Der Duft des Jacaranda-Baums (German Edition)
sie bei seinem Anblick einfach vergessen würde, wie sehr sie in den letzten Wochen gelitten hatte? Während das Wasser ganze Schaummassen im Abfluss verschwinden ließ, richtete sie sich auf. Mit mir nicht! Sie trat aus der Duschkabine und griff nach ihrem Bademantel. Nachdem sie noch ein Handtuch um den Kopf geschlungen hatte, ging sie über den Flur in ihr Zimmer. Vor dem Kleiderschrank stehend, wählte sie einen schlichten weißen Body, eine dunkelblaue Jeans und ein rot kariertes Flanellhemd. Anschließend kehrte sie ins Bad zurück, föhnte sich das Haar und überprüfte ihr Aussehen. Je näher der Zeitpunkt rückte, zu dem sie nach unten zurückkehren musste, umso nervöser wurde sie. Als sie schließlich die Treppe hinunterstieg, spürte sie, wie ihr Herz schlug. Draußen entdeckte sie Shane und Sammy vor der Box von Victoria und ihrem neugeborenen Fohlen. Sie beschloss, erst einmal dorthin zu gehen. »Na, Sammy, gefällt dir das Fohlen von Victoria?«
Diese nickte und betrachtete das kleine Pferd im Stroh. »Ja, sehr. Es ist so niedlich. Ist es ein Junge oder ein Mädchen?«
Sarah lächelte. »Es ist ein Junge. Ein Hengstfohlen.«
Shane tippte Sammy auf die Schulter. »Sarah darf ihm einen Namen geben, denn sie hat ihm auf die Welt geholfen. Vielleicht kannst du ihr ja bei der Suche nach einem passenden Namen helfen?« Er grinste und ging dann über den Hof davon.
Sammys Blick huschte von dem Fohlen zu Sarah und wieder zurück. Unsicherheit nagte an ihr, aber sie hatte das enttäuschte Gesicht ihres Vaters in Erinnerung, als Sarah vorhin an ihnen vorbeigestürmt war. Dieses Mal sollte es nicht an ihr liegen. »Sarah? Ich ... ich war nicht so nett zu dir.«
Sarah musterte sie sekundenlang überrascht und legte dann eine Hand auf ihre Schulter. »Schon gut, Sammy. Meinst du, wir finden einen schönen Namen für den Kleinen da?«
Beide wandten sich um, als Heather nach Sammy rief. Das Mädchen lief zu ihr, und Sarah schaute ihr nach. Als sie Oliver auf sich zukommen sah, verspürte sie eine nervöse Anspannung, über die sie sich ärgerte. Rasch drehte sie sich wieder um und legte die Unterarme auf die Boxtür, als wollte sie die Mutters tute und das Fohlen betrachten. Sie fühlte jeden einzelnen ihrer Herzschläge und hoffte, dass er ihre Nervosität nicht bemerkte. Auch Oliver war innerlich unruhig und darum bemüht, die richtigen Worte zu finden. Seit er Sarah wiedergesehen hatte, wünschte er sich nichts mehr, als sie zurückzugewinnen. Wieder einmal war ihm bewusst geworden, wie sehr sie ihm gefehlt hatte. Er stützte sich neben ihr auf der Boxtür ab.
»Es ist so schön, dich wiederzusehen, Sarah.« Sie sagte nichts, doch er spürte ihre Ablehnung. Oliver schaute sie an. »Du hast mir so gefehlt, Sarah. Das kannst du dir gar nicht vorstellen.«
Sie legte den Kopf in den Nacken und betrachtete mit einem spöttischen Grinsen die Fliegen an der Stalldecke. »Ja, sicher. Deshalb hattest du es ja auch so eilig, wieder herzukommen, nicht wahr? Kaum sind zwei Monate herum, schon bist du wieder da, nicht?«
Oliver senkte den Kopf und schwieg einen Moment. Er hatte Angst, erneut etwas Falsches zu sagen. Doch wenn er nichts sagte, konnte er auch nichts in Ordnung bringen. Wie um sich selbst Mut zu machen, atmete er tief durch. »Glaub nicht, dass es mir leicht gefallen ist, nicht mit dir zu sprechen oder dich zu sehen. Aber du warst so enttäuscht von mir und Sammy, du hattest so die Nase voll, dass ich nicht mehr geglaubt habe, dass wir es schaffen können. Ich weiß, Sammy hat sich unmöglich benommen, und ich hätte jedes Mal im Boden versinken mögen, aber sie ist mein Kind, und sie hat viel durchstehen müssen. Wie dem auch sei, ich habe nicht gewagt, dir nach unserer Abreise weitere Versuche zuzumuten.« Es herrschte ein beklemmendes Schweigen zwischen ihnen. Sarah fühlte sich nicht wohl. Auf der einen Seite hatte sie Oliver schmerzlich vermisst. Als er abgereist war, war sie wieder einmal an einem Punkt gewesen, an dem sie meinte, ihr Leben müsste stillstehen oder gar aufhören. Auf der anderen Seite hatten ihr in der Beziehung zu Oliver gerade die ständigen Reibereien, das ewige Hin und Her zwischen Glück, Erwartung und Enttäuschung sehr zu schaffen gemacht. Doch wenn sie ehrlich war, hatte dies schließlich nicht an Oliver, sondern an seiner Familie gelegen.
»Ich weiß wirklich nicht, was du erwartest oder warum du nach allem, was du gerade gesagt hast, überhaupthergekommen bist.« Sie
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