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Der Duft des Bösen

Der Duft des Bösen

Titel: Der Duft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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Feuerzeug, die Schmuckuhr und die Ohrringe aus der Tischschublade auf dem Dachgarten und legte sie in den Safe. Erst nach einer Weile klappte er die Tür zu. War es nicht töricht, das alles überhaupt zu behalten? Und doch musste er ein gewisses Risiko eingehen, redete er sich ein. Irgendetwas musste er doch davon haben. Der Ausdruck »ein bisschen Spaß« wäre lächerlich und würde seinen Gefühlen nicht gerecht. Da er nun einmal mit diesem beinahe krankhaften Zwang geschlagen war, musste er ein spielerisches Element einbauen, ein Puzzle, ein Rätsel. Andernfalls könnte er genauso gut jetzt Selbstmord begehen, dachte er manchmal grimmig. Schon oft hatte er dies, wenn er an einem Tiefpunkt angelangt war, in Betracht gezogen und sich überlegt, dass er damit die Welt und ihre Frauen von einer tödlichen Bedrohung befreien würde. Aber Alexander wollte nicht sterben, noch nicht, obwohl er oft im eigenen Tod den einzig möglichen Ausweg sah. Er hatte nur einen Wunsch: Jeremy sollte sterben.
    Eine Zahl für den Safe, eine Kombination. Weder der Geburtstag seiner Mutter noch deren Hausnummer in Verbindung mit ihrer Postleitzahl. Die Geburtstage seiner Frau und seiner Freundin fielen ihm nicht mehr ein. Am besten wäre es, ein Datum zu finden, das nur für ihn eine Bedeutung hatte, oder eines, das völlig aus der Luft gegriffen war. 1986 war für ihn ein gutes Jahr gewesen. Damals hatte er sein Diplom bekommen, war von Hendon zu seiner ersten Adresse in Chelsea umgezogen, in die King’s Road, hatte seinen alten Austin ausgemustert und sich den ersten Neuwagen gekauft, einen blauen VW. Im März war das gewesen, daran konnte er sich erinnern, allerdings nicht an den Tag. Das war unwichtig. Nehmen wir einfach den Dritten, das würde genügen. Er tippte 3386 in den Safe, dann schlug er die zweite Seite seines Adressbuchs auf. Neben dem Eintrag King, Austin, notierte er eine scheinbare Telefonnummer: 02076363386. Um das Ganze noch überzeugender zu gestalten, fügte er eine fiktive E-Mail-Adresse hinzu: [email protected] .
    Mit dem Geld, das Alexander damals allmählich gescheffelt hatte, konnte er alles machen, überall hinfahren und sich fast jeden Wunsch erfüllen. Was er auch getan hatte. Wunderbare Ferien im Ausland, teure Theaterplätze, wunderschön möblierte Wohnungen, eine Garderobe vom Feinsten und der Grundstein zu einer edlen Sammlung von Erstausgaben. Dann hatte er Jeremy, den Mädchenmörder, als eine Projektion seiner selbst erschaffen. Auf dem Höhepunkt von Zufriedenheit und Überfluss hatte er begonnen, Mädchen umzubringen. Fünf hatte er getötet. Wie manchmal schon traf ihn die Ungeheuerlichkeit dieser Tatsache wie ein Schlag. Diese Tat war so gefährlich, so gravierend und bewegte sich so völlig jenseits des Üblichen, dass man vor nicht allzu langer Zeit Menschen deshalb gehängt hatte. In den Vereinigten Staaten wurden Männer und Frauen dafür immer noch gehängt, vergast, auf den elektrischen Stuhl gesetzt, erschossen oder mit einer Spritze getötet. Und doch empfand er beim Gedanken an diese ermordeten Mädchen, bei der Betrachtung jedes Einzelfalles nicht mehr Nervenkitzel als damals, vor, während oder nach der Tat. Es hatte sich lediglich um etwas gehandelt, das Jeremy hatte tun müssen. Dann begriff er etwas, was ihm zuvor noch nie richtig aufgefallen war: Das Gefühl, das er nach vollbrachter Tat empfand, entsprach exakt demjenigen nach einem Geschlechtsverkehr – Erleichterung. Nichts weiter, schlicht und einfach Erleichterung. Und doch verlor er die ganze Zeit nie so weit den Bezug zur Realität, dass er geglaubt hätte, tatsächlich aus zwei Personen zu bestehen, aus einem Mörder und einem Unschuldigen. Es gab nur einen.
     
    Finlay Zulueta war ehrgeizig. Bisher war er in seiner Karriere gut vorangekommen. Er hatte sich zum Ziel gesetzt, noch vor seinem dreißigsten Lebensjahr Detective Inspector zu werden. Wie sagte Crippen immer? Dafür gäbe es nur eine Voraussetzung: hart zu arbeiten und am geringsten Zweifel so lange herumzunagen wie ein Sealyham an einem Knochen. (Offensichtlich züchtete die Frau des Inspectors Sealyhams, und der aus Goa stammende Zulueta musste erst lernen, dass es sich dabei um kleine weiße Terrier handelte.) In seinen Augen, wie in denen jedes heißblütigen Mannes, war Zeinab eine gut aussehende Frau. Eine Lügnerin war sie trotzdem, die mehr als nagende Zweifel hervorrief. Durch und durch verlogen war sie, das hatte ihm irgendetwas an ihrem Verhalten

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