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Der Duft des Meeres

Der Duft des Meeres

Titel: Der Duft des Meeres Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Angie Frazier
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lassen, und Camille lauschte aufmerksam, während jemand weiter vorn im Flur schnarchte.
    »Bist du sicher, dass es dir gut geht?«, fragte Oscar.
    »Ich bin mir sicher.« Das Geräusch ihrer Stimmen störte die Nacht und ihre Unaufrichtigkeit störte sie. Wie konnte es ihr gut gehen? Sie war mit vorgehaltenem Messer entführt worden. Sie hatte das Singen wieder gehört und auf der Oberfläche des Badewassers den unheimlichen schwarzen Totenkopf gesehen. Was waren das für Dinge, wenn nicht ein Teil des Umandu-Fluches?
    »Hat er dich auch ganz bestimmt nicht angerührt?«, fragte Oscar weiter, und die Weichheit seiner Frage war Welten entfernt von dem Zorn und dem Ärger, den er den ganzen Tag gezeigt hatte. Es war offensichtlich, dass er nicht nach dem Umandu suchen wollte, aber sie konnte sich nicht vorstellen, dass die Aussicht darauf, ihren Vater ins Leben zurückzuholen, ihn so wütend machte.
    Camille richtete sich auf und hielt sich die dünne Decke an den Hals. Ein seltsamer Gedanke kam ihr: Sie waren an Land, allein in einem Zimmer, und sie hatten noch nicht ein einziges Mal unbehaglich geschwiegen. Camille gefiel die Veränderung, und sie hoffte, dass es so blieb.
    Oscar lag unter den beiden Fenstern auf dem Boden. Er hatte einen Arm auf der Brust und den anderen hinter dem Kopf. Oscar sah sie und richtete sich auf, seine eigenen Decken hingen ihm lose um die Taille. Er trug noch immer seine Kleider, und sie grinste, denn sie wusste, dass er es nur ihretwegen tat. Er würde in der Wärme neben dem Ofen heute Nacht unheimlich schwitzen. Er schlang den Arm um ein Knie.
    »Du hast keine Ahnung, was mir heute Abend durch den Kopf gegangen ist, als ich diese Badewanne leer vorfand«, flüsterte er. »Ich kann nicht zulassen, dass dir etwas zustößt, Camille.«
    Sie richtete sich ein wenig höher auf und hoffte, dass er nicht behaupten würde, er habe gelobt, sie zu Ehren seines toten Kapitäns zu beschützen. »Ich wollte dich nicht beunruhigen, Oscar. Meine Sicherheit sollte dich nicht belasten.«
    Obwohl sie ihn in dem dunklen Raum nicht deutlich sehen konnte, spürte Camille, dass sein Blick auf ihr ruhte.
    »Du bist keine Belastung, Camille. Nicht für mich.«
    Sie betrachtete forschend seine dunklen Umrisse. Ein Fleckchen Mondlicht fiel auf ein Stück nackter Haut auf seinem Hals. Die Haut glänzte von Schweiß, und Camille spürte, dass ihre eigene Haut prickelte angesichts des aufgeladenen Schweigens, das sich zwischen ihnen ausdehnte. Sie wusste nicht, wie sie reagieren sollte, und er wollte den Blick nicht von ihr abwenden.
    »Er hat mich nicht angerührt«, flüsterte sie stattdessen als Antwort auf seine ursprüngliche Frage. Sie legte sich wieder hin und drehte sich auf die Seite, enttäuscht, dass ihr nicht mehr zu sagen eingefallen war. Etwas, das den Moment ein klein wenig länger ausgedehnt hätte.
    Oscars Decken raschelten, als er sich ebenfalls wieder hinlegte.
    »Das war klug von ihm«, erwiderte er, und mehr sagte er nicht.
    Wellen liefen am Ufer aus, versickerten im nassen Sand, unter Steinen, Muscheln und Algen. Die Flut der Morgendämmerung hatte den Sand mit schimmernden Muschelschalen und knubbeligen rosafarbenen Seesternen bedeckt. Der Schnitt auf Camilles Schläfe heilte, und der Schorf hatte begonnen, sich abzulösen. Es war ihr peinlich, wie sie aussah, als sie an Oscars Seite zum Postamt ging.
    »Was steht drin?«, fragte Oscar und deutete mit dem Kopf auf den Brief in ihrer Hand. Sie hatte vor Sonnenaufgang eine kurze Notiz an Randall gekritzelt und ihre Feder so lange über das Papier gehalten, dass schwarze Tinte da-raufgetropft war.
    »Ich habe ihm von unserem Schiffbruch erzählt, von meinem Vater, von McGreenery … von Port Adelaide.« Die Einzelheiten über den Umandu, Daphne und ihr gegenwärtiges Quartier hatte sie nicht erwähnt. Selbst Tausende von Meilen entfernt machte sie sich Sorgen darüber, was Randall denken könnte, und wegen all der Erklärungen, die sie sich würde zurechtlegen müssen, wenn sie nach Hause zurückkehrte.
    »Er wird ihn ungefähr in zwei Monaten erhalten, grob geschätzt«, sagte Oscar, dann schaute er über seine Schulter. Die beiden Männer, die McGreenery vor Daphnes Haus postiert hatte, folgten ihnen in sicherem Abstand.
    »Ich würde sie gern den ganzen Weg bis zur Tarnkappe zurückprügeln«, brummte Oscar.
    »McGreenery will nur Bescheid wissen, wenn wir Melbourne verlassen«, erwiderte Camille. »Und ich denke, das sollten wir tun.

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