
    »Du findest das alles nicht schlimm?«, flüsterte Maria und trank von ihrem kalt gewordenen Kaffee.
    »Schlimm?« Jan langte nach dem Apfelkuchen und legte sich noch ein Stück auf den Teller. »Krebs ist schlimm, Krieg ist schlimm, unter den Brücken schlafen ist schlimm. Aber sag mal, weshalb hast du mir nicht schon früher davon erzählt?«
    Seine Mutter berichtete nun vom Besuch Erwin Köpkes. Das fand Jan wirklich schlimm. »Dem breche ich alle Knochen!«, fluchte er. »Kann der dir was?«
    Maria zuckte die Achseln. »Wenn er unbedingt wollte, könnte er vielleicht etwas herauskriegen, aber er weiß schließlich nicht, wo er ansetzen soll. Du bist ganz legal gemeldet. Natürlich könnte er sich in dem Krankenhaus erkundigen …«
    »Das wird er schon nicht.« Jan schob den letzten Bissen Kuchen in seinen Mund und wischte mit der Serviette drüber. »Dem werde ich das Herumschnüffeln verleiden, das kannst du mir glauben. – Sag mal, Erwin hat dir nicht gesagt, wo er meinen – äh – meinen Bruder getroffen hat?«
    »Nein, nur dass er drüben wohnt. Na ja, er sagte immer noch drüben.«
    »Tun wir ja alle, alte Gewohnheit.« Jan holte seine Zigaretten aus der Hosentasche. »Den Erwin knöpfe ich mir vor, gleich morgen.«
    »Aber wirbele nicht zu viel Staub auf, Jan.« Maria sah ihm forschend ins Gesicht. »Du willst doch nicht etwa deinen Bruder suchen gehen?«
    Jan legte ihr die Hand aufs Knie. »Ich bin furchtbar neugierig auf ihn, verstehst du das? Was soll schon passieren?«
    »Ich kann’s dir nicht verbieten«, murmelte Maria, »aber wenn dein Bruder oder diese – diese von Stein …« Maria schwieg.
    »Was herauskriegen, meinst du? Na und? Dass du mit dringesteckt hast, kann keiner beweisen. Du schiebst alle Schuld auf den Doktor. Ich mach’s vorsichtig, Mama, du kannst dich auf mich verlassen.«
    ***
    Es war für Jan nicht schwierig, die Adresse seines Zwillingsbruders ausfindig zu machen. Ein Freund besaß einen Computer und eine CD-ROM mit den Anschriften aller Bundesbürger. Dort fand Jan heraus, dass es einen Joachim von Stein zweimal gab, einen in Mannheim und einen in Hamburg. Der in Mannheim war es nicht. – »Ihre Mutter ist doch die Frau Luise von Stein? Nein? Oh, dann war es ein Irrtum, entschuldigen Sie bitte.«
    In Hamburg war die Ehefrau dran. »Ja, die Mutter meines Mannes heißt Luise. Worum geht es denn?«
    »Das würde ich gern mit Ihrem Mann besprechen. Wann ist er denn zu Hause?«
    »Sind Sie ein Kollege? Rufen Sie aus Geesthacht an?«
    Jan hielt es für gescheit, das zu bejahen.
    »Es tut mir leid, vor acht Uhr ist er selten zu Hause, und morgen Nachmittag fliegt er nach Moskau.«
    »Nach Moskau?«, wiederholte Jan etwas dümmlich und fügte hinzu: »Ja, dann muss ich mich wohl beeilen.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, hängte er auf. Er sah auf die Uhr. Es war kurz vor fünf, bis Hamburg brauchte er zweieinhalb Stunden. Er besaß von allen deutschen Großstädten Stadtpläne. Als er die Dorotheenstraße gefunden hatte, pfiff er anerkennend durch die Zähne, gute Gegend! Jan war schon zweimal in Hamburg gewesen, das erste Mal kurz nach dem Fall der Mauer, das zweite Mal war es eine Tour gewesen.
    Es gab sechs Namensschilder und darüber ein Siebtes aus Messing mit geschwungener Schrift: Joachim von Stein. Jan sah an der Fassade hoch. Es musste die Penthousewohnung sein. Zwei immergrüne Topfpflanzen wucherten üppig über den Balkon. Jan klingelte. Aus der Sprechanlage kam eine Frauenstimme: »Ja? Wer ist denn da?«
    »Jan Matuschek. Ich hatte angerufen. Ist Ihr Mann jetzt zu Hause?«
    »Oh, Sie sind das? Am Telefon hatten Sie Ihren Namen nicht genannt. Mein Mann müsste jeden Augenblick kommen.«
    Jan wartete auf den Türsummer, aber das Geräusch kam nicht. Er räusperte sich. »Darf ich oben auf ihn warten? Ich komme extra aus Berlin.«
    »Ich dachte, aus Geesthacht?«
    »Äh – Zweigniederlassung Berlin«, sagte Jan schnell. »Ich bringe die Unterlagen.«
Unterlagen sind immer gut
, dachte er,
besonders auf

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