Der Duft des Bösen
Liebling. Wir sehen uns dann heute Abend.«
»Es ist das erste Mal, dass ich dich eines seiner Geschenke tragen sehe«, bemerkte Inez. »Bis auf deinen Verlobungsring. Verrate mir doch mal was: Als ich bei deiner Mutter anrief, warst du anscheinend nicht da, und sie meinte, sie würde später zu dir rüber gehen. Was hat sie damit gemeint?«
Doch Zeinab hatte erstmals Freddy in seinem braunen Arbeitsmantel erblickt. Er stand hinter Inez’ Schreibtisch und war in Betrachtung des Ausgabenbuches versunken. »Was macht denn der hier?«
Freddy sah auf und sagte würdevoll, wobei er leider die Metaphern unglücklich verquickte: »Da Sie so krank waren, saß Inez in einem Loch, in das ich gesprungen bin.«
Inez, die nur mühsam das Lachen unterdrücken konnte, meinte: »Freddy hat mir während deiner Abwesenheit ausgeholfen, das ist alles.«
»Alles! Ich habe den Eindruck, als hätten sich da ein paar Leute verschworen, anderen den Job wegzunehmen. Das nenne ich einen ausgewachsenen hinterhältigen Trick.«
Vermutlich hatte Freddy derzeit ein leichteres Leben als je, seit er im jugendlichen Alter Barbados verlassen hatte. Seitdem waren Mittellosigkeit, rassistische Beleidigungen, Einsamkeit, herzlose Entlassungen und abgrundtiefe Verachtung seine ständigen Begleiter gewesen. Aber nicht einmal das hatte sein von Natur aus liebenswürdiges Gemüt beschädigt. Nur eines hatte es ihn gelehrt: Wie man kämpft und mit gleicher Münze herausgibt, im guten wie im schlechten Sinne. »Und dann gibt es ein paar Leute«, sagte er, »die würden für einen Scheck ihren eigenen Großvater verkaufen. Ein Job ist das Letzte, was die brauchen, wo sie doch die Geschenke derselben Großväter für mehr Knete verscheuern, als sie an allen Tagen verdienen.«
»Wag es nicht, mit mir in so einem Ton zu reden!«
»Eine Nutte, das bist du, und noch nicht mal eine ehrliche.«
»Seid still«, sagte Inez in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. »Seid still, alle beide. Ich werde nicht dulden, dass ihr euch hier drinnen zankt.« Rebellisch starrten sie sie an, blieben aber stumm. »Freddy, vielen Dank für Ihre Hilfe, aber jetzt ist Zeinab wieder da, und Sie wissen, dass Sie hier nur während ihrer Abwesenheit gearbeitet haben. Ludmilla wird sich sicher freuen, Sie wieder bei sich zu haben.«
Langsam zog Freddy seinen Mantel aus und faltete ihn zusammen. »Zuerst werde ich drunten bei Ranoush Jurce mit meinem Freund ein Glas zur Erfrischung trinken. Hoffentlich, Inez, werden Sie es nicht noch mal bedauern, dass Sie so eine wieder genommen haben. Ich und Ludo würden es nur ungern sehen, wenn Ihr Geschäft durch eine kriminelle Verkäuferin Schaden leidet.«
»Wenn’s nach mir ginge, würdest du samt deiner russischen Kuh auf der Straße sitzen«, brüllte Zeinab, während sich die Tür hinter ihm schloss. »Mit Kriminellen müsstest du dich ja auskennen, so wie du die Stütze betrügst!«
Seit Wochen hatte Inez nicht mehr geseufzt, jetzt tat sie es. Bis zu dem Tumult wegen Freddy hatte sie eigentlich nachfragen wollen, wo denn Zeinab genau wohnte und bei wem. Die Aussicht auf noch mehr Lügen und Ausflüchte entmutigte sie jedoch. »Ich sollte dich besser daran erinnern« – als ob das bei diesem Mädchen nötig wäre –, »dass am Montag Frühlingsfeiertag ist. Morgen werden wir selbstverständlich wie gewohnt geöffnet haben. Also«, fügte sie hinzu, sie konnte es sich nicht verkneifen, »bitte, keine Abwesenheit mehr wegen Brautkleidanproben.«
»Ach, Inez, ist das fair?« Zeinab gelang es tatsächlich, scheinbar den Tränen nahe zu sein. »Solche Sachen habe ich sonst doch immer in meiner Freizeit erledigt oder wenn ich krank war. Stimmt’s?«
Inez gab auf. Sie sah ein, dass es wichtigere Diskussionsthemen gab. Die Ladentür hatte sich geöffnet, und eben kam der Uhrenkäufer herein, der zusammen mit zwei Freunden den Gegenstand der Reklamation trug. Mit einem lauten Plumps setzten sie ihn vor dem Schreibtisch ab, woraufhin es kräftig läutete. Der Form halber diskutierte Inez mit ihm ein wenig, aber letztlich war es doch einfacher, ihm sein Geld wiederzugeben. Nächste Woche würde sie mit Freddy noch ein Hühnchen zu rupfen haben.
Zeinab stand vor ihrem Lieblingsspiegel und malte ihre Lider nach. »Versprochen, Inez, ich werde nicht länger als genau eine Stunde weg sein, aber ich habe gesagt, dass ich mich mit Rowley zum Lunch treffe. Nur im Caffè Uno, versprochen.«
»Lass ihn lieber nicht sehen, dass du Mortons
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