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Der Duft des Bösen

Der Duft des Bösen

Titel: Der Duft des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ruth Rendell
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Geschenk trägst.«
    »Nein, werde ich nicht. Trotzdem, schade, ich liebe dieses Stück einfach.«
    Am Vormittag waren sie beschäftigt, und als Inez sie das nächste Mal ansah, hatte sie den Anhänger abgelegt.
     
    Becky hatte ihm etwas über ihre Beziehung zu Will erzählt. Sie hatte nur einen Wunsch: Einen Menschen, mit dem sie darüber sprechen konnte, einen Menschen, dem sie von Will und seiner Kindheit und ihren Schuldgefühlen erzählen konnte, ein Ohr, das ihr zuhörte, auch wenn es sich dabei nach fünf Minuten langweilte. Den Anflug von Ungeduld in seiner Stimme hätte sie schon viel früher erkennen können.
    »Er ist hier, bei mir«, sagte sie zum Schluss, »und ich sehe keine Chance, dass er irgendwo anders hingeht. Trotzdem komme ich mir schon beim Gedanken daran ziemlich mies vor. Weißt du, ich liebe ihn, und er tut mir so Leid. Und irgendwie spüre ich, dass das alles meine Schuld ist. Ich weiß, ich sollte dich da nicht hineinziehen. Wenn du willst, sag einfach, dass du mich nicht wiedersehen möchtest, und ich werde es verstehen.«
    »Ich dachte, ich könnte morgen zu dir kommen«, sagte er. »Vielleicht nachmittags, gegen drei?«
    Das war gestern Abend gewesen. Es hatte sie ziemlich aufgeheitert. Auch wenn ihn das Zusammensein mit Will abschrecken würde, blieben ihr als Trost immer noch sein Anruf und seine Worte. Einmal hatte sie ein paar Zeilen gelesen, die ihr nun wieder in den Sinn kamen: Zwei ist nicht zwei mal eins, zwei ist zweitausend mal eins … Deshalb würde die Welt immer zur Monogamie zurückkehren, hatte es im weiteren Verlauf geheißen. Für Monogamie hatte sie keine besondere Vorliebe, und an einer Ehe lag ihr definitiv nichts, doch die Aussicht, einen einzigen Samstagnachmittag zu zweit zu sein, war so verlockend, dass sie beruhigt die ganze Nacht durchschlief, ohne aufzuwachen.
     
    »Machst du mit deiner Freundin übers Wochenende einen netten Ausflug?«, erkundigte sich Anwar, der sich elegant auf einem Barhocker niedergelassen hatte.
    Freddy, der neben ihm saß und ungefähr doppelt so schwer war, hatte deutlich mehr Mühe, sein Gleichgewicht zu halten. »Wir haben uns ein Wochenende in einem Fünf-Sterne-Hotel gegönnt, in Torquay. Es soll dort sehr entspannend sein, hat man mir gesagt.«
    »Kommt darauf an, was man unter Entspannung versteht.« Anwar legte eine ernste Miene auf und sagte tugendhaft: » Mir wurde gesagt, dass es als der Hauptumschlagplatz für Kokain in Westeuropa gilt. Wann kommt ihr denn wieder?«
    »Montagnacht.« Für weitere Fragen war Anwar viel zu raffiniert, aber Freddy erzählte ihm alles auch ungefragt. »Inez fährt tagsüber zu ihrer Schwester, der reiche Knacker von oben wird bei seiner Mutter sein, und der arme Will hockt bei seinem Tantchen.«
    »Warum ›der arme‹?«
    Mit einer eindeutigen Geste tippte sich Freddy stumm mit zwei Fingern an die Schläfe. »Den hat die Polente verdroschen, und jetzt kann er nicht reden.«
    »Ach, wirklich?« Anwar war nicht interessiert.
    »Und was machst du übers Wochenende?«
    »Wie immer«, sagte Anwar und fuhr dann lammfromm fort: »Ich werde mit Mama und Papa in den Tempel gehen, und danach gibt’s in Neasden eine Familienhochzeit. Alles schon gebongt.«
    »Der weiße Van da, der zu wissenschaftlichen Zwecken nicht gewaschen werden darf – weißt du, welchen ich meine?«
    Anwar, der sehr wohl Bescheid wusste, meinte, ihm sei er nicht aufgefallen. Ob Freddy noch einen Mangosaft wolle?
    »Ja, bitte, sehr erfrischend. Der steht wieder vor dem Laden, dieser Van, und ich habe mir gedacht – weißt du, was ich mir gedacht habe?« Anwar schüttelte den Kopf und bestellte noch zwei Säfte. »Nun, ich habe mir gedacht, wenn hier irgendwas Kriminelles abläuft, ein Überfall, oder wenn einer einem Mädchen das Handy klaut, dann gibt’s sicher einen Zeugen, der aussagt, er hätte diesen schmutzigen Van mit einem Zettel hinten drin gesehen, dass man den nicht waschen darf. Und dann wäre die Polente da, bevor du auch nur ›Autowaschanlage‹ sagen könntest.« Freddy kicherte über seinen eigenen Witz.
    »Vielleicht«, sagte Anwar. »Keine Ahnung.« Er schaute auf seine Rolex. »Muss weg. Treff ’nen Mann wegen seinem Van.«
    Freddy lachte. »Willst du deinen Mangosaft nicht?«
    »Trink du ihn«, meinte Anwar, was Freddy auch tat.
    Anwar machte sich auf den Rückweg zur Star Street, wo er im Erdgeschoss eines Hauses klingelte, das seit den achtziger Jahren als besetztes Haus verschrien war. Keefer läge

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