Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Duft des Regenwalds

Der Duft des Regenwalds

Titel: Der Duft des Regenwalds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Zapato
Vom Netzwerk:
erhielt sie Begleitschutz in einer Kolonne aus Ochsenwagen, die Waren eines Händlers aus Tapachula transportieren. Ein junges Mädchen kann da jederzeit mitreisen, doch einer der Carreteros, die diese Wagen lenken, muss sie als seine Frau ausgeben, damit sie vor Belästigungen geschützt ist. Diesen Begleitschutz erhielt Ix Chel für den Ring. Ein Sohn des Kaziken brachte sie in die Nähe von Palenque. Ich glaube, sie ist inzwischen wieder zu Hause.«
    »Und wo ist das, ihr Zuhause?«, fragte Alice ungeduldig.
    »Ein kleines Dorf irgendwo in der Nähe der Ruinen. Indios könnten Ihnen vielleicht erzählen, wie Sie dorthin gelangen, aber einer Ladina, die aussieht wie die Schwester eines Kaffeebarons, werden sie kein Sterbenswörtchen verraten.«
    Alice bohrte die Absätze ihrer Schuhe in den Erdboden der Hütte.
    »Manchmal habe ich das Gefühl, dieses Mädchen läuft vor mir davon. Hat sie denn diesem Kaziken irgendetwas gesagt, ich meine darüber, was mit Patrick geschah?«
    Andrés sah sie nachsichtig an.
    »Sie sprach einen anderen Dialekt als Tzotzil. Wir sind keine Affen, die sich einfach durch Grunzlaute verständigen können.«
    »Danke für den Hinweis, aber ich kann mich nicht erinnern, etwas Derartiges behauptet zu haben«, erwiderte Alice und warf ihm einen wütenden Blick zu. Andrés ging nicht darauf ein, sondern sprach ruhig weiter.
    »Angeblich machte sie einen aufgewühlten, verängstigten Eindruck. Aber das war nicht verwunderlich in ihrer Lage. Die Leute in dem Dorf dachten, sie sei vor einem prügelnden Ehemann oder einem noch schlimmeren Patron davongelaufen. Den Ring hielten sie für Diebesgut. Mehr konnte ich leider nicht herausfinden, und ich bezweifle auch, dass irgendjemand mehr weiß.«
    Alice sackte zusammen.
    »Das heißt, ich bin ebenso klug wie vorher. Aber das Verhalten von Ix Chel ist eindeutig verdächtig. Warum lief sie fort, anstatt zu warten, bis Sie damals aus dem Dorf zurückkamen? Der Fall hätte längst geklärt sein können, wenn Ix Chel nicht geflohen wäre.«
    »Zunächst einmal wollte sie vermutlich vor Patricks Mörder fliehen, wer auch immer das sein mag«, erklärte Andrés. Alice nahm widerwillig zur Kenntnis, dass er ihr gedanklich immer einen Schritt voraus war.
    »Aber dann hätte sie doch irgendwo Alarm schlagen können. Ich meine, es muss doch irgendjemanden hier geben, der für sie gedolmetscht hätte in einem so wichtigen Fall. Warum meldete sie sich nicht bei den Bohremanns, die Patrick kannten?«
    »Wenn Ix Chel nicht geflohen wäre, würde sie jetzt in einem Gefängnis sitzen. Oder sie wäre tot. Oder irgendein Mann hätte sie in seiner Gewalt. Sie wusste ebenso wie ich, dass man sie für Patricks Tod verantwortlich machen würde. Wir sind Indios«, erwiderte Andrés ungerührt.
    Alice dachte eine Weile über seine Worte nach, fühlte sich schuldig, da sie Ix Chel ebenfalls verdächtigt hatte, und stampfte schließlich wütend auf.
    »Und was nun? Soll ich unverrichteter Dinge nach Hause fahren?«
    Andrés lächelte auf jene stille, wissende Art, die sie nicht mochte, da sie ihr überheblich schien.
    »Es liegt bei Ihnen. Sie können natürlich nach Hause fahren. Das wäre wahrscheinlich am vernünftigsten.«
    »Danke für diesen klugen Rat, aber ich habe ihn schon oft genug gehört«, erwiderte sie. Andrés verzog keine Miene, als halte er ihre Unhöflichkeit für zu unwichtig, um sich darüber aufzuregen.
    »Sie könnten auch nach Palenque fahren. Ich würde Ihnen helfen, nach Ix Chel zu suchen«, sagte er.
    Alice riss ungläubig die Augen auf.
    »Aber wie … ich meine, bringen Sie mich jetzt hin?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Das geht nicht. Ich bin schon ein ziemliches Risiko eingegangen, indem ich mich mit Ihnen hier treffe. Sie müssen auf die Hazienda zurück, und zwar bald, sonst wird gleich jedes Dorf in der Gegend durchsucht. Ich werde mit einer dieser Wagenkolonnen reisen. Als einer von etlichen anderen Indios falle ich nicht besonders auf. In Palenque sehen wir uns wieder.«
    Alice stieß einen ungeduldigen Seufzer aus.
    »Und wie soll ich nach Palenque kommen? Ganz allein auf einem Ochsenwagen?«
    Er lachte.
    »Sie würden unterwegs für viel Aufsehen sorgen, aber ich glaube, so eine Reise wäre nicht nach Ihrem Geschmack. Ich schlage vor, Sie schließen sich Dr. Scarsdale an, der auch bald aufbrechen will.«
    Alice staunte, wie gut er alles durchdacht hatte. Der Archäologe wäre sicher nicht begeistert, aber er konnte ihr diese Bitte

Weitere Kostenlose Bücher