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Der Duft des Regenwalds

Der Duft des Regenwalds

Titel: Der Duft des Regenwalds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Zapato
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sich etwas, das für die Bewohner der Ruinen von besonderer Bedeutung war«, sagte sie. »Ein Schatz vielleicht. Ein weiterer Tempel. Oder das Grab eines Herrschers.«
    Er schlang beide Arme um sie, zog sie an sich und küsste sie, obwohl sie beschlossen hatten, das im Lager nicht mehr zu tun.
    »Genau das dachte ich auch, aber ich war mir nicht sicher. Es freut mich, dass du es bestätigst.«
    Alice blieb eine Weile in seiner Umarmung stehen. Sie verstand nicht, woher dieses plötzliche Glücksgefühl kam, gemeinsam mit ihm eine Entdeckung gemacht zu haben.
    »Morgen erzählen wir das Dr. Scarsdale«, entschied er. »Und ich glaube, er wird Gott dankbar sein, dass er uns hier im Lager hat.«
    »Ein Mensch wie er glaubt nicht an Gott, nur an sich selbst«, entgegnete Alice und öffnete dann die Tür zu ihrer Hütte. Sie bat ihn nicht herein, denn sie wollte auf den Moment warten, da es keinen Grund zur Eile und Heimlichtuerei mehr gab. Sie zweifelte nicht mehr, dass er kommen würde.
    »Also, wie bekommen wir den Stein nun heraus?«, fragte Dr. Scarsdale, während er sich aufgeregt die Hände rieb und eine Runde um das mit Löchern versehene Objekt allgemeiner Aufmerksamkeit drehte.
    »Er ist sehr groß und schwer«, erwiderte Andrés. »Wir müssten mit kleineren Steinen in der Umgebung anfangen, sie entfernen und schließlich diesen in die Höhe hieven. Das wird dauern.«
    Der Archäologe nahm den Vorschlag mit einem kurzen Nicken zur Kenntnis.
    Bisher hatten wir Glück mit dem Wetter und bald ist Trockenzeit.
    »Schaffen wir es, bis die nächste Regenzeit beginnt?«
    »Ich glaube nicht. Aber hier in der Ruine können wir auch weiter arbeiten, wenn draußen alles im Schlamm versinkt. Nur in den Zelten kann dann niemand mehr wohnen.«
    Dr. Scarsdale zuckte mit den Schultern.
    »Dann ziehen wir eben in die Ruinen um, wie andere Forscher vorher. Wie schnell können die Männer hier arbeiten?«
    Andrés richtete sich auf, obwohl er nicht wesentlich kleiner war als der Archäologe.
    »Keinesfalls mehr als neun Stunden am Tag. Es wird anstrengend sein, diese Steine zu schleppen. Sie sollten zur Mittagszeit eine längere Pause bekommen, weil es heiß ist und sie essen müssen.«
    »Ja, ja, essen sollen sie natürlich«, murmelte der Archäologe und musterte die Steine zu seinen Füßen, die es zu entfernen galt. »Aber wenn die Aufseher vor Ort sind, dann könnte der Arbeitstag länger werden.«
    »Nicht mehr als neun Stunden, in Ausnahmefällen zehn. Ansonsten verweigere ich Ihnen meine weitere Unterstützung«, erwiderte Andrés schneidend. Alice sog erschrocken Luft ein, denn er schien zu vergessen, wie abhängig er selbst von der Unterstützung des Archäologen war. Dr. Scarsdale musterte ihn eine Weile schweigend aus seinen blassen Augen, als stünde eine merkwürdige Kreatur vor ihm, die er schwer einschätzen konnte.
    »Sie machen es sich nicht leicht im Leben, Señor Uk’um. Mit dieser Sturheit haben Sie schon Herrn Bohremann verärgert, der Ihnen gegenüber sehr großzügig war.«
    Andrés schien für den Bruchteil einer Sekunde in sich zusammenzusacken, aber dann straffte er wieder seine Schultern.
    »Mein Ingenieurdiplom ändert nichts daran, dass ich Indio bin«, erwiderte er. »Ich werde bei der Ausbeutung meines Volkes nicht einfach schweigend zusehen, nur weil es mir selbst gut geht.«
    Alice schluckte. Sie bewunderte seinen Mut, doch es war in seiner Lage nicht angeraten, den Helden spielen zu wollen. Dr. Scarsdale schwieg eine Weile, und sie hörte ihren eigenen Herzschlag wie ein Trommeln im Dschungel.
    »Ich könnte Sie einfach davonjagen, Señor Uk’um«, sagte der Archäologe schließlich. »Ihre Idee war genial, aber nun kenne ich sie. Ich könnte Sie unter Bewachung zu Herrn Bohremann schicken oder auch einfach in eine der Monterías, wo Sie Bäume fällen müssten, bis Sie selbst tot umfallen, und den Widerspruchsgeist würde man Ihnen dort schnell aus dem Leib prügeln.«
    Ohne weiter nachzudenken, tat Alice einen Schritt an Andrés’ Seite.
    »Wenn Sie dies tun, dann werde ich auf der Stelle abreisen«, zischte sie. »Und von dem Vermögen meines Bruders bekommen Sie keinen Pfennig für Ihre Forschungen, das verspreche ich Ihnen jetzt schon.«
    Dr. Scarsdale warf ihr einen fassungslosen, beinahe verschreckten Blick zu, als wäre er eine graue Maus im Angesicht einer angriffslustigen Katze. Hatte Andrés recht gehabt, und der Archäologe fürchtete sich vor Frauen? Alice verstand eine solche

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