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Der Duft des Regenwalds

Der Duft des Regenwalds

Titel: Der Duft des Regenwalds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Zapato
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seinen Augen, das ihn verjüngte. »Bisher haben wir den Zustand der Ruinen überprüft und mit den Ergebnissen unserer Vorgänger verglichen. John Lloyd Stephens und sein Zeichner Frederick Catherwood haben 1840 bereits umfangreiche Forschungen angestellt und dabei die Technik entwickelt, Modelle aus Papiermaschee von den Reliefs anzufertigen. Die genaueste Untersuchung des Ortes nahm ein Engländer namens Alfred Maudslay im Jahre 1891 vor. Von ihm stammen auch die ersten umfangreichen Fotografien. Ihr Bruder bevorzugte übrigens Zeichnungen, da er glaubte, so mehr Details einfangen zu können. Er war ein herausragender Zeichner, das Talent liegt wohl in der Familie. Jedenfalls glaube ich, es gibt an diesem Ort noch zahlreiche aufregende Entdeckungen zu machen, doch wir hatten hierzu bisher nicht die Zeit. Ich hoffe, während der bevorstehenden Trockenzeit voranzukommen, denn leider sind meine finanziellen Mittel nun etwas beschränkter.«
    Alice verstand die Anspielung. Patrick hatte die Expedition hauptsächlich mit seinem Vermögen finanziert, das nun ihr und Tante Grete gehören würde, sobald die Frage der Erbschaft geklärt war.
    »Ich werde Ihnen sämtliche Ausgaben, die Sie hierzulande meinetwegen hatten, selbstverständlich ersetzen, sobald ich wieder in Deutschland bin«, versuchte Alice den Archäologen zu vertrösten. Ob sie ihm zusätzliches Geld überlassen würde, da Patrick eine Fortsetzung der Erforschung von Palenque gewünscht hätte, musste sie in Ruhe überlegen. Allerdings hatte sie Dr. Scarsdale nun einen weiteren Grund gegeben, auf ihre baldige Heimreise zu drängen.
    »Auch Hans unterstützt das Projekt«, meldete Rosario sich nun zu Wort. »Er würde es begrüßen, wenn unser Land im Rest der Welt mehr Beachtung finden würde. Sie brauchen sich um die Zukunft Ihrer Forschungen keine Sorgen zu machen, Dr. Scarsdale.«
    Alice nahm dies als Hieb in ihre Richtung zur Kenntnis, einen Hinweis, dass sie ihre eigene Wichtigkeit nicht überschätzen sollte. Sie schenkte der Hausherrin ein süßes Lächeln.
    »Ich bin froh, dass Ihr Mann über derartigen Weitblick verfügt.« Vermutlich nahm Rosario die Bestrafung der Bediensteten deshalb in seiner Abwesenheit vor, überlegte sie, war diesmal aber vorsichtig genug, diesen Gedanken nicht auszusprechen.
    Nach dem Mittagsmahl war sie wieder sich selbst überlassen, sah Patricks Zeichnungen durch, ohne auf irgendwelche Hinweise zu stoßen, und führte Mariana schließlich auf dem großen Vorhof spazieren, wo inzwischen alle Brandspuren beseitigt waren. Dabei bemerkte sie, wie ein paar Diener hektisch zum Herrenhaus liefen, und kurz darauf wurde das sorgsam verschlossene Eingangstor geöffnet.
    Rosario Bohremann bekam Besuch. Drei Damen in eleganter Kleidung entstiegen einem überdachten Wagen. Ihr Zugpferd wurde angebunden, sie rückten ihre Hüte zurecht und spazierten langsam hinter den Dienstboten her. Die Älteste von ihnen kam auf Alice zu.
    »Sie sind Deutsche, nicht wahr?«
    Alice nickte.
    »Ich bin die Schwester von Patrick Wegener.«
    Alice sah, wie die Halsmuskeln der Dame sich bewegten, als sie schluckte.
    »Es tut mir sehr leid, was mit Ihrem Bruder geschehen ist. Leider konnten wir die Barbarei in diesem Land noch nicht ganz ausrotten. Ich bin Maria Bernhard. Meinem Mann gehört die Plantage Hamburgo, in unmittelbarer Nähe der von Herrn Bohremann. Ich habe durch meine Dienstboten von dem Unglück gehört, das dieses Haus heimgesucht hat, und wollte meine Hilfe anbieten.«
    Sie streckte ihre Hand aus, die Alice nach kurzem Zögern ergriff, während ihr klar wurde, dass sie Andrés ehemaliger Lehrerin gegenüberstand. Die Dame hatte ein sehr freundliches Gesicht. Obwohl sie aufrecht stand, waren ihre Schultern leicht nach vorn gebeugt, als hinge eine unsichtbare Last auf ihrem Rücken.
    »Meine Töchter, Frederike und Elisabeth.«
    Maria Bernhard wies auf zwei Mädchen, die hinter ihr standen, beide in hellen Rüschenkleidern, beide hatten Locken, die eine mittelbraune, die andere dunkelblonde. Die Blicke, die sie Alice zuwarfen, waren voll verhaltenem Misstrauen, doch sie knicksten so artig, wie es jungen Mädchen aus gutem Hause eigen war.
    »Jemand muss Rosario Bohremann Bescheid geben«, sagte Alice, um die Lage in den Griff zu bekommen. Wie die drei Damen beim Aufräumen helfen wollten, war ihr ein einziges Rätsel, denn keine von ihnen hatte die kräftigen, zupackenden Arme einer Isolde Kernhagen. Falls ihre Eltern und Großeltern im

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