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Der Duft des Anderen

Der Duft des Anderen

Titel: Der Duft des Anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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wenn er mir fehlt.«
    »Dann ist er vielleicht früher zurückgekommen als erwartet?«
    »Er hätte sich sofort bei mir gemeldet. Schließlich bin ich sein Vorgesetzter.«
    Selbst Barbara musste zugeben, dass die Sache mysteriös war. Dann fiel ihr Joachims Flirten ein. Sie schleuderte Alexander ein furchtbares Argument entgegen, das die Sache aber vielleicht erklärte: »Und wenn er gar nicht schwul ist? Wenn er das in Moskau erkannt hat und lieber zu seiner Frau zurückgekehrt ist?«
    »Das ist grotesk!« Alexanders Stimme fegte durch den Saal, alles drehte sich erschrocken nach ihm um. Rosalie kam ganz aufgeregt herbeigestöckelt, vor ihren Pumps explodierte Alexanders Wodkaglas. »Absurd ist das!«, brüllte Alexander. »Joachim sollte diese Küchenschürze mir vorziehen? Wage das zu wiederholen!« Sein wutverzerrtes Gesicht hing ganz dicht vor Barbaras.
    Nun kamen von allen Seiten die Freunde herbei und versuchten, Alexander zu beruhigen. Barbara hatte sich bei diesem Wutausbruch ganz klein gemacht in ihrem Sessel. Der Mann spielte nicht, versuchte keine Masche, er schien wirklich gefährlich zu sein. Sie hätte ihn nicht so reizen dürfen.
    Rosalie warf ihr einen tadelnden Blick zu. »Junge, was hast du ihm bloß Schreckliches erzählt? Doch nichts Nachteiliges über Joachim? Dann rastet er aus. Also da hätte Luigi dich warnen müssen.«
    »Nur die Wahrheit«, stotterte Barbara.
    »Ach, die Wahrheit ist manchmal so tödlich.« Rosalie nahm Luigi, der herbeigeeilt war, das Wodkaglas aus der Hand und reichte es Alexander. »Nun trink mal einen Schluck, aber nicht wieder zertrümmern. Mein Teppich wird davon nicht besser.«
    Alexander leerte das Glas auf einen Zug. Barbara starrte auf seine angespannten Halsmuskeln, wie er den Kopf nach hinten bog, sich seine Kehle beim Schlucken bewegte. Alles an ihm war vollkommen. Barbara erschrak über ihre Gedanken. Wie konnte sie diesen Widerling noch bewundern? Der Kerl hätte sie doch am liebsten umgebracht.
    »Tut mir leid, Rosalie«, sagte Alexander. »Aber er hier …« Dabei wies er mit dem Daumen auf Sascha: »Er behauptet, Joachim sei gar nicht in Moskau, er habe seine Karriere über den Haufen geschmissen, mich verlassen und das alles wegen Monika, dieser tauben Möse. Entschuldigt, Freunde, aber das kann den Sanftmütigsten erschüttern.«
    Das Rudel scharte sich um ihn, stimmte ihm zu und versicherte, dass Sascha sich irren müsse. Barbara fühlte sich wie eine Aussätzige. Sie hatte es gewagt, das Alphatier anzugreifen. »Am besten wäre es doch«, schlug sie mit leiser Stimme vor, »bei Joachim anzurufen. Um diese Zeit müsste er zu Hause sein. Wenn ich mich geirrt habe, bitte ich reumütig um Entschuldigung.«
    Alexander starrte sie an. Dass sie immer noch bei ihrer Behauptung blieb, verunsicherte ihn. Wenn der Bursche nun recht hatte? Allein der Gedanke ließ seinen Nacken kribbeln, als liefen hundert Ameisen darüber. »Ich werde anrufen«, sagte er. »Wenn du mich belogen hast, binde ich dich in der schmierigsten Klappe nackt ans Pinkelbecken!«
    Und so einer ist Professor!,
durchfuhr es Barbara. Aber wozu war der Club da? Hier war Alexander nur noch er selbst, und er selbst, wer war das? Bestimmt kein Professor der Atomphysik.
    An der Bar gab es ein Telefon. Während Alexander wählte, scheuchte Rosalie alle in die Sessel. »Ganz leise jetzt. Und wenn Alexander anfängt, das Mobiliar zu zertrümmern, geht ihr zur Hintertür hinaus. Ich hoffe doch, meine Hausratversicherung ist bezahlt.«
    Am anderen Ende war der Freiton, dann eine Männerstimme: »Ja?«
    Die Stimme ähnelte der Joachims, aber Alexander war nicht sicher. Immerhin, soweit hatte Sascha nicht gelogen. Bei Monika befand sich ein Mann. »Ich möchte Herrn Joachim von Stein sprechen.«
    »Am Apparat. Wer ist denn da?«
    Alexanders Hand mit dem Hörer sank auf den Bartresen, für einen Augenblick war er unfähig zu handeln und zu denken. Deshalb fiel ihm auch nicht auf, dass Joachim seine Stimme hätte erkennen müssen.
    »Hallo, hallo, sind Sie noch da?«, kam die entfernte Stimme aus dem Hörer, dann: »Monika, ich weiß nicht, wer das ist, geh du doch mal ran.«
    Alexander raffte den Hörer wieder an sich, presste ihn ans Ohr und krächzte: »Joachim? Bist du es?«
    Keine Antwort, stattdessen Stimmengewirr im Hintergrund. Joachim und Monika sprachen erregt miteinander. Dann eine sanfte, eher ängstliche Stimme: »Hier ist Frau von Stein. Wer spricht da bitte?«
    »Hier ist Alexander Kirch!«

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