Der Duft des Anderen
Nur mit Mühe versagte er sich, sie zu beschimpfen. »Holen Sie bitte Ihren Mann ans Telefon.«
»Oh!«
Dieser Ausruf des Erschreckens bestätigte Alexander alles, was Sascha gesagt hatte. Alexander hätte den Hörer zertrümmern mögen, danach den Club, und alle umbringen, Monika, Joachim und am Schluss sich selbst.
»Aber mein Mann ist doch in Moskau«, drang es da an sein Ohr. Jetzt hörte es sich an, als jubilierten Engelschöre.
»Und wer ist der Mann, mit dem ich eben gesprochen habe?«
»Ich glaube, das geht Sie nichts an, Herr Kirch.«
»Ich glaube doch, da der Herr sich nämlich mit Joachim von Stein gemeldet hat.«
»Nun …« Monika zögerte. Wieder ein Stimmengewirr, dann hörte Alexander ganz deutlich, wie Monika sagte, »das glaubt der dir nie.« Dann kam wieder die männliche Stimme: »Entschuldigen Sie bitte, Herr Kirch, dass ich mich mit dem Namen meines Bruders gemeldet habe. Ich hatte meine Gründe. Ich bin der Zwillingsbruder von Joachim, mein Name ist Jan Matuschek.«
Statt eines Wutausbruchs verharrte Alexander zwei, drei Sekunden, dann brach er in ein dröhnendes Gelächter aus. »Zwillingsbruder? Das ist gut. Ja, ja, Herr Matuschek, ich glaube Ihnen. Joachim hat mir das erzählt von seinem Doppelgänger, es war mir nur entfallen. Danke, vielen Dank. Sie haben mir den Abend gerettet.«
»Ich verstehe nicht ganz.«
»Egal! Vögeln Sie die graue Maus ordentlich durch, das arme Luder hat es nötig!« Dann hängte Alexander auf. Mit ausgebreiteten Armen kam er auf seine Freunde zu. »Alles aufgeklärt, alles im Lot. Joachim ist doch in Moskau, Sascha hat sich geirrt, aber er kann wirklich nichts dafür.« Er nahm Barbara, die überhaupt nichts mehr verstand, in den Arm und küsste sie auf den Mund. »Tut mir leid, dass ich so grob gewesen bin.«
Die anderen johlten. »Noch mal!«, riefen sie, und Markus rief: »Für mich auch einen.«
»Meine Küsse sind doch keine Kekse, Markus.«
Dann erzählte Alexander, wie es zu dem Irrtum gekommen war. Jeder hielt das für die irrste Geschichte, die er je gehört hatte. Und auch für Barbara klärten sich schlagartig viele Widersprüche. Aber dass Monika sie so belogen hatte, nahm sie ihr übel. Waren sie nicht Freundinnen? Dann wäre das Missverständnis erst gar nicht entstanden. Immerhin, so war sie zu einem Kuss von Alexander gekommen. Ein Genuss, in den sonst offensichtlich nur Joachim kam. Hatte sie nicht schon bei ihrem ersten Treffen gedacht, dass so ein Mann statt einer Monika einen Geliebten haben müsse? Und er hatte den Besten!
Über seinen Zwilling, wenn er es denn war, wollte sie sich jetzt keine Gedanken machen. Noch fühlte sie Alexanders Lippen auf ihrem Mund. Sie hätte diese Berührung gern für die Ewigkeit konserviert wie ein Tonband, das man immer wieder abspielen konnte. Immer wieder von Alexander geküsst werden! Immer noch einmal mit ihm tanzen. Eins sein mit allem, was er war, was er tat. Doch sie wusste, es war vorbei, nie wieder würde er sie berühren.
Sie fühlte sich auf die Schulter getippt. Rosalie stand hinter ihr. »Ich hoffe, der Schreck ist vorbei, Sascha. Wer konnte auch damit rechnen? Ein Zwillingsbruder! Der schnuckelige Joachim ist also zweimal vorhanden. Hach, ich wünschte, Alexanders Mutter hätte Drillinge gehabt. Er ist so ungestüm, nicht wahr? Also hast du es dir überlegt, ob du Mitglied werden möchtest?«
»Ich will«, sagte Barbara ohne zu zögern. Um Alexander jede Woche zu sehen, wäre sie bis nach München gefahren.
»Schön. Du weißt ja, dass mir der Club gehört. Ich bin einverstanden, aber wir haben unsere Regeln.« Rosalie zauberte ein Blatt Papier hinter ihrem Rücken hervor. »Du musst diesen Mitgliedsantrag ausfüllen. Es kostet zehntausend im Jahr. Dafür ist alles frei.«
Ich gäbe zwanzigtausend, um ihn zu sehen
, dachte Barbara. Sie nickte. »Kann ich den Bogen zu Hause ausfüllen?«
»Kannst du. Da ist allerdings noch etwas. Einer aus dem Club muss für dich bürgen. Sowohl für deine Finanzlage als auch für deinen einwandfreien Leumund. Weißt du, wir nehmen nur Mitglieder auf Empfehlung.« Jetzt sprach Bernd Fellmann, der Banker.
»Luigi hat mich mitgebracht.«
»Luigi arbeitet hier, er ist nicht Mitglied, er zählt nicht.«
Barbara sank das Herz. »Aber die anderen kenne ich nicht.«
»Du musst eben herumfragen. Einer wird es schon für dich tun.«
Plötzlich hasste Barbara Rosalie. So kalt und abschätzend hatte sie das gesagt. Da kam Alexander auf sie zu. »Was
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