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Der Duft des Regenwalds

Der Duft des Regenwalds

Titel: Der Duft des Regenwalds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Zapato
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langsam umdrehte. Im Dickicht blitzten zwei bernsteinfarbene Augen auf, die sie aufmerksam musterten, aber sogleich wieder verschwanden.
    Obwohl sie einmal von Dr. Scarsdale gewarnt worden war, vor wilden Tieren niemals die Flucht zu ergreifen, da ebendieses Verhalten deren Jagdinstinkt weckte, setzten ihre Füße sich in Bewegung, ohne ihren Verstand um Zustimmung gebeten zu haben. Vier oder fünf Schritte rannte sie, stolperte, ohne sagen zu können, was genau sie zu Fall gebracht hatte, und stieß gegen eine kleine Palme, deren Dornen sich in ihre Handflächen bohrten, als sie sich vergeblich festzuhalten versuchte. Sie stürzte zu Boden, schlug mit dem Kopf gegen einen Stein und spürte Blut über ihre Stirn fließen, das sie mit dem Ärmel ihrer Bluse abwischte. Eine Weile saß sie keuchend da, gelähmt vor Angst und Schmerzen. Das Knacken war verstummt, auch die fremden, wilden Augen starrten sie nicht mehr an. Vielleicht hatte sie sich alles nur eingebildet. Mit gnadenloser Klarheit erkannte sie, wie maßlos dumm ihr Verhalten gewesen war. Derartig unüberlegte Panik konnten an diesem Ort lebensgefährlich sein. Nach ein paar Atemzügen beschloss sie, zum Boot zurückzugehen. Sie sehnte sich nach dem Usumacinta, auf dessen Wellen sie wenigstens die Illusion von Sicherheit verspürt hatte. Eine Weile würden die Tortillas noch reichen, und vielleicht würde sie bald schon auf andere Menschen stoßen. Ganz gleich, was diese dann mit ihr anstellen mochten, sie wusste, dass sie den Verstand verlieren würde, wenn sie allzu lange allein durch diese grüne, feuchte, unheimliche Wildnis irrte.
    Kaum hatte sie sich endlich aufgerafft, um den Rückweg anzutreten, das hörte sie das Klagen erneut. Diesmal war es näher, lauter, schmerzerfüllter. Und es klang grauenhaft menschlich. Der Schreck packte Alice so heftig wie ein unerwarteter Angreifer, und das Messer entglitt ihrer Hand. Sehr langsam drehte sie sich um. In unmittelbarer Nähe befand sich ein Mensch, der große Qualen litt. Sie war sich plötzlich nicht mehr sicher, ob sie wirklich wissen wollte, was ein Stück weit entfernt vor sich ging.

Alice musste nur ein paar Schritte machen, dann tauchten auf Augenhöhe zwei Beine in ihrem Blickfeld auf, als seien an einem der Urwaldriesen ungewöhnliche Früchte gewachsen. Sie waren braun, steckten in zerfetzten weißen Hosen und regten sich nicht. An dem rechten Fuß klebte eine schmutzig braune Schicht verkrustetes Blut. Am liebsten hätte sie die Augen geschlossen, um das Grauen nicht sehen zu müssen, aber sie hatte keine Wahl, als sich der Wirklichkeit zu stellen.
    Der Mann hing mit beiden Armen an einem Seil, das irgendwo im Geäst der Riesenbäume befestigt worden war. Seine Füße baumelten ungefähr einen Meter über dem Erdboden. Der ganze Körper war mit Stichen und Schwellungen übersät, da sämtliche Insekten des Urwalds sich ungehindert auf ihn hatten stürzen können. Auf seiner Brust hatten Hiebe das Hemd zerrissen und blutige Striemen hinterlassen. Es dauerte eine Weile, bis Alice das zugeschwollene Gesicht erkennen konnte. Tränen begannen über ihre Wangen zu laufen, als ihr Entsetzen sich mit tiefer Erleichterung mischte.
    »Andrés!«, flüsterte sie, um dann immer lauter seinen Namen zu rufen. Seine Augenlider schienen zu flattern, doch sie war sich nicht sicher, ob dies nicht eine aus verzweifelter Hoffnung geborene Einbildung war.
    »Ich hole dich runter. Gleich. Es dauert nur einen Augenblick!«
    Sie konnte eine Bewegung seiner Gesichtsmuskulatur erkennen. Seine Mundwinkel zuckten, als versuche er zu sprechen, aber es kam kein Ton aus seiner Kehle. Alice umklammerte seine Beine, um ihm Halt zu geben. Zum ersten Mal in ihrem Leben wünschte sie sich aus tiefstem Herzen, über eine größere, kräftigere Statur zu verfügen. Er stieß ein leises Stöhnen aus, und sie wusste nicht, ob sie seine Qualen nicht noch größer machte.
    »Ich hole dich sofort runter, keine Sorge!«, wiederholte sie ihr Versprechen, ohne genau zu wissen, wie sie es erfüllen konnte. Das Seil war mehrfach um einen Ast geschlungen, dann führte es abwärts und endete in einem Knoten an einer Baumwurzel. Sie zerrte eine Weile daran herum, doch reichte ihre Kraft nicht aus, den Knoten zu lösen. Das Messer, schoss es ihr durch den Kopf, kurz bevor sie verzweifelt aufgeben wollte. Atemlos rannte sie zu der Stelle, wo sie es hatte fallen lassen, und jauchzte fast auf, als sie es entdeckte. Sie begann an dem dicken Seil zu

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