Der Duft des Sommers
den Regalen und steckten sie in Kisten, aus denen man sie später für fünfundzwanzig Cent vor der Bibliothek anbieten konnte. Die meisten davon hatten wir selbst dort gekauft.
Sollten die sich ruhig Gedanken machen.
Dann nahm ich den Hörer ab und wählte. Eleanor meldete sich nach dem ersten Klingeln.
Wollen wir uns treffen?
Unter anderen Umständen hätte meine Mutter mich gefragt, wo ich hinging. Diesmal blieb sie stumm, aber ich sagte es ihr trotzdem.
Ich treffe mich mit einem Mädchen, sagte ich. Falls du dich gefragt hast, was ich vorhabe.
Meine Mutter drehte sich um und schaute mich an. Der Ausdruck auf ihrem Gesicht erinnerte mich an das erste Mal, als mein Vater mich nach Chloes Geburt abholen kam.
Meine Mutter und ich waren vor dem Haus, und das Autofenster stand offen, und wir hörten das Baby schreien. Damals hatte ich verstanden, dass ein Fausthieb nicht die einzige Möglichkeit ist, jemanden k.o. zu schlagen.
Wir machen nichts, was du nicht auch tust, sagte ich, bevor ich die Tür hinter mir zuknallte.
Ich traf mich mit Eleanor auf dem Spielplatz im Park, der bis auf uns vollkommen ausgestorben war. Zu heiß. Wir setzten uns auf die Schaukel. Eleanors Kleid war so kurz, dass es aussah, als hätte sie sich nicht vollständig angezogen.
Du wirst nicht glauben, was meine Mutter gemacht hat, sagte ich. Die dachte doch echt, wir könnten meinen Hamster zurücklassen.
Eleanor spielte mit ihrem Zopf und strich mit der Spitze über ihre Lippen, als sei sie ein Pinsel.
Du weißt vielleicht nichts darüber, aber die Psychologen sagen, dass der Umgang mit Tieren viel über einen Menschen aussagt. Nicht, dass deine Mutter böse wäre oder so. Aber wenn du dir mal psychopathische Mörder anschaust: Die haben fast alle zu Anfang Tiere gequält. John Wayne Gacy, Charles Manson. Du müsstest mal hören, was die mit Katzen gemacht haben, bevor sie sich die Menschen vorgenommen haben.
Ich hasse sie alle beide, sagte ich. Frank und meine Mutter. Sie verschwendet nicht einen Gedanken darauf, was ich vielleicht möchte. Und Frank tut so fürsorglich, aber in Wirklichkeit will er sich nur bei ihr einschmeicheln.
Die Sexdroge. Ich hab’s dir gesagt, erwiderte Eleanor.
Die meinen, sie könnten über mich bestimmen.
Das merkst du erst jetzt?, sagte Eleanor. So sind alle Eltern. Sie mögen uns, solange wir klein sind, aber sobald wir unsere eigenen Vorstellungen haben, die sich vielleicht von ihren unterscheiden, wollen sie uns den Mund verbieten. Wie gestern, als diese Frau von der Schule anrief, auf die ich gerne gehen würde. Sie wollte noch mal mit Dad reden, ob man nicht eine Vereinbarung wegen der Zahlungen treffen könnte. Ich hab mitgehört.
Und weißt du, was er der erzählt hat? Meine Ex-Frau und ich haben beschlossen, dass es für Eleanor das Beste ist, wenn sie in dieser Phase bei einem Elternteil lebt. Sie hat ein Problem mit einer Essstörung, und wir glauben, dass wir das zuhause am besten lösen können.
Als ginge es dabei wirklich um mich. Als hätte es nichts zu tun mit den zwölftausend Dollar, die er nicht rausrücken will.
Meine Mutter hat nicht mal mit meinem Vater besprochen, dass ich mit ihr weggehen soll, erwiderte ich. Und mit mir auch nicht.
In Wahrheit fand ich an dem Kanada-Plan unter anderem die Aussicht gut, nicht mehr am Samstagabend mit meinem Vater und Marjorie zu Friendly’s gehen zu müssen. Aber meine Mutter hätte das nicht einfach beschließen, sondern mich vorher fragen sollen.
Eltern müssen sich ständig als Bosse aufspielen, sagte Eleanor. Wenn du diesen Typen der Polizei meldest und die ihn abholen, wird ihr das echt zu schaffen machen. Dann hast du die Macht, um Veränderungen durchzusetzen.
Bis zu diesem Punkt hatte ich nur meine Wut gespürt – meine Wut und einen Haufen anderer Gefühle, die alle nicht schön waren. Ich fürchtete immer noch, dass meine Mutter und Frank mich zurücklassen könnten. Ich fühlte mich ausgeschlossen, weil ich nicht mehr der wichtigste Mensch im Leben meiner Mutter war, und ich war ängstlich, weil ich nicht wusste, wie alles weitergehen sollte. Aber so aufgebracht und wirr ich auch war, wusste ich doch, dass ich meiner Mutter nicht schaden wollte. Ich wollte einfach nur, dass sie mit mir glücklich war.
Als Eleanor das noch einmal sagte – dass ich Frank der Polizei melden sollte –, erschreckte ich mich so, dass ich fast zu zittern anfing. Obwohl ich mich dagegen wehren wollte, musste ich daran denken, wie wir Catchen
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