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Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Titel: Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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niemals berühren, aus Angst sich zu beschmutzen. Aber Ihre Hand fühlt sich auch nicht wie die einer Französin an. Es ist eine Hand, die zu arbeiten gewohnt ist. Sie sind weder Marokkanerin noch Französin, wie mir scheint, aber ich segne Sie, Madame. Die Armen kommen vor den Reichen ins Paradies. Indem Sie den Armen geben, kaufen Sie sich ein kleines Stück vom Paradies.«
    » Merci«, sagte ich, weil mir keine bessere Antwort einfiel. Ich sah zu, wie er auf die Münze biss und sie weiterreichte, dann wandte ich mich zum Gehen.
    Manon hatte mir zwar gesagt, ich solle nicht vor zwei Uhr kommen, doch ich hielt es einfach nicht länger aus. Zehn vor eins klopfte ich erneut mit dem hamsa an die Tür.
    Das schwere Tor wurde von Falida aufgezogen. Ich nickte ihr zu, und sie senkte reflexartig den Kopf. Nun, da ich wusste, dass sie nicht Manons Tochter war, wunderte ich mich, wie ich am Tag zuvor überhaupt auf diese Idee hatte kommen können. Es war kaum zu übersehen, dass sie ein Abkömmling jener Sklaven war, von denen Etienne mir erzählt hatte. Auf der anderen Seite, so sagte ich mir, war ich gestern überaus verunsichert und irritiert gewesen.
    An diesem Tag war der Innenhof nicht mit Möbeln vollgestellt. Nur ein Bettsofa mit einem Überwurf in leuchtenden Farben, ein paar Korkhocker und ein niedriger runder Tisch standen ordentlich arrangiert da. Badou balancierte mit ausgebreiteten Armen auf dem Rand des ausgetrockneten Springbrunnens. Während Falida das schwere Tor zumachte, sprang er herunter und kam zu mir.
    » Bonjour, Badou«, sagte ich, und er nickte mit einem Ernst, der ihn älter als seine sechs Jahre erscheinen ließ.
    » Bonjour, Mademoiselle«, sagte er und streckte seine kleine Hand aus. » Venez. Maman ist drinnen.«
    Überrascht von seiner Geste, blickte ich auf seine Hand hinab. Ich ergriff sie und ließ mich von ihm quer durch den Innenhof führen. Seine kleine Hand fühlte sich kräftig und warm an.
    Als wir im Hauseingang standen, fiel mir als Erstes ein starker, süßer, rauchiger Geruch auf. Ich blinzelte und versuchte, in dem Halbdunkel etwas zu erkennen. Nach der Helligkeit des Innenhofs mussten sich meine Augen erst an das schummrige Licht gewöhnen.
    » Mademoiselle O’Shea!« Manons Stimme klang scharf. » Ich hatte Ihnen doch gesagt, dass Sie nicht vor zwei Uhr kommen sollen. Sie sind zu früh. Ihr Besuch kommt mir ganz und gar ungelegen.«
    In dem düsteren Raum konnte ich sie kaum ausmachen.
    » Madame Maliki, bitte. Ich werde auch nicht lange bleiben. Alles, was ich will, ist …«
    » Badou, öffne die Jalousien.« Sie war mir einfach ins Wort gefallen. Badou ließ meine Hand los und lief zu dem Fenster, um die Jalousie aufzuziehen. Sofort flutete liniertes Licht zwischen den Lamellen herein, und ich sah, dass ich mich in einem langen, schmalen Raum befand, der mit zwei Tagesliegen, zwei mit Kamelleder bezogenen Ottomanen und einem niedrigen Tisch mit dekorativer Schnitzerei möbliert war. Die hohe Decke war aus poliertem Holz. In einer Ecke befand sich ein offener Kamin, der in der sommerlichen Hitze seltsam kalt und tot wirkte. Durch die Türöffnung konnte ich in den angrenzenden Raum blicken. Dort standen geschwärzte Töpfe und ein niedriges Kohlenbecken sowie eine Spüle mit Wasserhahn. Noch immer hing der Geruch nach frisch getünchten Wänden in der Luft.
    Und dann sah ich die Gemälde, die an einer Wand hingen. Es waren mindestens zehn ungerahmte Ölbilder verschiedener Größe. Alle waren in schrillen, ungestümen Farben gemalt, und die Ausführung schien nicht besonders ausgefeilt, als wären die Farben planlos und ohne Überlegung auf die Leinwand aufgetragen worden. Und doch zeugten die Bilder von einer rauen Schönheit, die nur jemand mit Talent kreieren konnte.
    » Ich hätte nie gedacht, dass Sie so rücksichtslos sind«, sagte Manon und nahm einen tiefen Zug aus der Wasserpfeife, die neben ihr auf dem Boden stand. Sie lag unter einem Bild auf einer mit grünem Samt bezogenen Tagesliege, das Mundstück der shisha in der Hand. Die Wasserpfeife war von der Art wie die, die ich in den Cafés von Tanger gesehen hatte. Sie stieß eine lang gezogene Rauchwolke aus.
    Badou kam vom Fenster zurück und setzte sich zu ihr.
    » Verzeihen Sie, Madame Maliki«, sagte ich. » Aber ich muss unbedingt herausfinden, wo Etienne ist. Sie werden meine Lage doch verstehen.« Das Herz schlug dumpf in meiner Brust, und ich rieb die Hände aneinander, unfähig, meine Ungeduld zu

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