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Der Duft des Regenwalds

Der Duft des Regenwalds

Titel: Der Duft des Regenwalds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Zapato
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dem Gespräch gelauscht.«
    Alice lehnte sich gegen die Wand ihrer Hütte und versuchte, das Gefühl der Angst zu bekämpfen.
    »Er hat doch keinen Grund«, sagte sie. »Dr. Scarsdale hat uns wieder aufgenommen. Er kann uns nicht bei ihm anschwärzen. Wenn er vernünftig ist, dann sucht er sich woanders eine Anstellung.«
    »Ein Kerl wie er kann fast nur noch als Aufseher arbeiten, und zwar in einer Montería. Doch von dort ist er geflüchtet. Hier gefiel es ihm besser, vermutlich bekam er auch mehr Geld. Nun bist du schuld, dass er diese Arbeit verloren hat. Ich fürchte, er hasst dich aus tiefster Seele und würde dich gern wieder in die Finger bekommen, um zu beenden, was ich unterbrochen habe.«
    »Er müsste komplett verrückt sein. Was bringt es ihm, mich zu töten?«, fragte sie aufgebracht.
    »Wahrscheinlich hat er in der Montería Geschmack am Quälen und Töten gefunden.« Andrés zerstörte ihre Illusionen, schloss sie aber in die Arme, bis sie wieder ruhig atmete.
    »Ich bin immer in der Nähe, und die anderen Indios werden auf mich hören«, versicherte er. »Du bist sicher, solange du dich nicht allein vom Lager entfernst.«
    Sie nickte und vermochte sogar zu lächeln. Er strich ihr ein paar Strähnen aus der Stirn.
    »Versuche zu schlafen und zerbrich dir nicht den Kopf. Der Hund hat ein gutes Gehör. Und bald kommt Julio wieder, der auch jeden Laut hören wird.«
    »Schon gut«, erwiderte Alice, um Fassung bemüht. »Allein komme ich in diesem Land nicht zurecht. Das habe ich begriffen.«
    Sie wollte die Tür der Hütte öffnen, doch seine Hand an ihrer Schulter hielt sie zurück.
    »Menschen brauchen einander. Das habe ich schon als Kind in meinem Dorf gelernt. Warum fällt es dir so schwer, das zu akzeptieren? Du bist immer so furchtbar empfindlich, als könntest du niemandem trauen.«
    Sie drehte sich noch einmal zu ihm um. Im spärlichen Licht des nächtlichen Dschungels glich sein Gesicht einer glatt polierten Statue aus Kupfer.
    »Das fällt mir wirklich schwer, bei den meisten Menschen«, gestand sie. Ihr wurde in diesem Moment bewusst, dass sie ihm seltsamerweise völliges Vertrauen schenkte.
    »Woran hast du es bemerkt?«, fragte sie und sah ihn lächeln.
    »Gerade eben, als Dr. Scarsdale deine Idee nicht ernst nahm, da hast du ausgesehen, als würdest du ihm gleich die Augen auskratzen, ihn in Stücke reißen und diese einzeln in der Erde verscharren. Dabei hat der kleine Bücherwurm doch nur ein bisschen Angst vor Frauen, weil er mit ihnen nicht umgehen kann.«
    Alice sah ihn staunend an, denn so hatte sie den Gelehrten bisher nicht wahrgenommen.
    »Er hat mich wie ein Dummchen behandelt.«
    »Na, wenn schon. Du solltest wissen, dass du keines bist, und ihn nicht ernst nehmen. Im Übrigen …«
    Er legte beide Hände auf ihre Schultern.
    »So dumm war deine Idee gar nicht, streng genommen. Ich überlege gerade … diese Löcher könnten tatsächlich dazu gedient haben, den Stein anzuheben.«
    »Aber du hast doch gesagt, dass …«
    »Wenn er bereits auf dem Boden lag, konnte er so nicht mehr hochgezogen werden, außer sie hatten dazu besondere Vorrichtungen, was durchaus möglich ist.«
    Alice wünschte sich, er hätte dies bereits im Zelt gesagt. Aber das war jetzt egal, denn er konnte es dem neunmalklugen Gelehrten auch morgen mitteilen.
    »Was für eine Vorrichtung?«, fragte sie neugierig, doch er schien zu sehr in seine Gedanken versunken, um darauf einzugehen.
    »Mehr Sinn würde es aber umgekehrt ergeben. Löcher in einen Stein bohren, Seile hindurchziehen, um ihn dann hochzuhieven und auf eine genau ausgemessene Öffnung im Boden zu legen. Danach schneidet man die Seile einfach durch, und so schnell bekommt das niemand mehr auf.«
    Alice schüttelte verwirrt den Kopf.
    »Aber die anderen Steine haben doch auch keine Löcher. Sie wurden einfach so nebeneinandergelegt. Warum gerade diesen Stein durchbohren?«
    Andrés zuckte mit den Schultern.
    »Das kann ich auch nicht auf Anhieb sagen. Vielleicht war es Teil einer Zeremonie, den letzten Stein langsam hinabsinken zu lassen. Vielleicht wurden die Seile nicht durchgeschnitten, sondern irgendwo befestigt, damit es eine Möglichkeit gab, den Stein wieder anzuheben. Doch all dies weist in eine Richtung.«
    Alice wollte fragen, was er damit meinte, doch auf einmal lüftete sich ein Vorhang in ihrem Kopf, und sie vermochte seinen Gedankengängen zu folgen, als hätte er einen Weg durch die Wildnis freigehackt.
    »Unter diesem Stein verbirgt

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