Der Duft des Blutes
brummte Karsten Tieze. „Dann schlage ich vor, Sie gehen nun mit Ihrer Tochter nach Hause. Über alles andere sprechen wir später!"
Sabine presste ein „Danke" heraus, erhob sich und schob Julia vor sich zur Tür.
„Ach ja", hielt der Kriminaloberrat sie zurück, „und melden Sie sich bei Professor Langberger. Klären Sie diese Sache!"
Den ganzen Nachmittag las Sabine Bilderbücher vor, malte Kinder, Segelboote und bunte Fische, kochte Pudding und backte Marmorkuchen. Um fünf klingelte das Telefon: Es war Sönke.
„Ich dachte, ich halte dich mal auf dem Laufenden, bis du wieder zurückkommst."
„Danke, das ist lieb von dir", sagte sie warm.
„Pah, lieb!", grunzte er. „Ich brauche dich hier! Was glaubst du, was hier in den nächsten Tagen los ist. Richte deinem Seelenklempner aus, er soll sich jemand anderes für seine Couch suchen, du wirst hier gebraucht!"
Sabine standen Tränen in den Augen. „Sag das diesen Möchtegerngöttern in Weiß und unserem Herrn Chef! Ich möchte lieber heute als morgen weitermachen."
Das Geräusch am anderen Ende der Leitung drückte aus, was Sönke von seinem Chef und von Ärzten im Allgemeinen hielt.
„Kopf hoch, Deern", versuchte er Sabine aufzuheitern, „das kriegen wir schon hin."
Sie hatte gerade aufgelegt, als es schon wieder klingelte.
„Maria Limitone", meldete sich eine Stimme mit südländischem Akzent.
Der Name sagte ihr etwas. Sabine legte grübelnd die Stirn in Falten.
„Ich war eine Zeit lang mit Björn Magnus, Ihrem Polizeifotografen, befreundet", fuhr die Frau fort.
Natürlich! Maria und Susanna, von denen Björn so oft gesprochen hatte.
„Was kann ich für Sie tun, Frau Limitone?"
Die Frau am anderen Ende der Leitung zögerte. „Sehen Sie, ich möchte nicht schlecht über jemanden sprechen, doch die Sache lässt mir keine Ruhe, und meine Mutter hat mir geraten, zur Polizei zu gehen. Sie kennen Björn, er hat oft von Ihnen erzählt, deshalb möchte ich Sie um einen Rat bitten."
Mit stockender Stimme erzählte Maria Limitone. Wie üblich, wenn sie erregt war, schritt Sabine durch die Wohnung, das Telefon dicht ans Ohr gepresst Als die Frau aus Italien geendet hatte, war Sabine wie betäubt. Ratlos sah sie auf den Hörer in ihrer Hand, doch dann wählte sie Thomas Ohlendorfs Nummer. Sie erreichte den Leiter der 4. Mordbereitschaft in seinem Büro.
„Thomas", die Kommissarin zögerte, „ich habe gerade einen Anruf aus Italien bekommen, von Maria Limitone, Björn Magnus' früherer Freundin."
„Und?"
Sabine war es, als habe sie nicht die Kraft, das auszusprechen, was in ihren Gedanken einen Sturm entfacht hatte, doch es musste sein.
„Sie hat mir von Nacktfotos erzählt, die Björn von ihr gemacht hat -und von ihrer Tochter Susanna", berichtete Sabine leise. „Davon wusste sie nichts, doch eines Tages hat sie eines dieser Fotos gefunden. Deshalb hat sie Björn verlassen."
Thomas Ohlendorf schwieg.
„War Björn gestern Nacht beim Einsatz dabei?"
„Nein."
„Hast du ihn heute gesehen? Ich will ihm gar nichts unterstellen, es ist nur so, als mir Frau Limitone von den Fotos erzählte -mit Fesseln oder Tüchern um den Hals -, da hatte ich wieder diese Bilder von Ronja und Sandra vor Augen. Thomas, sag mir bitte, dass das nicht wahr sein kann." Ihre Stimme klang flehend. Sie sah sich mit Björn im Kino, sah ihn hier in ihrer Wohnung, sah sich ihn tröstend in die Arme nehmen, als er um Maria und Susanna weinte.
„Wir werden das überprüfen!", sagte der Hauptkommissar fest und legte auf. Lange musste Sabine nicht auf den Rückruf warten. Thomas Ohlendorf räusperte sich. „Ich habe vor ein paar Minuten die Ergebnisse aus dem Labor bekommen. Wir haben einen Objektivdeckel aus der Hütte mit Björns Fingerabdrücken! Ich habe die Sachen aus der gestohlenen Tasche auch noch mal prüfen lassen. Sabine, Björn wird gerade zur Fahndung ausgeschrieben!"
Die Kommissarin schwieg. Minutenlang stand sie da, das Telefon noch in der Hand, und starrte vor sich hin. Björn! Wie war so etwas möglich? Peter hatte es gewusst! Doch hätte sie ihm geglaubt, wenn er Björn beschuldigt hätte? Nein, wahrscheinlich nicht. Sie seufzte üei. Wem konnte man noch vertrauen? Was konnte man noch glauben? Im Zimmer war es still und dunkel. Julia war auf dem Sofa eingeschlafen. Nachdenklich stand Sabine am Fenster und sah auf die Straße hinunter. Der schwarze Golf! Da stand er wieder. Ein Mann saß auf dem Fahrersitz und telefonierte wild
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