Der Duft des Jacaranda-Baums (German Edition)
Sarah zögerte kurz, bevor sie nickte. »Ja. Ich will nicht lügen. Es gefällt mir nicht, wie mich die Leute in den letzten Tagen angesehen haben und dann hinter meinem Rücken anfingen zu flüstern.«
»Ach Sarah, das hier ist ein kleiner Ort. Hier passiert halt nicht viel, und du hast ungewollt für Abwechslung gesorgt, auch wenn das jetzt hart klingt.«
Sarahs Augen waren starr geradeaus gerichtet. »Ja, du hast Recht, aber sie wissen doch gar nichts von mir oder von meinem Leben. Und trotzdem nehmen sie sich die Freiheit, über jedwede Vermutung zu tratschen. Sie kennen mich doch überhaupt nicht. Ich habe mich wie eine Verrückte gefühlt. Sie haben mich angesehen, als ob ich nicht richtig ticken würde.«
Oliver lachte. »Ach komm, vergiss einfach WarrenCreek. Du wirst ab jetzt Orte sehen, die dir so gut gefallen werden, dass du gar nicht mehr von hier wegwillst. Wart’s nur ab.« Er schmunzelte so selbstzufrieden, dass auch Sarah begann, sich auf die Fahrt mit ihm zu freuen, obwohl sie der Gedanke, er sei nur aus Mitleid mit ihr unterwegs, nie ganz losließ.
In Adelaide fuhren sie mit einem Boot auf dem Torrence River, und Sarah betrachtete interessiert den scheinbaren Widerspruch, an gepflegten Ufern mit Grünanlagen entlangzukommen und dahinter die moderne Hochhauskulisse der Stadt zu sehen. Oliver beobachtete sie still und freute sich insgeheim, dass es ihm immer wieder gelang, sie abzulenken und aus ihrem Schneckenhaus herauszulocken. Es gefiel ihm zu entdecken, wie Freude und Unternehmungsgeist in ihren Augen aufblitzten. Noch vor wenigen Wochen im Krankenhaus hatten sie nur Hoffnungslosigkeit und Trauer ausgestrahlt. »Weißt du, was ich dir unheimlich gerne zeigen würde?«
Sarah sah ihn zerstreut an, bevor ihr Blick wieder auf das Ufer fiel und an einem modernen, futuristisch anmutenden weißen Bau hängen blieb.
»Was ist das denn für ein Gebäude, Oliver?«
Er unterdrückte seine Ungeduld. Sie hatte gar nicht zugehört. »Das ist das Festival Centre. Es wird behauptet, dass die Akustik dort sogar die des Sydney Opera House übertrifft.« Er berührte sie kurz an der Schulter und wiederholte seine Frage. »Weißt du, was ich dir unheimlich gerne zeigen würde?«
»Was denn?«
»Das Great Barrier Reef. Es ist zwar eine Touristen-Attraktion geworden, aber es lohnt sich wirklich. Was sagst du dazu?«
Sie sah sekundenlang ratlos auf das Wasser. Zum ersten Mal hatte sie das Gefühl, dass er sich nicht aus Mitleid um sie kümmerte, denn ein Flug nach Queensland ginge nun wirklich darüber hinaus. Aber was war es dann?
»Ich ... ich weiß nicht«, antwortete sie. Ihr Blick wanderte über die Uferböschung. »Das ist ziemlich weit weg von hier. Es liegt nicht gerade auf dem Weg zu meinen Großeltern ...«
Er grinste unbekümmert. »Na und? Ich habe Urlaub, und du solltest die schönen Seiten auf diesem Kontinent entdecken und dich ein wenig erholen. Wir könnten hinfliegen, ein paar Tage dort bleiben, dann zurückfliegen und uns anschließend auf den Weg zur Farm machen.« Er schaute sie gespannt an.
Sarah überlegte einen Augenblick. »Und was ist mit deiner Tochter? Willst du sie einfach allein lassen? Und was werden deine Eltern denken, wenn du mit mir dorthin fliegst?«
Oliver schüttelte den Kopf. »Sammy ist bei mir und bei meinen Eltern aufgewachsen. Sie fühlt sich dort genauso zu Hause wie bei uns. Weißt du, nachdem wir allein dastanden, haben meine Eltern das Nachbarhaus gekauft, um immer für Sammy da sein zu können. Ich muss zugeben, dass mir das als allein erziehendem Vater oft das Leben erleichtert hat. Mit anderen Worten, sie ist dort gut aufgehoben. Ich selbst habe jahrelang keinen Urlaub mehr gemacht; sie werden es mir bestimmt gönnen. Außerdem sind es ja nur ein paar Tage. Also, was ist?«
Sarah spürte seinen erwartungsvollen Blick und nickte schließlich zustimmend. Sie könnte auch ein paar Tage später zu ihren Großeltern fahren. Die kurze Zeit mit Oliver hatte ihr gut getan. Einfühlsam und doch fröhlich hatte er ihr immer weiter in die Normalität zurückgeholfen. Sie mochte gar nicht daran denken, wie es ohne ihn weitergehen würde. Sie beschloss, diesen Zeitpunkt noch hinauszuschieben.
»Ja, ich würde das Riff gerne sehen, aber nur, wenn du auch wirklich dort hinwillst.«
Oliver strahlte. »Na klar. Sonst hätte ich es ja nicht vorgeschlagen. Ich habe schon ewig keinen Urlaub mehr gemacht.«
Noch in Adelaide kümmerte sich Oliver um die Buchung ihrer
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