Der Duft des Anderen
entwaffnend.
Wie er befürchtet hatte, machte das auf Monika wenig Eindruck. »So?«, sagte sie mit verhaltenem Ärger in der Stimme. »Sie haben sich den Eintritt in meine Wohnung mit einer Ausrede verschafft? Sind Sie vielleicht gar kein Kollege meines Mannes?«
»Nicht direkt«, gab Jan zu.
Monika hob die Augenbrauen. »Hören Sie, Herr Matuschek, das gefällt mir aber gar nicht, Ihre Geheimnistuerei, meine ich. Kennt mein Mann Sie denn überhaupt?«
»Ich fürchte, nein.«
Monika hätte diesen unverschämten Fremden nun eigentlich hinauswerfen müssen. Aber dieses jungenhafte Lächeln, das sie auch an Joachim so liebte, verfehlte am Ende nicht seine Wirkung. »Wenigstens sind Sie ehrlich«, seufzte sie und sah zur Tür. »Aber ich muss darauf bestehen, dass Sie mir sagen, worum es sich handelt.«
»Ich bin Joachims Zwillingsbruder.« Irgendwo genoss Jan ihren verblüfften Gesichtsausdruck. So ein hartnäckiges Biest. Nun sollte sie auch daran schlucken.
»Ach so«, sagte sie nur. Plötzlich lachte sie. »Das wäre wirklich irre. Da muss ich mir auch einen Whiskey holen.«
Als Monika mit dem Glas wiederkam, lachte sie immer noch. »Natürlich ist das ein Scherz, nicht wahr, Herr Matuschek? Und ich wette, den haben Sie schon oft angebracht. Und wie Sie das sagen. Man kann Ihnen irgendwo gar nicht böse sein.«
Jan beugte sich etwas vor. »Das sollten Sie auch nicht, Frau von Stein. Es ist nämlich die Wahrheit. Joachim weiß es allerdings noch nicht.«
Monika wollte schon wieder losprusten, doch dann fiel ihr ein, dass dieser gut aussehende, sympathische Mann vielleicht hier war, um aus seiner Ähnlichkeit Kapital zu schlagen. Erpressung, Erbschleicherei oder so etwas? Schließlich waren sie vermögend. »Für Ihre Behauptung haben Sie natürlich Beweise?«
Jan nickte. »Ja, aber die werde ich nur Ihrem Mann vorlegen.«
Monika lächelte verkniffen. »Er muss nun aber wirklich bald hier sein«, sagte sie zum wiederholten Male.
Jan hätte Monika gern einige persönliche Dinge gefragt, aber er musste damit rechnen, dass sie ihm kein Wort glaubte und deshalb auch keine Fragen in dieser Richtung beantworten würde. Daher versuchte er sich in Small Talk. »Hübsche Drucke haben Sie, Franz Marc, nicht wahr?«
Monika zuckte die Achseln. »Ja, die Originale kann man sich ja nicht leisten.«
»Und das Heidebild?«, konnte Jan sich nicht verkneifen zu fragen. »Sicher ein bekannter Maler, da Sie ihm einen so bevorzugten Platz einräumen?«
Monika lächelte verlegen. »Ach nein, berühmt nicht. Meine Freundin hat es gemalt, und da kann ich es ja schlecht aufs Klo hängen, nicht wahr?«
Auf dem Flur oder im Schlafzimmer hätte es auch seine Dienste getan
, dachte Jan,
aber wahrscheinlich entspricht der Platz der Wertschätzung, die sie ihrer Freundin gegenüber empfindet.
»Ich verstehe nicht viel von Malerei«, gab Monika zu, die Jans Gesichtsausdruck richtig deutete. »Und Joachim auch nicht – er ist Physiker«, setzte sie hinzu, als rechtfertige dies sein mangelndes Kunstverständnis. »Er glaubt, ich hätte die Sachen auf dem Flohmarkt gekauft. – Darf ich fragen, was Sie von Beruf sind?«
»Taxifahrer.«
»Oh!« Diese Auskunft verschloss Monika den Mund. In ihrer Vorstellung rangierten Taxifahrer etwa bei Büroboten, jedenfalls waren es Leute, mit denen sie keinen gesellschaftlichen Umgang pflegte. Nicht aus Hochmut, aber sie geriet einfach nicht in solche Kreise. Außerdem sah Jan nicht nach einem Taxifahrer aus. Wenn sie ehrlich war, wusste sie überhaupt nicht, wie Taxifahrer von vorn und im Allgemeinen aussahen. Sie erinnerte sich ihrer nur in der Rückenansicht.
Jan verzog amüsiert die Mundwinkel. »Und Sie, gnädige Frau? Sind Sie berufstätig?«
Monika schüttelte den Kopf. »Hausfrau und – Schriftstellerin«, setzte sie kokett hinzu. »Natürlich nur für den Hausgebrauch.«
»Das ist aber ein interessantes Hobby«, sagte Jan, und er meinte es ehrlich. »Da sind Sie ja eine richtige Künstlergemeinschaft. Ihre Freundin malt und Sie schreiben?«
»Nun ja.« Monika sah nervös auf die Uhr. Es war schon halb neun.
»Ihr Mann hat sicher vor so einer wichtigen Geschäftsreise noch allerhand im Büro zu erledigen.«
»Ach, Joachim hat immer …« Sie stockte und fragte verlegen: »Darf ich Ihnen noch einen Whiskey bringen?«
»Gern.« Jan hielt ihr das Glas hin. »Hat er eigentlich Kontakt zu seiner Mutter? Zu Frau Luise von Stein?«, fragte Jan plötzlich.
Monikas Arm mit dem Glas
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