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Der Duft des Blutes

Titel: Der Duft des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Schweikert
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entziehen, doch genauso gut hätte sie versuchen können, sich aus einem Schraubstock zu befreien.
    „Aber was machen Sie da?", begehrte sie unsicher auf. Ihre Stimme riss ihn aus seinem blutigen Rausch.
    „Ich küsse Ihnen den Schmerz Ihrer Wunde weg", sagte er undeutlich.
    Noch einmal versuchte Sabine, sich zu befreien. Sie wusste nicht, wovor sie sich fürchtete, doch plötzlich überfiel sie panische Angst.
    Da ließ Peter von Borgo sie los und taumelte zurück. Seine Brust hob und senkte sich in raschem Wechsel, ein Stöhnen drang aus seinem Mund. Er wandte sich ab und wischte sich den Blutstropfen ab, der noch in seinem Mundwinkel hing.
    „Gehen Sie, es ist schon spät. Gehen Sie nach Hause."
    Sabine umklammerte ihr wundes Handgelenk. So schnell die Panik über sie gekommen war, so schnell ebbte sie wieder ab.
    „Was ist mit Ihnen los?", fragte sie und trat zu ihm. Sie hob die Hand, doch noch ehe sie seine Schulter berührte, schrie er:
    „Fassen Sie mich nicht an! Verschwinden Sie endlich. Los! hauen Sie ab, bevor etwas passiert, das einem von uns leid tun könnte."
    Da war er wieder, der bedrückende Schatten, der nach ihr griff und ihr die Luft abschnürte. Das Gesicht abgewendet, wedelte er mit den Händen, als wolle er lästige Insekten vertreiben. Ein Lichtstrahl verfing sich in seinen Fingern und ließ den großen Smaragdring leuchten. Sabine wurde blass.
    Langsam tastete sie sich rückwärts zur Tür, doch er kam ihr nicht nach. Die junge Frau drehte sich um und rannte dann gehetzt die Treppe hinunter bis auf die Straße. Der Klang ihrer Schritte hallte durch die leere Speicherstadt, das Blut rauschte in ihren Ohren, ihr Atem ging stoßweise, doch sie verlangsamte ihren Lauf erst, als das U-Bahn-Schild Baumwall vor ihr auftauchte.
    Als sie zu Hause ankam, hatte sich ihr Pulsschlag beruhigt. Die Kommissarin ließ sich ein Schaumbad ein und sank dann in das heiße Wasser. Sie schloss die Augen und sog den süßlichen Honigduft ein.
    Was war mit diesem Mann los? Er machte sie neugierig und zog sie an, aber er beunruhigte sie auch, und nun fühlte sie Furcht. War er gefährlich? Ihre wirren Gedanken tanzten unruhig über dem duftenden Schaum, doch auch nachdem sie sich abgetrocknet hatte und in ihrem Schlafanzug unter der Bettdecke lag, hatte sie noch keine Antworten auf ihre vielen Fragen gefunden. Sie zog das Buch heran, das er ihr geschenkt hatte, und vertiefte sich in die Bilder.
    Warum hatte er ihr dieses Buch geschenkt? Nur weil sie es bewundert hatte? Weil sie beide den Coppola-Film mochten? Oder steckte etwas ganz anderes dahinter? Sollte dies eine Warnung sein? Hegte er blutrünstige Gedanken und war bereit, seine Gewaltfantasien auszuleben? Konnte sie Thomas um Rat bitten oder Sönke ins Vertrauen ziehen? Doch was sollte sie ihnen erzählen? Mussten die Kollegen sie nicht für verrückt halten, dass sie Dinge sah und hörte, die es nicht geben konnte und Stunden plötzlich aus ihrem Gedächtnis verschwanden? Sollte sie lieber zu einem Arzt gehen? Einen Psychiater aufsuchen?
    Langsam blätterte sie das Buch durch. Wieder fühlte sie sich seltsam fasziniert und in einen Bann gezogen, den sie sich nicht erklären konnte. Immer wieder sah sie sich die Bilder an, bis die Linien verschwammen und die Farben verblassten und die Erschöpfung sie auf die andere Seite der Traumwelt zog.
     

Der Entführer
    In gedrückter Stimmung fuhr die Kommissarin am nächsten Morgen ins Präsidium. Sönke war schon da und verglich gerade die Lottozahlen vom Samstag mit seinem zerknitterten Beleg, als Sabine eintrat.
    „Anscheinend gibt es Nacktfotos von Lilly Maas, und damit meine ich keine Familienbilder vom Strand!"
    Sönke knüllte den Lottoschein zusammen, warf ihn in den Papierkorb und lehnte sich dann auf seinem Schreibtischstuhl zurück.
    „Wer sagt das?"
    „Nadine Horvac. Sie hat die Bilder in Ronjas Wohnung gesehen -irgendwann im September, sagt sie."
    Sönke schob die Unterlippe vor wie immer, wenn er angestrengt nachdachte. „Angenommen, die Fotos existieren, dann ist doch die Frage, ob sie mit Wissen oder gar Unterstützung der Mutter aufgenommen wurden..."
    „...oder ob sie es erst hinterher erfahren hat", ergänzte Sabine.
    Die Kommissarin ging hinüber in die Asservatenkammer, holte den Karton mit Ronjas Sachen und blätterte das Adressbuch und den Kalender noch einmal sorgfältig durch.
    „Nach was suchst du?", fragte Sönke.
    „Nach einem Hausarzt oder Kinderarzt, irgendjemand, der mir

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