Der Duft des Jacaranda-Baums (German Edition)
Frau du geworden bist. Als ich dich das letzte Mal gesehen habe, trugst du noch eine Zahnspange.«
Sarah verzog das Gesicht, sodass ihre Großmutter schmunzeln musste und sie an sich drückte.
Inzwischen war auch ihr Großvater heruntergekommen. Shane McMillan war ein wahrer Hüne, und mit seinem silberweißen Haar und den wachen braunen Augen, denen nichts zu entgehen schien, strahlte er eine natürliche Autorität aus, die kaum jemanden unbeeindruckt ließ. Er grinste erfreut, und Sarah flog in seine Arme. Sie liebte ihren Großvater und hatte im Gegensatz zu ihren Brüdern nie seine strenge Seite kennen gelernt. Vom Tag ihrer Geburt an hatte sie bei ihm so etwas wie Narrenfreiheit genossen. Erleichtert konnte sie nun feststellen, dass ihn die vergangenen Jahre kaum verändert hatten. Sie wäre heute nicht in der Verfassung gewesen, ihn alt und gebrechlich vorzufinden. Auch er begrüßte Oliver freundlich.
Plötzlich schien Heather etwas einzufallen, und sie wurde ernst. »Du wirst es kaum glauben, aber du wirst schon erwartet.«
Sarah sah sie verständnislos an. »Ja, von euch. Von dir und Großvater, nicht?«
Heather schüttelte den Kopf. »Nein. Vor ein paar Tagen haben wir Besuch bekommen, der schon ungeduldig auf dich gewartet hat.« Sie hob den Kopf und schaute zu einem Stallgebäude hinüber, aus dem gerade jemand herausgeschlendert kam. »Ah, da ist er ja.«
Sarah folgte ihrem Blick und erstarrte im selben Moment. Ihr Hals wurde eng, und sie war kaum zu verstehen. »Wolf!«
Das konnte doch nicht wahr sein. Alle Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen, und Oliver, der das bemerkthatte, griff nach ihrem Ellbogen und stellte sich dicht neben sie. Völlig arglos war Heather zum Stall geeilt und sprach jetzt mit Wolf, der sich rasch umwandte und zu ihnen herüberkam. Sarah schössen alle möglichen Gedanken durch den Kopf. Am liebsten wäre sie weggelaufen. Unwillkürlich zog sie den Ärmel ihres Sweatshirts tief über die Narben an ihrem Arm. Sie spürte Olivers Hand, die leicht über ihren Rücken strich, und sah ihn verzweifelt an.
Er nickte ihr ernst zu. »Bleib ganz ruhig, Sarah. Ich bin doch auch noch hier. Vielleicht ist es ganz gut, wenn jetzt alles geklärt wird. Du kannst schließlich nicht ewig vor ihm weglaufen.«
Sarah fühlte, wie langsam die Farbe in ihr Gesicht zurückkehrte, und erwiderte den aufmunternden Druck von Olivers Hand. Jetzt hatte Wolf sie fast erreicht. Sarah ärgerte sich darüber, wie gut er wieder einmal aussah. Die Sonne hatte ihn gebräunt und betonte sein blondes Haar. Seine blauen Augen blitzten und schienen sie festzuhalten. Selbstbewusst schenkte er Oliver keinerlei Beachtung und wollte Sarah an sich ziehen, die gerade noch rechtzeitig ihr Gesicht abwenden konnte, sodass er sie nur auf die Wange küsste. Die kühle Begrüßung schien ihn nicht weiter abzuschrecken. Er hatte auch nicht mit einem Begeisterungssturm gerechnet. Er hielt Sarahs Hand fest und sah ihr in die Augen.
»Du hast mir schrecklich gefehlt, Sarah. Warum bist du einfach so weggelaufen? Wir haben doch immer über alles reden können.«
Sarah kämpfte darum, ruhig zu bleiben. Sie entzog ihmihre Hand, wich seinem Blick aus und wies auf Oliver. »Wolf, das ist Oliver. Oliver Johnson.«
Die beiden Männer musterten sich kurz und gaben sich, eine höfliche Floskel murmelnd, die Hand. Es entstand ein unbehagliches Schweigen, in das Heather McMillan platzte.
»So, meine Lieben, wo ist denn euer Gepäck? Sicher wollt ihr euch erst einmal frisch machen, nicht wahr? Habt ihr auch Hunger?«
Sarah hatte sich ihre Reisetasche vom Rücksitz gegriffen und hakte sich bei ihrer Großmutter unter. Jede Flucht aus dieser Situation war ihr recht, so konnte sie zunächst ein wenig Zeit gewinnen, sich auf diesen Mist mit Wolf einzustellen. Gleich darauf stockte ihr jedoch der Atem, als sie erkannte, dass ihre durchaus progressive Großmutter ihr und Wolf ein hübsches gemeinsames Zimmer zugedacht hatte. Natürlich hatte er sich hier als ihr Lebensgefährte vorgestellt. Sie schloss kurz die Augen und atmete tief durch. Dann zog sie Heather in einen Nebenraum und machte die Tür zu.
»Großmutter, es tut mir Leid, dass ich hier offensichtlich alles durcheinander bringe, aber ich werde nicht mit Wolf in einem Zimmer schlafen. Er hat mich in Deutschland hintergangen, betrogen und damit unsagbar verletzt. Ich will nichts mehr mit ihm zu tun haben.« Sie betrachtete einen Moment den sprachlosen Ausdruck auf dem Gesicht
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