Der Duft des Blutes
outen."
Die Kommissarin seufzte. „Daran habe ich auch schon gedacht. Ich habe ihn direkt gefragt, ob er schwul ist, doch das hat er abgestritten."
„Wie taktvoll!", lästerte der Kriminalobermeister. „Aber auch das wäre nicht strafbar -für dich allerdings, sagen wir, unerfreulich."
„So ein Quatsch! Warum denn das?", fauchte die Kommissarin, doch ehe Sönke darauf reagieren konnte, kam Björn Magnus hereinspaziert, eine braune Umlaufmappe in der Hand.
„Ich bin auf dem Weg zu Uwe und Klaus, und da dachte ich mir, ich bringe dir deine Post aus dem Fach mit." Mit einer übertriebenen Verbeugung überreichte er Sabine die Mappe.
„Was ist das?", fragte sie und zog einen DIN-A5-Umschlag heraus.
Björn zuckte die Schultern. „Woher soll ich das wissen? Ich guck doch nicht in deine Post rein!"
Die Kommissarin öffnete den Umschlag und schüttelte ein Dutzend Fotos heraus: Ronjas bleicher Körper aus verschiedenen Blickwinkeln, Großaufnahmen von ihrem Gesicht und den Würgemalen am Hals.
„Aber das sind doch die Bilder, die du am Tatort gemacht hast. Ich habe sie nicht bestellt." Achtlos blätterte sie die Fotos durch.
Björn beugte sich nach vorn, um noch einmal einen genaueren Blick darauf zu werfen, doch plötzlich sog er scharf die Luft ein.
„Was ist?", fragte Sabine verwundert, doch dann sah sie es auch.
„Mein Gott!", stöhnte sie und hob die Fotografie näher ins Licht. „Wie kann das sein?" Fassungslos schüttelte sie den Kopf. Sönke erhob sich und kam um den Tisch herum, um ebenfalls einen Blick auf die Fotos zu werfen.
„Das ist aber keines von meinen Bildern!", stotterte Björn, der ganz weiß im Gesicht geworden war.
„Ja, aber wie ist das zwischen die anderen gekommen?", wunderte sich Sönke. „Ich denke, wir sollten Thomas und die anderen holen."
Sabine nickte. „Ja, das denke ich auch."
Als das ganze Team der 4. Mordbereitschaft versammelt war, berichtete die Kommissarin kurz, wie der Polizeifotograf ihr die an sie adressierte Umlaufmappe mitgebracht hatte, in der sie einen Umschlag mit Tatortfotos von Ronja fand.
„Ich wunderte mich, denn ich hatte die Fotos nicht angefordert, doch dann entdeckte ich das!"
Als Erstes ließ Sabine eines von Björns Tatortbildern herumgehen. „Achtet auf die Totenflecken an der Seite und auf das Haar! Seht euch die Fraßspuren am Halsansatz an!"
Dann zeigte sie den anderen das Foto, das sie inzwischen in eine Klarsichthülle gesteckt hatte.
„Keine Leichenfäulnis, keine Bissspuren, und das Haar ist trocken", fasste Hauptkommissar Ohlendori zusammen. „Ich bin zwar kein Arzt, doch ich könnte schwören, als dieses Foto aufgenommen wurde, war Ronja noch keine vierundzwanzig Stunden tot! Wir müssen das natürlich noch überprüfen lassen."
„Gut, gut", warf Klaus Gerret ein, „er hat sie erwürgt, in den Sumpf geschleppt und noch ein Abschiedsfoto von ihr geschossen. Ist halt ein sentimentaler Kerl, unser Würger. Was mich allerdings brennend interessiert: Wie kommt das Foto in diese Umlaufmappe?"
Eine Weile redeten alle durcheinander, stellten Vermutungen an und machten Vorschläge, wie es nun weitergehen sollte. In all dem Trubel ging das Läuten von Sabines Telefon fast unter. Es klingelte achtmal, bis die Kommissarin abhob.
„LKA 41, Berner."
„Hallo, sind Sie an einem Kind interessiert?", fragte eine offensichüich verfremdete Stimme.
„Wie meinen Sie das? Was für ein Kind?" Die Kommissarin winkte den anderen zu und legte dann den Zeigefinger an die Lippen.
„Ein kleines, schnuckeliges Mädchen namens Lilly!"
Schnell drückte sie auf die Lautsprechertaste, sodass die quäkende Stimme des Anrufers das Büro erfüllte.
„Was ist mit dem Kind?", fragte sie, um den Anruf hinauszuzögern.
„Ihr könnt es haben. Kostet euch nur eine Million gebrauchte, kleine Scheine!"
Hauptkommissar Ohlendorf stahl sich ins Nebenzimmer, um in der Technik anzurufen.
„So einfach geht das nicht", hielt Sabine den Anrufer hin. „Erst müssen Sie mich mit dem Mädchen sprechen lassen, damit wir uns vergewissern können, dass es ihm gut geht."
„Vergessen Sie's! Sie bekommen Ihre Anweisungen!" Dann legte er auf.
„Und? Haben wir ihn?", rief Sabine aufgeregt.
„Ein Handy -ich brauche die Funkzelle -schnell!" Es kam den Leuten von der 4. Mordbereitschaft wie eine Ewigkeit vor. Endlich rief Thomas Ohlendorf: „Das ist drüben auf dem Kiez! Ja, schicken Sie Ihre Leute raus, aber ein bisschen plötzlich!- Und ich will das Band -ja,
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