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Der Duft des Bösen

Der Duft des Bösen

Titel: Der Duft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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würdest.«
    Er sich um sie kümmern? Mit dreizehn? Und doch blieb er. Endlich schlief Douglas Gibbons ein. Jeremy sollte ihn nie Wiedersehen. Er sah Tess an und sie ihn. Beide nickten gleichzeitig. Er lächelte nicht. Wegen der Zahnspange presste er die Lippen aufeinander. Und was das Heimbringen betraf, so war sie es, die ihn mit in ihr Haus nahm, denn sie hatte ein Auto dabei. Sie wohnte in einem Haus am Stadtrand, das er insgeheim als »mieses Häuschen« bezeichnete. Er war ein Snob, wie es die meisten Kinder auf die eine oder andere Art sind.
    Drinnen fragte sie ihn, ob er Tee oder Kaffee haben wolle, aber als sie die Getränke holte, brachte sie Sherry, duftenden braunen süßen Sherry, den er noch nie probiert hatte. Er stieg ihm sofort zu Kopf. Erst jetzt fielen ihm ihre Beine richtig auf; sie waren etwas ganz anderes als Männerbeine. Ebenso ihre Brüste, die er fast furchtsam zur Kenntnis nahm – auch so etwas hatte kein Mann. Dann unterhielt sie sich mit ihm. Erst in späteren Jahren begriff er, dass sie dies nicht hätte tun sollen, nicht auf diese Art. Es war, als hätte sie vergessen, dass Douglas Gibbons, ihr Geliebter, sein Vater war und dass er von ihr zu Douglas Gibbons’ Frau zurückkehren würde, zu seiner Mutter. Sie seien leidenschaftlich ineinander verliebt, erzählte sie ihm. Wenn sein Vater nicht krank geworden wäre, hätte er für sie sein Zuhause verlassen. Nur leicht verbrämt erwähnte sie ihre wunderbaren Liebesspiele. Wieder war er verlegen, aber auch noch etwas anderes. Diese Anspielungen auf den Liebesakt erregten ihn.
    Eine Weile später hatte sie den zweiten Sherry getrunken und meinte, sie müsse nach oben und sich umziehen. Ihr Rock sei zu eng und ihre Schuhe drückten. Lange blieb sie weg. Allmählich wusste er nicht mehr recht, was er tun sollte – nach Hause gehen oder laut nach ihr rufen? Vielleicht war sie ja eingeschlafen. Da rief sie ihm zu: »Komm doch mal eine Minute herauf, ja?«
    Ihr ganzes Schlafzimmer duftete. Nach diesem Parfüm. Während er die üppige Süße roch, wurde ihm klar, dass dieser Geruch auch schon von ihr aufgestiegen war, als sie ans Bett seines Vaters getreten war und sich neben ihn gekniet hatte. Sie lag im Bett und hatte eine Steppdecke bis zum Kinn hochgezogen. »Ich war so müde«, sagte sie. »Ich war ziemlich fertig.«
    Er stand neben ihr. Sie griff nach seiner Hand. Als sie sich aufsetzte, rutschte die Decke von ihren Schultern und gab ihre nackten Brüste frei. Plötzlich wurden sein Gesicht und sein Hals ganz heiß, und er wusste, dass er knallrot geworden war. Obwohl er nicht wagte, ihre Brüste direkt anzusehen, war es ihm unmöglich, seinen Blick davon loszureißen.
    »Du wirst bei mir bleiben, nicht wahr?«, sagte sie. »Ich bin so einsam. Jetzt werde ich für immer einsam sein.« Damit meinte sie, wenn sein Vater tot war, aber nicht einmal diese Worte konnten ihn abkühlen. »Du siehst Douglas sehr ähnlich. In seiner Jugend muss er genauso ausgesehen haben wie du. Bis auf diese schreckliche Zahnspange.«
    Errötend nickte er und kniff die Lippen ganz fest zusammen.
    »Ich hätte einen Wunsch«, meinte sie. »Komm doch zu mir ins Bett, und halt mich fest. Nur ein bisschen. Machst du das?«
    Er war so unreif und naiv, dass er dachte, er solle so zu ihr kommen, wie er da stand: mit grauer Hose, grün kariertem Hemd und Schulblazer. Er malte sich aus, wie es sich wohl anfühlen würde, wenn sich ihre Brüste durch sämtliche Stofflagen hindurch an ihn pressten.
    »Ach, Schatz«, sagte sie in einem Ton, den sie wohl früher auch bei seinem Vater eingesetzt hatte, »zieh dich doch aus.« Sie kicherte. »Ich werde auch nicht hinsehen.«
    Die ganze Situation war lächerlich, jedenfalls kam es ihm im Nachhinein so vor. Er begab sich hinter den Spiegel an der Frisierkommode, zog sich aus und bedeckte sich mit ihrem Morgenmantel, der über einem Stuhl lag, dem er sich rückwärts näherte. Er glaubte immer noch, sie wolle nur, dass er sie in den Armen hielt und tröstend knuddelte, und schämte sich für seinen erigierten Penis, den der dünne Stoff kaum verbarg. Sie legte die Hand über die Augen, er lief zum Bett und legte sich neben sie.
    Sie begann, seinen Körper auf eine Weise zu streicheln, hinter der er später reichlich Erfahrung vermutete. Sie berührte seinen Penis, hielt ihn fest und sagte, er sei reizend. So hatte Jeremy noch nie jemanden geküsst. Jetzt entdeckte er, dass Küssen eine Sensation war, viel mehr als nur das

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