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Der Duft des Regenwalds

Der Duft des Regenwalds

Titel: Der Duft des Regenwalds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Zapato
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erwiderte sie und streckte die Hand aus, um das leere Geschirr einzusammeln. Er lächelte und küsste sie noch einmal. Hartnäckig tastete sie über die Steine des Tempelbodens, da fühlte sie etwas, das merkwürdig war. Eine der Steinplatten wies Löcher auf, die keine gewöhnlichen Einkerbungen schienen, sondern gleichmäßig angeordnet waren.
    Andrés ließ sie los und richtete sich auf.
    »So, jetzt muss ich an die Arbeit. Wenn du hier fertig bist, dann solltest du dir alle Reliefs im Palast vornehmen. Wir hacken inzwischen den nächsten Tempel frei, damit dir nicht langweilig wird.«
    Sie nickte, überreichte ihm den Becher und sah zu, wie er auch den Teller an sich nahm.
    »Wir essen dann abends wieder mit unserem Gelehrten im Zelt«, sagte er, während er sich dem Ausgang zuwandte.
    »Andrés!«
    Sie war sich nicht sicher, ob sie ihn nicht einfach nur rief, weil sie ihn zurückhalten wollte. Doch als er sich umdrehte, musste sie ihm eine Erklärung anbieten.
    »Mir ist etwas Komisches aufgefallen. Hier auf dem Boden, einer der großen Steine hat mehrere Löcher, als hätte jemand hineingebohrt.«
    Neugierig betrachtete er den Stein.
    »Tatsächlich. Du hast recht. Das sind sogar ziemlich große Löcher.«
    Er wischte die Erde weg, steckte seine Finger in die Löcher und rüttelte an dem Stein.
    »Mir scheint er etwas lockerer zu sitzen als die anderen. Das hat irgendeine Bedeutung.«
    Alice trat zu ihm. Sie erkannte die akkurate Anordnung der Löcher nun in aller Deutlichkeit.
    »Vielleicht wurde hier etwas befestigt. Ein Altar oder eine Statue«, sagte sie. Andrés war bereits auf die Beine gesprungen.
    »Ich glaube, da hast du eine ungewöhnliche Entdeckung gemacht. Ich muss mit Dr. Scarsdale reden.«
    Sie lauschte dem Geräusch seiner Schritte, als er aus dem Tempel eilte, streichelte dann kurz Mariana, bevor sie sich wieder dem Skizzenblock zuwandte. Vielleicht waren diese Löcher unwichtig. Aber die Schriftzeichen an den Wänden erzählten eine Geschichte, die es zu entschlüsseln galt.

»Es ist natürlich durchaus möglich, dass in den Löchern etwas befestigt wurde«, sagte Dr. Scarsdale und drehte sein Weinglas in der Hand. Dann gab er dem Indio-Jungen die Anweisung, eine weitere Flasche zu öffnen.
    »Aber der Stein scheint lockerer zu sein als die anderen«, beharrte Andrés. Alice begriff nicht ganz, warum ihm dies so wichtig war.
    »Er kann sich mit den Jahren gelöst haben. Diese Ruine ist uralt. Es ist ja nicht auszuschließen, dass sich vorübergehend andere Leute dort aufhielten. Diese Löcher kann irgendwer gebohrt haben. Vielleicht einer der Abenteurer, die hier haltmachten«, warf sie in die Runde. Es war bereits dunkel, sämtliche Arbeiter des Lagers schliefen. Gewöhnlich befiel Alice um diese Zeit die Furcht, dass Martin irgendwo herumschleichen konnte, doch nun verschwendete sie keinen einzigen Gedanken mehr an ihn. Ihre zufällige Entdeckung eines durchlöcherten Steins hatte sie alle drei in helle Aufregung versetzt.
    »Ich bitte Sie, Miss Wegener.« Dr. Scarsdale musterte sie mit gerunzelter Stirn. »Welcher Forscher sollte hier Steine durchbohren. Wozu denn? Um im Tempel ein Zelt aufzustellen?«
    Er kicherte. Hätte er die Idee eines Mannes ebenso verlacht wie die einer zarten blonden Frau?
    »Ich bin mir sicher, es könnte Gründe dafür geben«, rief sie wütender als beabsichtigt. »Ich meine … vielleicht …«
    Zunächst fiel ihr nichts ein. Hatte sie wirklich Unsinn erzählt? Und machte sie das im Vergleich zu diesem studierten, bebrillten Gelehrten zu einem Dummchen?
    »Vielleicht wollte jemand den Stein hochziehen, um nachzusehen, was sich darunter verbirgt«, fügte sie schließlich in Ermangelung einer besseren Idee hinzu.
    »In diesem Fall würde man versuchen, Keile zwischen die Ritzen zu schieben und die Steine einem nach dem anderen herauszuhebeln«, erklärte Andrés sachlich, wie sie es von ihm kannte. »Löcher zu bohren, das ergibt keinen Sinn. Man kann zwar Seile oder Stangen hindurchstecken, aber unterhalb des Steins lassen sie sich nicht festmachen, sodass er nicht in die Höhe gezogen werden kann.«
    Alice nahm es hin, dass sie wirklich eine dumme Idee geäußert hatte, denn Andrés gab ihr nicht das Gefühl, er würde deshalb auf sie herabsehen.
    »Nun gut, dann vergessen wir diese mysteriösen Löcher erst einmal und wenden uns der weiteren Arbeit zu«, schlug Dr. Scarsdale vor. »Südlich des Palastes haben wir noch den Tempel, in dem einst Graf von Waldeck

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