Der Duft des Anderen
kam aus der Küche mit rosigem Gesicht. »So, der Kuchen ist drin.«
»Sag mal«, spann Jan einfach seine Gedanken weiter, »ruft dieser Kirch öfters hier an?«
»Zum ersten Mal. Beschäftigt dich dieser Anruf immer noch? Sicher, durch diesen Dompfaff wird Joachim erfahren, dass du hier gewohnt hast, na und? Du hast natürlich immer im Gästezimmer geschlafen.«
»Und dass ich mich für ihn ausgegeben habe? Wie reagiert Joachim auf so etwas? Du kennst ihn besser.«
Monika kuschelte sich neben Jan auf die Couch. »Ein bisschen Krach wird er schon machen, das vergeht auch wieder.« Jans Gegenwart hatte ihr gut getan. Sie sah Joachims Rückkehr gelassen entgegen.
»Irgendetwas stimmt nicht mit meinem Bruderherz. Hast du schon mal darüber nachgedacht, ob er eine Geliebte hat? Vielleicht war Moskau nur ein Vorwand, und Kirch ist in das schmutzige Spiel eingeweiht, und dann ist etwas schiefgelaufen. Vielleicht hat die Geliebte in der Firma angerufen.«
»Daran habe ich auch schon gedacht«, gab Monika zu. »Aber da gibt es überhaupt keine Anhaltspunkte. Außer natürlich, dass er nur sehr selten mit mir schläft. Ich habe seinen Schreibtisch durchgesehen, keine Hotelquittungen, keine Geschenkquittungen, keine verbrämten Geschäftsessen. Nur eine Clubkarte, da trifft er sich mit Kollegen zum Skat oder so.«
»Club?«, horchte Jan auf. »Was ist das für ein Club?«
»So ein Männerclub eben, wo nur getrunken wird und man sich schmutzige Frauenwitze erzählt.«
»Weißt du das genau, oder vermutest du das?«
»Joachim hat es mir erzählt. Er meinte, ich träfe mich ja auch mit meinen Freundinnen zum Kaffee. Männer brauchten ebenso eine Zeit, wo sie unter sich sind.«
»Und wo ist er abends, wenn er so spät nach Hause kommt? Immer im Club?«
»Nein, dort ist er nur am Wochenende. Er macht wirklich Überstunden. Ich habe ihn manchmal in der Firma angerufen, und er war immer da.«
»Ein hübsche Sekretärin?«, vermutete Jan.
Monika lachte. »Seine Sekretärin kenne ich. Die Lorenzen ist nun wirklich kein Männerschwarm.«
»Ja, dann sind wir wohl am Ende mit unserem Latein. Joachim ist also nur ein armes, erschöpftes Arbeitstier.«
»Sieht so aus«, gab Monika zu. »Joachim ist sehr ehrgeizig, weißt du. Ich habe von Haus aus Geld. Joachim und ich reden nicht darüber, aber ein Mann möchte auf seine eigene Leistung stolz sein, nicht wahr?«
»Ja, ja, das könnte es sein«, murmelte Jan. Trotzdem konnte er die Sache mit dem Vögeln immer noch nicht einordnen. »Diesen Kirch, den kennst du gar nicht?«
»Nein, nur aus Joachims Erzählungen. Er soll ziemlich arrogant sein, aber Joachim lässt nichts auf ihn kommen. Wenn Kirch was sagt, springt er. Aber wenn man Karriere in einer Firma machen will, ist das wohl normal?«
Jan nickte. Sie waren mit ihren Überlegungen in eine Sackgasse geraten. Er legte den Arm um Monika. »Wir fragen Joachim einfach, wenn er zurückkommt. Jetzt freue ich mich erst einmal auf den Kuchen. Es riecht wirklich lecker, wie bei Muttern.«
***
Sascha Krause? Sascha Lehmann? Sascha Schmidt? Welchen Namen sollte sie in das Antragsformular eintragen, das sie von Rosalie bekommen hatte? Barbara hatte diesen Wisch nun schon eine halbe Stunde vor sich liegen, aber ihre Gedanken schweiften ständig ab. Zum Teufel! Nun wollte sie sich endlich konzentrieren. So einen Antrag füllte sie doch in zwei Minuten aus. Ihr Blick fiel auf die Fernsehzeitschrift, wo ein Serien-Nachwuchsstar vorgestellt wurde: Michael Felgentreu. Nie gehört! Dann war der Name gut. Sie trug ein: Sascha Felgentreu, darunter eine möglichst weit entfernte Anschrift in Hamburg-Duvenstedt. Sie suchte sich eine passende Gasse aus dem Stadtplan heraus. Rosalie würde doch nicht gar ihren Personalausweis verlangen? Nein, nicht nachdem Alexander für sie gebürgt hatte. Ein Satz, ein Blick von ihm, und Rosalie hatte gekuscht.
Alexander! Hundertmal war sie den Abend in Gedanken durchgegangen. Wie einen Videoclip ließ sie ihn immer wieder von vorn laufen. Alexander, wie er zum ersten Mal durch die Tür kam, wie er zum ersten Mal ihren Namen aussprach. Wie sie tanzten. Dann sein achillischer Zorn, sein homerisches Gelächter. Sein Kuss, ach sein Kuss! Und als sie schon glaubte, er würde sie nie wieder beachten, die Selbstverständlichkeit, mit der er für sie bürgte.
Sie schaute auf das Antragsformular. Alter, Beruf, Einkommen, Religion, nur nach dem Geschlecht wurde nicht gefragt. Barbara lächelte und trug ein: 24,
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