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Der Duft des Regenwalds

Der Duft des Regenwalds

Titel: Der Duft des Regenwalds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Zapato
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ich vielleicht versuchen, selbst etwas weniger störrisch zu sein.«
    Alice lehnte sich lächelnd zurück.
    »Ich komme mit, wenn du willst.«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Bleib besser hier. Das wäre zu viel. Sie werden alle froh sein, wenn wir morgen verschwinden.«
    Sie hatten Roderigo nach San Cristóbal zurückgeschickt. Er sollte Juan Ramirez mitteilen, dass die Señorita am nächsten Tag mit Señor Uk’um zurückkäme.
    »Ich habe versucht, den Weg in die moderne Zeit zu finden, indem ich Ingenieur wurde«, fuhr Andrés fort, »doch niemand in meinem Dorf verstand mich. Und hier in Chamula, da sind die Leute noch sturer und verbohrter, weil es ein uraltes Tzotzil-Dorf ist. Aberglaube und Traditionen bestimmen alles. Sollte in Mexiko wieder eine Veränderung beginnen, dann versäumen wir Indios es wie üblich, rechtzeitig aufzuspringen, weil wir noch ein paar Kulte zu zelebrieren haben.«
    »Diese Sturheit hat eure Kultur davor bewahrt, völlig auszusterben«, gab Alice zu bedenken.
    »Aber auf Dauer schadet sie uns«, beharrte Andrés. »Wir bleiben Relikte aus einer versunkenen Welt, wenn wir nicht versuchen, uns zu modernisieren.«
    »Ihr seid bereits anders als die Leute im Dschungel«, stellte Alice fest. Sie hatte manchmal gedacht, dass die Hach Winik glücklicher waren als viele andere Menschen, die allgemein als zivilisiert galten, aber sie verstand, warum Andrés diese Meinung nicht teilen würde.
    »Ihr habt euch mit der Zeit verändert«, fuhr sie fort. »Hab Geduld mit deinen Leuten, dränge nicht zu sehr. Nicht jeder hat einen so scharfen Verstand wie du.«
    Plötzlich sah sie ihn lächeln.
    »Gracias«, murmelte er nur und drückte ihre Hand, bevor er aufstand, um mit der alten Frau wegzugehen.
    Am nächsten Tag brachen sie bereits früh auf. Roderigo hatte das Maultier zurückgelassen, sodass Alice darauf reiten konnte, während Andrés neben ihr herging. Sie erreichten San Cristóbal noch am Vormittag, begleitet von anderen Indios, die dort ihre Waren verkaufen wollten. Das Hotel hatten sie schnell gefunden, doch der Portier teilte ihnen mit, dass Juan Ramirez abgereist war. Er hatte für Alice noch zwei weitere Übernachtungen bezahlt und auch die Arztrechnung für Julio beglichen, aber keine Nachricht hinterlassen, wie sie sich nun verhalten sollten.
    »Sieh erst einmal nach dem Jungen, nimm ein Bad, und warte dann so gegen sechs vor dem Hotel auf mich. Ich werde versuchen, Geld aufzutreiben, damit wir wenigstens Proviant für die Weiterreise kaufen können«, sagte Andrés, nachdem sie eine Weile ratlos dagestanden hatten. Alice wollte gerade vorschlagen, dass er mit ihr auf das Zimmer gehen könnte, dann wurde ihr die Unmöglichkeit eines solchen Verhaltens bewusst. Dem Hotelbesitzer und seinen Angestellten war eine alleinstehende Frau, die mit fremden Männern unterwegs war, suspekt genug, auch ohne einen erwachsenen Indio in ihrem Zimmer.
    »Am Abend können wir nicht aufbrechen. Wo wirst du die Nacht verbringen?«, fragte sie. Andrés versicherte ihr, dass er eine Schlafgelegenheit finden würde, und ging dann fort. In dem ausschließlich von Ladinos bewohnten Hotel schien er sich unwohl zu fühlen. Alice stieg die Stufen zu ihrem Zimmer hoch, denn die Aussicht auf ein weiches Bett und eine Wanne voll warmem Badewasser war verlockend.
    »Señorita, da sind Sie ja endlich!« Julio begrüßte sie erfreut, während Mariana aufgeregt an ihren Beinen hochsprang. »Ich habe mir schon Sorgen gemacht. Und Don Juan war sehr verärgert, dass Sie so einfach verschwunden sind. Als ich ihm dann erzählt habe, dass Sie Andrés suchen, da sah er auch nicht begeistert aus.«
    Alice setzte sich erschöpft auf ihr Bett und befreite ihre Füße von den Schuhen. Juan Ramirez ahnte wohl, warum sie sich von ihm abgewandt hatte, denn einem flüchtigen Bekannten wäre sie nicht so hastig hinterhergeeilt. Das war vermutlich auch der Grund für seine überstürzte Abreise. Trotzdem ärgerte es sie, dass er sie einfach so ohne jede Unterstützung zurückgelassen hatte, nur aus verletztem Stolz. Eine Weile drohte die Sorge, wie sie mit einem verletzten Julio zur Hazienda kommen sollten, sie niederzudrücken, dann fiel ihr ein, dass sie mit Andrés auch eine Reise durch den Dschungel bewältigt hatte. Der gekränkte Stolz eines abgewiesenen Liebhabers hatte einige Probleme geschaffen, doch würde sie die Situation mit Andrés’ Hilfe schon meistern.
    Zur Mittagszeit nahm sie mit Julio eine kleine Mahlzeit ein, die

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