Der Duft des Meeres
dort draußen? Dieser Ort ist unnatürlich.«
Sie hörte das Reißen von Stoff, als Oscar seinen Ärmel abriss. Er tupfte sanft ihre Haut ab. Camille biss sich auf die Innenseite ihrer Wange, um nicht zu wimmern.
»Wie schlimm ist es?«, fragte sie.
»Die Wunde ist tief.«
Normalerweise hätte sie eine weniger vage Antwort verlangt. Und Ira hatte recht. Dieser Platz setzte jegliche Normalität außer Kraft. Oscar riss seinen anderen Ärmel ab und verknotete beide zu einem Verband, der lang genug war, um ihn über ihren Rücken und ihren Busen zu wickeln. Rücksichtsvollerweise ließ er ihn Camille über ihre Vorderseite wickeln, ehe er ihn zuband. Camille, die immer noch Schmerzen hatte, zog das Oberteil ihres Kleides hoch. Mittlerweile brannte das Feuer kräftig, und der Stockfisch war weich genug geworden, um hineinzubeißen. Sie dachte an den nächsten Tag und was sie vielleicht erwartete, sobald sie die Höhle verließen.
»Wie viele Patronen haben wir noch?«, fragte sie.
»Jede Menge.« Oscars Knappheit trug nichts dazu bei, ihr Mut zu machen. Ira schluckte einen Bissen Stockfisch herunter.
»Ich finde, wir packen morgen früh zusammen und gehen zurück zur Lady Kate « , erklärte er.
»Nein!«, rief sie. »Ich gehe nicht ohne den Stein zurück. Und nicht ohne meinen Vater.«
Er war in den Tiefen des unterirdischen Teichs für sie da gewesen und hatte sie zu dem Fluchtweg geführt. Jetzt musste sie da sein, um ihn zu führen.
Ira schob sich den letzten Bissen Stockfisch in den Mund, dann sagte er immer noch kauend: »Hören Sie, ich weiß, dass Sie Ihren Vater zurückhaben wollen und alles. Auch ohne ihn gekannt zu haben, bin ich bereit zu wetten, dass er nicht wollen würde, dass Sie Ihren Hals riskieren, um zu versuchen, ihn zurückzuholen.«
Camille sah Oscar um Unterstützung heischend an, aber der wich ihr aus, indem er in die Flammen starrte. »Wenn ihr zu Montys Schiff zurückkehren wollt, werde ich euch nicht daran hindern«, sagte sie. »Aber ich werde nicht zulassen, dass McGreenery diesen Stein in seine schmutzigen Finger bekommt.«
Ira schüttelte den Kopf, sagte jedoch nicht, ob er plante, sich am nächsten Morgen zurückzuziehen oder nicht. Sie kamen überein, während der Nacht abwechselnd Wache zu halten. Die erste Wache übernahm Ira, der mit dem Gewehr aufmerksam am Eingang saß. Camille versuchte, sich an die Wand der Höhle zu lehnen, aber sie war zu weit entfernt von der Wärme des Feuers, und ihre Wunden vertrugen die Reibung auf ihrem Rücken nicht. Stattdessen legte sie sich der Länge nach vor dem Feuer auf die Seite.
»Du bist seiner Meinung, nicht wahr?«, flüsterte sie Oscar zu. Er warf einen weiteren Holzscheit in die Flammen und Funken schossen in die Luft hinauf.
»Ich will deinen Vater ebenfalls zurückhaben. Aber ich bin nicht bereit, dafür dein Leben zu riskieren. Dieses Ding hat mit dir gespielt, Camille. Es hätte dich mit diesem Schlag töten können.«
Sie erinnerte sich daran, wie die Kreatur ihre langen Klauen noch weiter ausgefahren hatte, als sie sich für einen zweiten Angriff bereitmachte. Sie hätte sie mühelos zerreißen können.
»Dann willst du also umkehren? Die Chance aufgeben, ihn zurückzubekommen?«
Oscar nahm einen Schluck aus seiner Flasche, dann schraubte er sie zu. Er hielt ihrem Blick stand. »Ich will nur, dass du lebst.«
Camille schaute zu Ira hinüber. Er saß weit genug entfernt, um nur das Murmeln ihrer Stimmen zu hören. Dies war ihre einzige Chance, die hässliche Szene in der Speisekammer zu bereinigen. Sie hatte jedoch keine Ahnung, wo sie anfangen sollte. Die Kälte, die jetzt zwischen ihnen herrschte, machte es schwer zu glauben, dass Oscar sie so liebevoll gehalten und sie sich an ihn geschmiegt hatte. Sie hatte seinen warmen Atem auf ihrer Schulter gespürt, als er immer wieder aus dem Schlaf erwacht war, um die Nase in ihr Haar zu graben oder mit dem Finger ihre Narbe von der Christina nachzuzeichnen. Camille hatte dieses Bett niemals verlassen wollen.
»Ich liebe ihn nicht«, sagte sie mit Nachdruck. Schlicht. Einfach. Die Wahrheit. »Er ist ein anständiger Mann, und die Dinge wären einfacher, wenn ich ihn tatsächlich lieben würde. Aber ich will, was nur du mir geben kannst, Oscar.«
Sie konnte sich nicht vorstellen, sich in Randalls Armen so warm und sicher und geliebt zu fühlen, wie sie es in Oscars Armen getan hatte. Sie wusste nicht, was geschehen würde, sobald ihr Vater zu ihnen zurückkehrte oder wie er
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