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Der Duft des Anderen

Der Duft des Anderen

Titel: Der Duft des Anderen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Ahrens
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Professor.«
    »Wieso Professor?«
    Luigi spülte eifrig Gläser. Er hatte jetzt viel zu tun. »Weil er einer ist. Professor für Atomphysik. Es heißt, er sei genauso tödlich wie seine Strahlen.«
    »Man sollte ihn also lieber nicht ansprechen?«
    »Er beißt nicht«, grinste Luigi. »Aber wenn du was Ernsteres im Sinn hast, lass die Finger von ihm. Er ist bereits in festen Händen, und er ist treu.«
    »Das haben schon viele von sich geglaubt.« Barbara hatte sich so gesetzt, dass sie ihn im Blick hatte. Sie konnte die Augen nicht von ihm wenden. Jede seiner Gesten jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Wie er das Glas hielt, den Kopf neigte, seine Beinstellung, das linke angewinkelt, das rechte gestreckt, sein sparsames Lächeln, das zeitweilige Zurückstreichen loser Strähnen hinter das Ohr. Und dieser schläfrige Blick, der, darauf legte sie jeden Eid ab, hellwach war und dem nichts entging.
    »Gefällt er dir?« Luigi stellte die sauberen Gläser ins Regal und legte eine neue CD auf. »Alexander ist aus hartem Holz geschnitzt. Siehst du den da drüben, den blonden Krauskopf? Das ist Markus, der ist auch hinter Alexander her, keine Chance, sage ich dir. Alexander hängt an seinem Joachim.«
    Der Name ließ Barbara aufhorchen, obwohl es dumm war, es gab sicherlich Tausende von Joachims. »Ist der auch Atomphysiker?«
    »Ja, sie sind ja Kollegen.«
    »Merkwürdig, ich kenne einen Physiker, der Joachim heißt«, murmelte sie, während ihr hundert Bilder durch den Kopf gingen. »Aber von Stein heißt er wohl nicht?«
    Luigi goss ihrem Nachbarn, der in ein angeregtes Gespräch verwickelt war, Orangensaft ein und füllte mit Champagner auf. »Doch, so heißt er. Du kennst Joachim? Das ist ja interessant. Woher denn?«
    Barbara wurde plötzlich übel, kalter Schweiß brach ihr aus. Die Bilder in ihrem Kopf verdichteten sich zu einem unentwirrbaren Knäuel. »Ist dir nicht gut?«, drang Luigis Stimme zu ihr durch.
    Sie lächelte schwach. »Ich habe wohl den Martini zu schnell getrunken.« Sie erinnerte sich der Frage, die er gestellt hatte. »Ich kenne Joachim von einer Vernissage, aber ich habe natürlich nicht gewusst …« Barbara erstarrte, denn es läutete. Wenn es Joachim war, würde er sie mit tödlicher Sicherheit wieder erkennen.
    »… dass er schwul ist?«
    Es war nicht Joachim. Sie atmete auf. »Ja, er war nämlich mit seiner Frau erschienen.«
    »Ja, Joachim ist verheiratet, das wissen hier alle. Er führt eine von diesen Alibi-Ehen, sie ist natürlich nicht glücklich. Und Alexander ist auch nicht glücklich. Aber was soll man da machen?«
    »Ja«, sagte sie abwesend und überlegte, wie sie am unauffälligsten verschwinden konnte. »Wann kommt Joachim denn gewöhnlich?«, fragte sie vorsichtig.
    »Heute gar nicht, der ist doch in Moskau.«
    »Wo ist er?« Barbara glaubte, sich verhört zu haben.
    »In Moskau. Deshalb ist Alexander schon seit fast vier Wochen Strohwitwer.«
    »Aber Joachim ist nicht in Moskau!«, platzte sie heraus.
    Luigi blieb gelassen. »Natürlich ist er das. Alexander hat ihn doch selbst hingeschickt. Eine wahnsinnig wichtige Geschäftsreise, von der sehr viel für Joachims Karriere abhängt.«
    In Barbaras Kopf drehte sich alles. Joachim sollte schwul sein? Dieser flirtende Weiberheld, der sie mit den Blicken aufgefressen hatte? Konnte ein Mann wirklich so schauspielern? Und in Moskau sollte er sein? In Hamburg war er! Schlief in Monikas Bett und hatte Barbaras Hamburgausstellung besucht. Irgendetwas stimmte hier nicht. Sollte es zwei Physiker mit demselben Namen geben? Unwahrscheinlich.
    »Heißt seine Frau Monika?«, wagte Barbara einen letzten Vorstoß.
    »Luigi nickte. »Ich glaube ja. Alexander habe ich häufiger auf eine Monika schimpfen hören.«
    Alexander, der Weiberhasser! Jetzt fiel es ihr wieder ein. Sie drückte das Kreuz durch, ein feines Lächeln erschien auf ihren Lippen. Nun, da sie nicht mit Joachims Erscheinen rechnen musste, fasste sie neuen Mut. »Ich glaube, ich setze mich mal zu eurem Professor«, sagte sie und entfernte sich mit ihrem Martini in Alexanders Richtung.
    Als sie neben ihm stand, sah Alexander sie an. Sie hatte diesen Blick gefürchtet. Und wirklich, sie errötete und schlug die Augen nieder, aber nur kurz.
    »Sascha?«, sagte er. »Setz dich, ich habe schon von dir gehört. Du willst Mitglied in unserem Club werden? Warum eigentlich, wenn du Maler bist? Bilder von Schwulen werden doch gern gekauft?«
    Barbara setzte sich einfach in den

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