Der Duft des Jacaranda-Baums (German Edition)
ihre Augen glänzten, als sie mit Oliver in der kleinen Hotelbar saß, um sich nach der Pinguin-Aktion bei einem Drink aufzuwärmen.
Oliver sah sie fragend an. »Müde?«
Sarah nickte. »Ja, schon. Aber es war ein unglaublich schöner Tag. Ich bin froh, dass wir hier sind.«
Oliver schien sehr zufrieden.
Am nächsten Morgen machten sie sich auf den Weg zum Cape du Coedic, wo sie den Leuchtturm besichtigten, der seit beinahe einem Jahrhundert den Küstenschiffen draußen auf dem Meer eine wichtige Navigationshilfe gab. Nachdenklich betrachtete Sarah die mächtige Brandung unter sich. Immer wieder beeindruckte sie die stürmische Naturgewalt aus Wind und See, die selbst riesige Felsen hartnäckig nach ihrem Willen formte und schliff, auch wenn es Jahrhunderte oder gar Jahrtausende dauerte.
Oliver stand neben ihr und ließ ebenfalls den Blick schweifen. »Weißt du, wie die Aborigines diese Insel nannten? Karta. Das soll so viel wie Insel der Toten bedeuten.«
Sarah fröstelte unwillkürlich, weil sie an so etwas wie eine Beerdigungsstätte dachte. »Gibt es noch viele Aborigines hier?«
Oliver schüttelte den Kopf. »Nach dem, was ich gelesen habe, ist es bis heute ungeklärt, warum sie die Insel längst verlassen hatten, als die ersten Europäer auf Kangaroo Island anlandeten. Man fand hier Artefakte der Ureinwohner, die auf ein Alter von bis zu dreißigtausend Jahren geschätzt werden.«
Eine Weile hingen beide ihren Gedanken nach, bevor Oliver vorschlug, weiterzufahren. Schon kurze Zeit später zeigte er ihr eine andere Attraktion der Insel – Admirals Arch. Sarah schauderte ein wenig, als sie den etwa zwanzig Meter hohen Bogen sah, der sich wie ein riesiges Maul mit spitzen Zähnen über die Brandung spannte und auf Beute zu lauern schien – in Wirklichkeit jedoch nichts anderes war als eine grandiose Naturbrücke. Eine Weile sahen sie still zu, wie sich die stürmischen Wellen an den Felsen brachen. Plötzlich deutete Oliver lebhaft unter den Bogen. »Da!«
Voller Freude konnte Sarah ein paar Pelzrobben beobachten, die die unter Admirals Arch liegenden flachen Felsen in der Brandung als Ruheplatz nutzten. Nach etwa einer halben Stunde erhob sich Oliver von einem Steinbrocken. »Bist du bereit für die Remarkable Rocks?« Er grinste. »Ohne diese Granitfelsen gesehen zu haben, kann ich dich nämlich nicht von der Insel lassen.«
Schließlich stand Sarah aufs Neue beeindruckt vor dieser Laune der Natur. Es handelte sich um riesige Felsen aus Granit, die der Wind und das Salzwasser der See zu fantastischen Formen geschliffen hatten. Je nach persönlichem Empfinden mochte man daraus Vögel, Säugetiere oder einfach moderne Skulpturen erkennen. Sarah wunderte sich über die orangefarbenen Verfärbungen auf den Felsen, doch Oliver erklärte ihr beim Näherkommen, dass sie durch Flechten hervorgerufen würden, die sich auf den Steinen festgesetzt hatten.
Am Cape Borda besuchten sie den historischen Leuchtturm, der hier seit 1858 in Betrieb ist. Oliver erzählte Sarah, dass gerade dieser Leuchtturm in seiner Architektur einzigartig sei. Rasch erkannte sie, was er mit seiner Bemerkung gemeint hatte. Das relativ unspektakuläre, sauber weiß getünchte quadratische Gebäude thronte am Rande steil zum Meer hin abstürzender Klippen, die hier eine Höhe von über einhundertfünfzig Metern erreichten. Es war aufgrund dieser außerordentlichen Lage also nicht notwendig gewesen, einen richtigen Turm zu bauen. Sie bummelten zwischen den Gebäuden umher und nahmen an einer Führung teil, in deren Verlauf sie ein kleines Museum und auch den Leuchtturm selbst besichtigen konnten.
Als Sarah spät am Abend in ihrem Hotelbett lag, hatte sie Schwierigkeiten, zur Ruhe zu kommen. Obwohl sie unendlich müde war, schien ihr Kopf noch damit beschäftigt zu sein, die ganzen Eindrücke der beiden Tage auf Kangaroo Island zu verarbeiten. Ein wenig verwirrtmusste sie sich eingestehen, wie viel Aufregung und Freude sie in den vergangenen Tagen empfunden hatte. Diese Gefühle erschienen ihr seltsam, wenn sie beklommen an ihre Verzweiflung wegen Wolf zurückdachte. Immer noch nagte diese Enttäuschung an ihr, doch empfand sie längst nicht mehr jenen scharfen Schmerz der ersten Zeit, nachdem sie erfahren hatte, dass sie nicht die einzige Frau in seinem Leben war. Unruhig warf sie sich auf die andere Seite und wühlte ihren Kopf ins Kissen. Morgen würde ihre Reise mit Oliver weitergehen. War es richtig, mit ihm nach Queensland zu
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