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Der Duft des Blutes

Titel: Der Duft des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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folgte dem Wasserlauf nach Norden, der sich bald zu einem runden See erweiterte. Hier, auf einer leicht erhöhten Terrasse mit Blick auf den Prökelmoorteich, ruhte ihr Vater in der nasskalten Erde.
    „Ach, Papa", seufzte sie und schob die Rosen in die grüne Plastikvase. „Wie konntest du mich einfach so verlassen?" Sie ließ sich in die Hocke sinken, umfasste ihre Knie und sah auf den Stein mit der Goldschrift, deren Glanz schon an einigen Stellen nachließ.
    „Zweimal hast du mich verlassen, doch dieses Mal kann ich dir nicht folgen. Ich weiß, die Enge dort unten im Süden hat dich verrückt gemacht. Du hast diesen Seewind in der Nase gebraucht, und nur auf dem Meer warst du wirklich glücklich. Mama wäre nie aus Schwaben weggegangen, und sie hat es mir immer noch nicht verziehen, dass ich nach der Schule zu dir gezogen bin."
    Sie schwieg und rückte die Tannenzweige, die das Grab über den Winter begrünten, zurecht.
    „Mama sagt, ich hätte Julia nicht verloren, wenn ich bei ihr geblieben wäre. So ein Quatsch! Dann hätte ich Jens ja auch nicht kennengelernt, und es gäbe Julia gar nicht."
    Die Dämmerung legte sich wie ein Schleier über den Friedhof. Die Vögel verstummten, und die Enten suchten ihre Schlafplätze auf.
    „Es war kein guter Zeitpunkt wegzugehen, so mitten in unserem Scheidungskrieg. Ach, Papa, ich vermisse dich so sehr. Deinen Rat, deine Stimme, deine Schulter, an der ich mich immer anlehnen konnte."
    Plötzlich spürte Sabine, dass sie nicht mehr alleine war. Wer außer ihr trieb sich so spät noch hier draußen herum? Langsam erhob sie sich. Ihre Beine waren ganz steif geworden, und sie fühlte einen stechenden Schmerz in den Knien, als sie sich streckte. Sabine drehte sich um und spähte in die Dunkelheit. Da stand jemand, ein Mann, nur wenige Gräber weit entfernt. Scherenschnittartig hob sich seine Silhouette gegen den Nachthimmel ab.
    Sabine überlegte sich, welchen Judogriff sie zur Not anwenden sollte, als er sich ihr zuwandte und gemächlich näher kam.
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    „Ich wollte Sie in Ihrer Trauer nicht stören", erklang die Stimme, die Tag und Nacht in ihren Gedanken widerhallte.
    „Oh, hallo, Herr von Borgo, was treibt Sie um diese Zeit auf den Friedhof?"
    „Es ist kein bestimmtes Grab, wenn Sie das meinen. Ich fühle mich in dieser Oase der Ruhe wohl und schlendere gerne zwischen den Gräbern umher. Ich habe den Tod schon so oft erlebt, dass er mir ein vertrauter Gefährte geworden ist. Kommen Sie mit und fühlen Sie die friedlichen Seelen, die um uns herum wandeln. Viele haben in ihrem Leben wenig Ruhe und Frieden genossen."
    Er wollte sie einen schmalen Pfad entlangführen, doch Sabine schüttelte den Kopf.
    „Der Weg hier drüben führt zum Ausgang Hoheneichen. Dort kann ich die S-Bahn nehmen."
    „Das Tor ist bereits geschlossen", wandte Peter von Borgo ein.
    „Ich weiß. Es ist nicht das erste Mal, dass ich über den Zaun steigen muss."
    Er bot ihr den Arm und sah ihr tief in die Augen. „Kommen Sie mit mir, spazieren wir ein Stück unter diesen herrlich alten Bäumen."
    Es war ihr, als schimmerte es rötlich in seinen Augen. Willig legte sie die Hand auf seinen Arm und folgte ihm in die Finsternis.
    „Sie vermissen ihn sehr", sagte der Vampir nach einer Weile.
    „Was?", schreckte Sabine aus ihren wirren Gedanken auf.
    „Ihren Vater -es ist doch Ihr Vater, dem Sie die herrlichen Rosen brachten?"
    „Ja, mein Vater", hauchte sie.
    „Erzählen Sie mir von ihm", bat er sie mit weicher Stimme.
    „Er war ein Seebär, den es irgendwie nach Süddeutschland verschlagen hatte. Doch er war dort wie ein Fisch auf dem Trockenen. Jedes Wochenende zog es ihn zum Bodensee hinunter. Sobald auch nur eine Brise wehte, war er auf seinem Boot und hisste die Segel. Doch der Bodensee ist nicht das Meer, und das Heimweh machte ihn krank. Als ich dreizehn war, ließen sich meine Eltern scheiden, und er zog nach Hamburg zurück."
    „Und Sie sind ihm gefolgt."
    „Ja, sobald ich das Abitur in der Tasche hatte. Endlich konnten wir wieder zusammen segeln." Sie lächelte versonnen. „Wie oft saß ich klitschnass und vor Kälte schnatternd bei ihm am Steuer und wünschte mir nichts mehr, als mit einem Becher heißen Tee in eine warme Decke eingemummelt auf dem Sofa zu sitzen, doch er konnte nie genug kriegen."
    „Doch am 31. Oktober vor drei Jahren waren Sie nicht mit an Bord", stellte Peter von Borgo fest.
    „Nein, war ich nicht", sagte die junge Frau leise, und ihre Stimme zitterte. „Ich

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