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Der Duft des Regenwalds

Der Duft des Regenwalds

Titel: Der Duft des Regenwalds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Zapato
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ohne ihre Bekanntschaft mit ihm unter Beweis zu stellen. Schließlich winkte er ihr aber, ihm zu folgen. Trotz der eleganten Kleidung stand es wohl nicht allzu gut um seine Finanzen, sodass er die sich bietende Gelegenheit nicht aus purer Skepsis ausschlagen konnte.
    Das Gefängnis befand sich am Stadtrand und war ein unauffälliges mittelgroßes Gebäude. Der Gefängnisdirektor erklärte sich bereit, Alice trotz der fortgeschrittenen Stunde zu empfangen, nachdem wieder einmal der Name des Kaffeebarons gefallen war. Er saß rauchend hinter einem niedrigen Tisch und erinnerte an einen Bilderbuchmexikaner mit untersetzter Statur, Schnauzbart und grimmiger Miene. Er teilte Alice mit, dass er Weisung von höherer Stelle habe, Andrés Uk’um unter Verschluss zu halten. Sie könne den Gefangenen morgen besuchen, wenn sie es wünsche. Danach wartete er schweigend, bis sie sich verabschiedet hatte.
    »Ich muss eine Nachricht an Hans Bohremann schicken«, erklärte sie Roderigo auf dem Heimweg. »Könntest du sie überbringen?«
    Sie verzichtete auf das übliche Versprechen einer Belohnung. Roderigo zögerte kurz, dann stimmte er zu. Alice lief in ihr Zimmer und kritzelte eine kurze Botschaft auf ein Stück Papier, das sie ihm übergab. Er versprach, am nächsten Morgen sogleich aufzubrechen.
    Nachdem Alice wieder auf ihr Zimmer zurückgekehrt war, fiel sie erschöpft auf ihr Bett und erstattete Julio Bericht.
    »Wenn sie ihn für einen Mörder halten, ist das nicht gut für ihn im Gefängnis«, sagte er. »Ein Indio ist nicht wichtig, wenn er stirbt, kümmert das niemanden außer seinen eigenen Leuten. Und wenn ein einflussreicher Mann ihn für einen Verbrecher hält, dann finden die Gefängniswärter es vielleicht sogar gut, ihn sterben zu lassen.«
    Entsetzt fuhr sie auf. Warum musste Julio ihr jede Hoffnung auf Schlaf rauben?
    »Aber vielleicht«, fuhr der Junge fort, »vielleicht werden sie ihn leben lassen wollen, eben damit Hans Bohremann ihn nach Gutdünken strafen kann.«
    Das Atmen fiel Alice wieder etwas leichter.
    »Juan Ramirez ist bereits zu seinem Schwager unterwegs«, sagte sie, »er wird alles erklären.«
    Julio erwiderte nichts, vermutlich war er schon eingeschlafen. Sie bereitete sich innerlich auf den Besuch im Gefängnis vor. Ihren restlichen Schmuck würde sie wohl doch verkaufen müssen, denn sie brauchte Geld, um Andrés Essen zu bringen und vielleicht ein paar Wärter zu bestechen, damit sie ihn besser behandelten. Juan Ramirez könnte die Hazienda inzwischen schon erreicht haben, und sie ging davon aus, dass Hans Bohremann nicht begeistert von dem Umstand wäre, dass sie allein in San Cristóbal zurückgelassen worden war. Vielleicht würde er Männer losschicken, noch bevor Roderigo die Nachricht überreicht hätte. Andrés’ Unschuld wäre eindeutig bewiesen, sobald nicht nur sie selbst, sondern auch Juan Ramirez …
    Plötzlich ließ ein neuer Gedanke sie entsetzt in die Höhe schießen. Ein eitler Liebhaber, der Erfolg bei Frauen gewöhnt war, könnte rachsüchtig werden, wenn er einmal abgewiesen wurde. Was wäre, wenn er ihre Geschichte von Andrés’ Unschuld nicht bestätigte, sondern aller Welt erzählte, dass sie die Geliebte des Mörders ihres Bruders geworden sei und ihn daher schützen wolle? Sie schlug die Hand auf den Mund und biss hinein, um einen Entsetzensschrei zu unterdrücken. An Schlaf war nicht mehr zu denken.
    Andrés saß in einer winzigen Zelle gemeinsam mit etlichen anderen Indianern. Das Erste, was Alice bei ihrem Besuch auffiel, war der Gestank von Unrat, Fäulnis und stumpfer Verzweiflung wie in dem Elendsviertel der Stadt. Ihr Auftauchen vor dem Gitter, das die Männer von der Freiheit trennte, löste Tuscheln und auch ein paar laute Scherze aus, die aber in indianischen Dialekten gerufen wurden. Alice hörte das grölende Gelächter und war froh, nichts verstehen zu können. Sie bemühte sich, Andrés aufmunternd anzulächeln, als er aufstand und seine Finger um die Stäbe des Gitters krallte.
    »Geht es dir gut?«, fragte er. Ihr schien, dass es eher an ihr wäre, ihm diese Frage zu stellen. Er sah müde aus, und an seiner linken Schläfe erkannte sie eine offene Platzwunde.
    »Ich habe eine Nachricht an Hans Bohremann geschickt. Du kommst sicher bald frei«, versicherte sie und legte ihre Finger auf die seinen, obwohl sie die neugierigen Blicke der anderen Männer wie feine Stiche in ihrem Körper spürte. Andrés zog seine Hände nicht zurück, wie er es früher

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