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Der Duft des Regenwalds

Der Duft des Regenwalds

Titel: Der Duft des Regenwalds Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rosa Zapato
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vermutlich getan hätte. Freude leuchtete in seinen Augen auf.
    »Angeblich habe ich einen Vertrag für ein Jahr Arbeit auf einer Zuckerrohrplantage unterschrieben«, erklärte er. »In Wahrheit suchte ich nur nach einer Möglichkeit, mir etwas Geld für unsere Reise zur Hazienda auszuleihen, und unterzeichnete einen Schuldschein.«
    »Aber du konntest doch lesen, was du unterschreibst«, rief sie verwirrt und hörte ihn bitter auflachen.
    »Natürlich. Ich vermute, sie haben meine Unterschrift einfach auf den Vertrag kopiert, als sie merkten, dass sie mich nicht auf die übliche Art hereinlegen können. Aber es wird mir nichts nützen, das zu beteuern. Das waren sogar meine eigenen Leute, keine Ladinos, denn vor denen nahm ich mich in Acht.«
    Alice dachte an Roderigo, der sich teure Kleidung leisten konnte, indem er seine Dienste für alle möglichen Zwecke anbot. Sie war sich nicht sicher, ob er vor einer solch hinterhältigen Aufgabe zurückgeschreckt wäre.
    »Ich wurde auf dem Weg zum Hotel verhaftet, weil ich angeblich versucht hatte, mit dem Geld zu fliehen, anstatt meine Verpflichtung zu erfüllen«, fuhr Andrés fort. »Sie schleppten mich auf die Polizeistation, da merkte der Präfekt, dass ich jener Übeltäter war, der von Hans Bohremann gesucht wurde. So bin ich schließlich hier gelandet.«
    »Aber das war doch eigentlich ein Glück«, sagte Alice. »Jetzt warten wir auf Hans Bohremann, dann bestätige ich deine Unschuld, und Juan Ramirez wird es auch tun.«
    Sie verschwieg bewusst ihre Bedenken, was Juan Ramirez betraf, um ihm nicht noch größere Sorgen zu bereiten. Dennoch erhellte sein Gesicht sich nicht. Er ging hinter den Gitterstäben in die Hocke, und Alice tat es ihm gleich. Inzwischen war sie nicht mehr die einzige Besucherin hier. Mindestens zehn Indio-Frauen standen neben ihr an dem Gitter, redeten mit ihren Männern und versuchten, ihnen eingepackte Tortillas zu überreichen, woran sie von den Wärtern gehindert wurden.
    »Sobald Hans Bohremann mich nicht irgendwo aufknüpfen möchte, gibt es keinen Grund mehr, nicht auf die Zuckerrohrplantage zu gehen«, erwiderte Andrés. Alice schluckte, als sie den Sinn seiner Worte begriff.
    »Aber Hans Bohremann wird es nicht zulassen!«, versicherte sie.
    Andrés zuckte mit den Schultern.
    »Warum sollte er etwas dagegen unternehmen? Ich habe ihm nichts als Ärger bereitet, obwohl er sich mir gegenüber recht freundlich zeigte. Es war meine gottverdammte Starrköpfigkeit, mit der ich gegen seine Allmacht auf der Plantage wetterte, gegen seinen riesigen Landbesitz.«
    »Aber du hattest doch recht«, widersprach Alice. »Es ist euer Land, und sie lassen euch darauf schuften wie Sklaven.«
    Er grinste und drückte ihre Finger.
    »Wenigstens dich habe ich überzeugt. Bei meinen eigenen Leuten hatte ich weniger Erfolg. Sie hielten mich für völlig närrisch, denn Hans Bohremann ist ein erträglicher Patron, und dass die Ladinos uns beherrschen, das ist eben so.«
    Er verzog das Gesicht zu einem Ausdruck von Spott, hinter dem sich Zorn und Enttäuschung verbargen.
    »Es waren einfache Leute«, versuchte Alice, ihn zu trösten. »Sie begriffen nicht, worum es dir wirklich ging.«
    Gleichzeitig wurde ihr klar, dass die meisten Indios einfache Leute waren. War dies der Grund, warum man es für so gefährlich hielt, ihnen Schulbildung zuzugestehen? Weil sie dann beginnen könnten, so wie Andrés zu denken?
    »Egal, wie Hans Bohremann entscheidet, ich kann dich von der Zuckerrohrplantage freikaufen.« Dann fiel ihr ein, dass es Monate dauern konnte, bis sie in Deutschland ihr Erbe angetreten hatte, um dann wieder nach Mexiko zu fahren. Aber es wäre allemal besser, Andrés diese Hoffnung zu geben, als ihn völlig im Stich zu lassen.
    »Das Geld kannst du mir natürlich zurückzahlen, sobald du wieder Arbeit als Ingenieur gefunden hast«, fügte sie hinzu, um seinen Stolz nicht zu verletzen. Er musterte sie nachdenklich.
    »Du willst also tatsächlich nach Mexiko zurückkommen, wenn du zu Hause alles geklärt hast?«, fragte er. Sie nickte ohne Zögern, denn spätestens in San Juan de Chamula war ihre Entscheidung gefallen. Erwartungsvoll sah sie ihn an und verspürte einen Stich der Enttäuschung, als jedes Anzeichen von Begeisterung ausblieb.
    »In deinem Leben geht es doch vor allem um das Malen, Alice«, sagte er.
    »Malen kann ich auch hier. Mein Bruder hat dieses Land geliebt, und jetzt verstehe ich auch, warum«, erwiderte sie. »Aber wenn du mich

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