Der Duft des Jacaranda-Baums (German Edition)
Du musst mir nur erklären, wie das Funkgerät funktioniert und wie ich den Flying Doctor Service erreiche.« Ein besorgtes Lächeln lag auf ihrem Gesicht. »Ich hoffe, dass ich den Weg zurück problemlos finde. Mein Orientierungsvermögen ist nicht gerade so, dass ich damit schon einmal einen Blumentopf gewonnen hätte.«
Es fiel Oliver schwer, ihr beklommenes Lächeln zu erwidern. Er setzte die Wasserflasche ab, aus der er gerade getrunken hatte. Ein stechender Schmerz im Unterbauch hatte eingesetzt, und rund um die Bissmale am Handgelenk schwoll das Gewebe an und schien sich zu entzünden. Er bemerkte eine aufsteigende Übelkeit. »Du schaffst das schon. Ich lasse dich nicht gerne allein zurückgehen, aber ich glaube, es geht nicht anders.« Er wischte sich mit dem Handrücken der gesunden Hand über die Stirn. »Außerdem würde ich den Weg nicht schaffen, ich fühle mich jetzt schon nicht mehr besonders.«
Sarah hatte sich neben ihn gekniet und eine Hand auf seine Stirn gelegt. Besorgt stellte sie fest, dass er Fieber bekam. »Es gefällt mir gar nicht, dich hier allein zu lassen, Oliver. Ich frage mich sogar, ob es nicht besser wäre, bei dir zu bleiben.«
Oliver klang angeschlagen, bemühte sich aber, ruhig zu erscheinen. »Bitte geh und hol Hilfe. Das ist unsere einzige Chance. Und pass auf dich auf, ja?«
Sie strich über seine Wange, während sie mit der anderen Hand die zweite Wasserflasche neben ihn legte. »Okay, ich mache mich gleich auf den Weg.« Sie zögerte. »Du versprichst mir aber, dass du durchhältst, ja?«
Er schloss müde die Augen und nickte. »Ich versuche es, ja.« Nachdem er ihr die notwendigen Erklärungen gegeben hatte, vergewisserte sie sich, dass er alles, was er brauchen könnte, in Griffnähe hatte.
Dann machte sie sich auf den Rückweg. Dichte Farne unter dünnen Bäumen und Büschen wechselten mit moosbewachsenen Steinen und Felsen, hinter denen es dann und wann geheimnisvoll raschelte. In weiter Ferne vernahm sie den keckernden Ruf eines Kookaburra-Vogels, der sich über sie lustig zu machen schien. Beklommen folgte sie dem schmalen Pfad, der sie zum Wagen führen sollte. In ihrem Kopf wirbelten alle möglichen Gedanken durcheinander. Sie bemühte sich darum, ruhig und gleichmäßig zu atmen, zügig zu gehen und doch nicht in Laufschritt zu verfallen, da sie sonst möglicherweise den Weg nicht schaffen würde. Auch die Erinnerung an ihr Asthma, das sie normalerweise selten beeinträchtigte, zwang sie dazu, nicht zu hastig loszustürmen. Angst erfüllte sie, als sie an Oliver dachte. Auch wenn sie bisher nichts anderes als einen guten Freund in ihm gesehen hatte, musste sie sich eingestehen, dass er zumindest der beste Freund war, den sie je in ihrem Leben gehabt hatte. Während sie weiterstapfte, sandte sie Stoßgebete zum Himmel. Sie hatte keinen größeren Wunsch, als dass er durchhielt. Mit klopfendem Herzen wurde ihr plötzlich bewusst, wie viel er ihr bedeutete. An einer besonders dicht bewachsenen Stelle gabelte sich der unscheinbare Pfad. Erschrocken folgte ihr Blick beiden Möglichkeiten. Fahrig wischte sie sich den Schweiß von der Stirn, während sie sich verzweifelt daran zu erinnern versuchte, auf welchem Weg sie hergekommen waren.
Oliver lauschte ihren Schritten, bis sie nicht mehr zu hören waren. Erschöpft lehnte er sich zurück. Obwohl ihm die Schweißperlen auf der Stirn standen, begann er zu frieren. Der Schmerz in seinem Körper hatte inzwischen Ausmaße angenommen, die sich bis dahin seiner Vorstellungskraft entzogen hatten. Er vermied den Blick auf die Bissstelle, die noch stärker angeschwollen war und sich ekelhaft bläulich verfärbte. Hatte er einige Zeit zuvor noch die Hoffnung gehegt, dass es sich möglicherweise um eine ungiftige Schlange gehandelt habe, bestand jetzt kein Zweifel mehr daran, dass dem nicht so war. Er hatte nicht die geringste Ahnung gehabt, dass Schlangenbisse mitunter Schmerzen verursachen konnten, die einem Menschen schlimme Verbrennungen erträglich erscheinen ließen. Mit zusammengebissenen Zähnen angelte er jetzt nach der Wasserflasche, um erneut etwas zu trinken. Er hatte nur zwei Schlucke zu sich genommen, als ihn eine starke Übelkeit überkam. Würgend und zitternd erbrach er sich angewidert nebensein Lager, dann ließ er sich leise stöhnend zurücksinken. Noch nie zuvor war er sich so unbeholfen vorgekommen. Vorsichtig tastete er mit der gesunden Hand nach seiner Jacke, zog ein Taschentuch heraus und wischte sich
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