Der Duft des Jacaranda-Baums (German Edition)
muss aber auf beiden Seiten vorhanden sein. Man kann so etwas nicht einfach einfordern. Und wenn es nur auf einer Seite da ist und auf der anderen nicht, dann kann dies nur zu Kummer oder Enttäuschung führen.«
Er schwieg und hatte das Gefühl, zu viel gesagt zu haben. Angestrengt sah er auf die vor sich liegende Straße, die jetzt kurvenreicher wurde, da sie die Ebene hinter sich gelassen hatten und sich den Hügeln näherten.
Sarah musterte ihn kurz. »Willst du damit sagen, dass es so zwischen mir und Wolf ist? Und dass wir deshalb nicht zueinander passen?«
Oliver schüttelte den Kopf. »Ich kenne Wolf viel zu wenig, als dass ich mir erlauben könnte, euch beiden Ratschläge zu geben oder zu behaupten, aus diesem oder jenem Grund würdet ihr nicht zueinander passen.« Er seufzte und fuhr sich durchs Haar. »Ich wünschte, ich wäre dazu in der Lage.« Sarah sah ihn gespannt, aber schweigend an, und so fuhr er fort: »Ich habe dich inzwischen ganz gut kennen gelernt, und ich mag dich einfach. Wolf ist für mich der Grund dafür, dass du so unglücklich warst, dass du dir etwas angetan hast und dass du dir so schrecklich viele Gedanken machst, was du wohl falsch gemacht haben könntest. Das alles trägt nicht gerade dazu bei, ihn sonderlich sympathisch zu finden, also frag mich lieber nicht nach meiner Meinung über ihn.« Er grinste verlegen, und Sarah erwiderte sein Lächeln.
»Du hast Recht. Entschuldige, ich rede wahrscheinlich einfach zu viel.« Sie schien ein wenig verunsichert und sah auf ihrer Unterlippe kauend aus dem Fenster. Oliver fühlte sich so zu ihr hingezogen, dass er am liebsten den Wagen angehalten und sie in seine Arme genommen hätte. Aber das durfte er nicht. Er wollte ihr Vertrauen in ihn, die Sicherheit, die sie bei ihm verspürte, nicht zerstören und sie womöglich erneut durcheinander bringen. Aber er wollte sie auch nicht bewusst belügen. Also zwang er sich dazu, sie ruhig anzusehen. »Niemandem höre ich lieber beim Reden zu als dir, Sarah. Ich habe noch nicht viele Menschen getroffen, die sich so ernsthaft mit dem Leben auseinander setzen wie du. Es ist schön, mit dir zu reden.«
Sarah wurde rot. Zu unerwartet hatten sie Olivers Worte getroffen. »Ich rede wahrscheinlich auch nur so viel, weil es so gut tut, sich mit dir zu unterhalten, Oliver. Ich bin richtig froh, dass du da bist.«
Oliver lächelte ihr zu und deutete nach oben. »Wie wär’s gleich mit einer ersten Pause, wenn wir dort oben sind?« Sarah nickte zustimmend. »Gerne. Ich bin schon gespannt auf die Aussicht von dort.«
Nach einigen Minuten parkte Oliver den Wagen am Fahrbahnrand, und sie stiegen aus. Sarah schaute sich um und bemerkte einen kleinen Pfad, der durch miteinander verschlungenes Gebüsch weiter hinaufführte. »Ach, können wir nicht erst mal sehen, wo es da hingeht? Oder hast du schon großen Hunger?«
Oliver freute sich über ihr Interesse und schüttelte den Kopf. »Nein, wenn du willst, essen wir später einen Happen. Es ist vielleicht ganz gut, wenn wir uns erst die Beine vertreten.«
Gemeinsam machten sie sich auf den Weg. Es ging ziemlich steil bergauf, und Sarah hatte Mühe beim Atmen. Die Zeit im Krankenhaus steckte ihr noch in den Knochen, und sie ermüdete rasch. Oliver tat so, als würde er es nicht bemerken, und blieb ab und zu stehen, um ihr eine Pflanze zu erklären oder ihr eine Eidechse zu zeigen, die sich im Schutz eines großen Steins sonnte. Schließlich erreichten sie eine Lichtung im Wald, und Sarah betrachtete fasziniert einige hoch gewachsene Eukalyptusbäume, an denen sich die Baumrinde abschälte und in langen Streifen von den Ästen herabhing oder sich bereits am Boden sammelte. Die Bäume gefielen ihr. Sie waren groß und für die australischen Gegebenheiten, die sie bislang kennen gelernt hatte, außergewöhnlich dicht und grün.
Dennoch wirkten sie mit ihrer hängenden Rinde irgendwie leidend und leblos. Sarah fröstelte unwillkürlich. Oliver war ihrem Blick gefolgt.
»Das sind Faserrinden-Eukalypten. Wie du siehst, spricht ihr Name für sich.« Er machte eine Pause und wartete ab, doch als Sarah nur nickte und den Kopf in den Nacken legte, um zu den Baumkronen aufzusehen, fuhr er fort: »Es gibt hier in Australien ein paar hundert verschiedene Eukalyptusarten. Sie scheinen sich immer perfekt an ihre jeweilige Umgebung anzupassen. An Flussufern werden sie oft riesengroß und dicht, während sie an kärgeren Standorten klein bleiben und dünner belaubt sind. Im
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