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Der Duft des Jacaranda-Baums (German Edition)

Der Duft des Jacaranda-Baums (German Edition)

Titel: Der Duft des Jacaranda-Baums (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christin Busch
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Entsetzen sorgte dafür, dass sie nichts um sich herum wahrnahm. Sie hatte einfach nicht begreifen können, was ihr gerade passiert war. Dabei hatte sie etwa zwei Stunden zuvor überglücklich erfahren, dass es mit ihrer neuen Stelle als Lehrerin an der von ihr favorisierten Schule klappe. Spontan war sie losgefahren, um Wolf, den Mann, den sie liebte, mit der Nachricht zu überraschen und ihn zum Essen in die Stadt einzuladen. Energisch hatte sie zunächst der Versuchung widerstanden, ihn gleich anzurufen. Sie wollte es ihm lieber persönlich sagen. Unterwegs gelang es ihr kaum, ihrer guten Laune Herr zu werden, und sie hatte begeistert ihren Lieblingssong, der aus dem Autoradio schallte, mitgesungen. Es schien zu ihrer Glückssträhne zu passen, dass sie sofort eine Parklücke fand, die ihr den Blick auf den Haupteingang der Bank und das daneben liegende Parkhaus ermöglichte. Auf diese Weise würde sie ihn gleich entdecken und von seinem Squash-Training abhalten können. Zufrieden schmunzelte sie vor sich hin. Sie verspürte immer eine gewisse Scheu, die hohe Marmorhalle zu durchqueren und sich am Empfang anzumelden. Die offen gezeigte vornehm-gediegene Atmosphäre repräsentierte deutlich die Geschäftswelt des großen Bankhauses, die so weit von ihrem legeren Lehreralltag entfernt war, dass sie ab und zu so etwas wie Berührungsängste verspürte.
    Sie hatte nicht lange warten müssen, bis sie Wolfs dunklen BMW aus dem Parkhaus kommen sah. Lächelnd griff sie nach ihrer Handtasche auf dem Beifahrersitz und wollte gerade aussteigen, als sie eine junge dunkelhaarige Frau in einem hellgrauen Kostüm auf den BMW zulaufen sah. Einigermaßen erstaunt hielt sie inne und beobachtete mit einem Anflug von Bewunderung das Tempo, das die Frau trotz ihrer hochhackigen Pumps vorlegte. Immer noch arglos, sah Sarah zu, wie sie einstieg – und erstarrte Sekunden später, als ebendiese Frau die Arme um Wolfs Hals schlang und ihn leidenschaftlich küsste. Er erwiderte ihren Kuss und strich ihr zärtlich eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie schienen sehr vertraut miteinander, und Sarah erkannte bei beiden glücklich lächelnde Mienen, als der Wagen nun an ihr vorbeizog. Wie betäubt saß sie in ihrem Auto und starrte über das Lenkrad hinweg nach draußen. Sie wusste nicht, wie viel Zeit vergangen war, bis sie endlich den Zündschlüssel drehte und nach Hause fuhr. Nach Hause. Ihr Zuhause war auch Wolfs Zuhause. Mit kalten Fingern umklammerte sie das Lenkrad, während verschiedene Szenen aus Filmen oder Romanen in ihr aufstiegen. Sie alle begannen mit dem bereits lächerlich wirkenden Satz: »Schatz, ich kann es dir erklären ...« Fahrig wischte sie sich mit dem Handrücken eine Träne weg. Hier gab es nichts mehr zu erklären, so viel stand fest. Sie sah auf die Uhr, und Panik ergriff sie. Um nichts in der Welt wollte sie jetzt mit ihm zusammentreffen. Weg. Sie wollte nur weg. Während sie vor der Haustür einparkte, überlegte sie fieberhaft. Sie hatte mindestens noch eine gute Stunde Zeit, bevor er heimkäme – vom Squash-Training. Sie schluckte bitter und griff nach ihrer Handtasche. Das musste reichen, um zu packen.
    Sarah riss sich aus ihren Erinnerungen, stand vorsichtig auf und trat ans Fenster. Es war inzwischen dunkel geworden. Die Wege des Klinikinnenhofs waren gut beleuchtet, obwohl man von den bepflanzten Beeten mittlerweile nichts mehr erkennen konnte. Schade. Sarah lehnte die Stirn gegen die kühle Fensterscheibe. Die Andersartigkeit der australischen Vegetation gab ihr das tröstliche Gefühl, weit weg von ihrem ursprünglichen Problem zu sein. Sie wandte sich um. Ihr Blick fiel auf das Buch, das Oliver ihr mitgebracht hatte. Sie lächelte. Australiens Süden würde ihr vielleicht doch noch durch diesen Abend helfen.

10
    Z wei Wochen später nahm Sarah ein wenig unsicher in Olivers Auto Platz. Trotz dieser Verlegenheit war sie mehr als froh, Warren Creek verlassen zu können. Die Zeit im Krankenhaus war ihr endlos vorgekommen, und im Ort hatte es viel Gerede gegeben. Zuerst war sie nur »die Deutsche mit dem Selbstmordversuch« gewesen, später hatten die Leute wegen Olivers Besuchen bei ihr begonnen zu tuscheln. Sarah seufzte leise. Sie beneidete alle Menschen, denen es egal war, was andere über sie dachten. Diese Fähigkeit hatte sie nie besessen, und das hatte ihr das Leben oft auch schwer gemacht.
    Oliver warf ihr einen Seitenblick zu und grinste.
    »Na, du bist wohl froh, von hier wegzukommen, was?«

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