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Der Duft des Blutes

Titel: Der Duft des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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es zu verkaufen, um ihre eigene Sucht zu finanzieren, und sind dabei jemandem ganz schön auf die Füße getreten. Ich denke, dieser Jemand hat dann die Schlägertypen losgeschickt, um Ihnen einen Denkzettel zu verpassen. War es so?"
    Tränen rannen über Nadines Wangen.
    „Einen der beiden haben wir anhand der Spermaspuren identifiziert- er wird auf dem Kiez der Skorpion genannt. Doch er war nicht allein."
    Die junge Frau im Bett weinte noch immer still vor sich hin.
    „Kennen Sie die Männer? Wer hat sie beauftragt? Warum musste Ihre Freundin Ronja sterben? Wo ist Holger Laabs?"
    „Hören Sie auf!", schrie Nadine und bedeckte das Gesicht mit den Händen. „Raus, alle raus!"
    Seufzend ließ sich Sabine von einer eifrigen Schwester aus dem Zimmer schieben.
    Sönke Lodering hatte seiner Kollegin gerade eine Tasse Friesentee mit Kandis, Sahne und Rum zubereitet, als Sabines Telefon klingelte.
    „Oh, hallo, Mama", murmelte sie undeutlich und stellte die heiße Tasse ab.
    „Du bist ja noch im Büro", wunderte sich ihre Mutter. „Weißt du denn nicht, was für ein Tag heute ist?"
    „Doch, natürlich..."
    „Es ist der dritte Todestag deines Vaters", fuhr Liese Berner fort, ohne den Einwand ihrer Tochter zu beachten. „Warst du denn schon auf dem Friedhof?"
    „Nein, Mama, aber..."
    „Wann wolltest du denn gehen? Es wird ja schon bald dunkel. Wir hätten ihn doch nach Waiblingen überführen sollen, wenn du keine Zeit hast, dich um das Grab zu kümmern."
    „Das haben wir doch schon vor drei Jahren ausdiskutiert", wehrte Sabine ab. „Er war Hamburger mit Leib und Seele und ist nach eurer Scheidung hierher zurückgekehrt, und deshalb ist er auch hier begraben. Ich mache jetzt Schluss und fahre gleich zum Friedhof raus."
    „Wie geht es denn Jens? Und meiner süßen Julia?"
    „Ich glaube gut. Jens hat mir Julia letztens wieder sehr überraschend für ein paar Tage vorbeigebracht."
    „Das hört sich nicht begeistert an. Du bist immerhin ihre Mutter!"
    „Ja, doch der Richter hat ihm das Sorgerecht zugesprochen, und ich habe einen Beruf, bei dem ich nicht kurz mal eine Woche ohne Vorankündigung zu Hause bleiben kann", ereiferte sich Sabine.
    „Du bist selbst schuld. Wenn du bei der Verhandlung nicht so ausgerastet wärst..."
    „Du warst nicht dabei, du kannst das nicht beurteilen", schrie Sabine. „Er kam da mit Schwiegermama und seiner neuen Tussi an und spielte den liebenden Familienvater, während er mich darstellte, als sei ich reif für die Klapsmühle!"
    „Das wäre alles nicht passiert, wenn du in Waiblingen geblieben wärst. Du hättest Polizistin spielen können, und ich hätte mich um Julia gekümmert. Aber du musstest ja deinem Vater hinterherlaufen."
    „Mama, ich muss jetzt los, sonst machen die den Friedhof zu, bevor ich dort bin. Ich melde mich dann wieder, tschüss."
    Die Kommissarin legte auf und wischte sich heimlich die Tränen von der Wange. Mit drei großen Schlucken trank sie ihren Tee. Der Rum wärmte ihren Magen und ihre Seele.
    „Ich geh dann, Sönke", sagte sie und griff nach ihrer Jacke.
    „Dann grüß dein Vadder mal von mir. War ein feiner Jung, nech?"
    Sabine fuhr mit der U-Bahn zwei Stationen bis Ohlsdorf, kaufte einen großen Strauß roter Rosen und betrat dann den Friedhof beim Haupteingang. Sie musste rennen, um den Bus zu erwischen, der bis zum Dunkelwerden seine Runden durch den Friedhof drehte. Im trüben Dämmerlicht fuhr sie an alten Bäumen und Rasenflächen vorbei, zwischen denen sich schmale Wege verloren. Hier und da tauchten Gruppen von Grabsteinen auf.
    „Kapelle drei", schnarrte der Busfahrer, hielt an und ließ zwei alte Frauen einsteigen.
    Weiter ging es die Cordesallee entlang, dann zur Mittelallee, die sich fast bis zum Ostende des Friedhofs zog. Am Anfang hatte sich Sabine einige Male auf dem Friedhof verlaufen. Man konnte hier stundenlang unter den Bäumen zwischen den verstreuten Gräbern gehen, von denen es immerhin über dreihunderttausend gab. Ohlsdorf rühmte sich, der weltgrößte Parkfriedhof zu sein, und so fuhren die Busse über die siebzehn Kilometer langen Straßen ihre Runden. Weiter im Osten lichteten sich die Bäume und ließen immer größere Rasenflächen frei. Auch einige kleine Seen und ein Kanalsystem gab es, auf dem Stockenten friedlich ihre Bahnen zogen.
    Sabine stieg an der Mittelallee aus. Links führten die Wege zu den britischen Soldatengräbern des Zweiten Weltkrieges und zum Seemannsfriedhof mit seinem großen Anker, doch Sabine

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