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Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Titel: Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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und Husten, gefolgt von dem unmissverständlichen Geräusch, wenn jemand ausspuckt. Ich ging in mein Bett zurück und versuchte, wieder einzuschlafen, aber es war unmöglich. Während ich dalag, wurde mir bewusst, dass ich tief und traumlos geschlafen hatte. Seit meiner Ankunft am Tag zuvor hatte ich nicht mehr an Etienne gedacht.
    Als ich eine Männerstimme vernahm, stand ich wieder auf und begab mich abermals zum Fenster, um wieder in den Innenhof hinabzublicken. Der Hausherr sprach mit jemandem, den ich nicht sehen konnte, und ging dann zum Tor. Ich zog mich an, legte den Gesichtsschleier um und ging hinunter in die Küche. Drei Frauen waren dabei, Essen zu kochen: eine in mittleren Jahren, eine jüngere sowie eine Schwarze mit runzligem Gesicht, offensichtlich eine Dienerin. Alle drei trugen einfache Kaftane und darüber farbenfrohere dfinas. Sie waren unverschleiert, und als sie mich sahen, hielten sie in ihrer Arbeit inne und starrten mich an.
    » Assalam aleikum«, sagte ich. Die alte Dienerin schürzte die Lippen und fuhr fort, in einem Topf zu rühren. Die Frau in den mittleren Jahren drehte mir den Rücken zu und hackte mit kräftigen Hieben Koteletts von einem großen Stück Fleisch. Nur die dritte Frau, die jünger war als ich, sah mir in die Augen und sagte: » Slema.« Ich kannte das Wort nicht, aber es hörte sich wie ein Gruß an, und so nickte ich ihr lächelnd zu. Mir war klar, dass sie meinen Mund unter dem Schleier nicht sehen konnte, doch hoffte ich, dass sie an meinen Augen sehen konnte, wie sehr ich ihre freundliche Erwiderung schätzte. Sie hatte eine Tätowierung auf der Stirn, ein Muster aus kleinen Punkten.
    Ich ging zur Toilette und durchquerte danach abermals die Küche. Keine der Frauen schenkte mir Beachtung. Dann ging ich in den Innenhof hinaus und setzte mich auf eine Holzbank. Die Katze näherte sich. Ich schnipste mit den Fingern und lockte sie mit leisen, schnalzenden Lauten. Vorsichtig schlich sie heran, schnupperte an meinen Fingern und schoss wieder davon.
    Nach einer Weile brachte mir die jüngere Frau einen Teller mit ungesäuertem Brot, Honig, weichem Käse und einer Scheibe blassgrüner Melone; dann ging sie wieder ins Haus, um mit einer Kanne Pfefferminztee zurückzukommen. Als sie wieder gegangen war, nahm ich die Gesichtsbedeckung ab. Während ich ein Stück Käse zum Mund führte, dachte ich an Aszulays Worte, der gesagt hatte, dass die Frauen alles versuchen würden, um zu verhindern, dass eine weitere Frau ins Haus käme. Unwillkürlich wanderten meine Gedanken zu Falida, die für Manon auf dem Friedhof Knochen und Zähne ausgegraben hatte, und zu Manon, die mir erzählt hatte, wie sie ihren Kohl herstellte – aus Ingredienzien, die Männer verrückt vor Begierde machten. Sicherlich würde sie die Knochen und Zähne für irgendeinen Zaubertrank brauchen, von denen Etienne mir berichtet hatte.
    Ich rief mir in Erinnerung, wie ich in meinem Haus in Albany saß und Etiennes Erzählungen über Hexerei und Dämonen in einem Land unter sengender Sonne lauschte, während draußen der kalte Winterwind ums Haus heulte und an den Fenstern rüttelte. Mit einem Mal hatte ich das Gefühl, als handelte es sich um eine alte Erinnerung. Oder um eine Szene aus einem Buch, das ich vor langer Zeit gelesen hatte.
    Und nun saß ich hier in einem dampfigen Innenhof und betrachtete das Stück Käse zwischen meinen Fingern, während ich mich fragte, ob jemand vielleicht ein wenig pulverisierten Knochen, paar Zahnsplitter oder irgendein anderes Zaubermittel auf mein Essen gestreut hatte, ehe man es mir servierte.
    Dann schalt ich mich innerlich, dass ich auf bestem Wege war, ebenso abergläubisch zu werden wie eine waschechte Marokkanerin, ehe ich ein Stück abbiss, es kaute und bedächtig schluckte. Es war cremig weich und schmeckte köstlich. Ich aß den Teller leer und trank den Tee. Eine Weile blieb ich noch im Innenhof sitzen, unschlüssig, was ich tun sollte. Es war ein seltsames Gefühl zu wissen, dass ich nicht nach Belieben aufstehen und nach draußen gehen konnte. Ich fragte mich, ob sich Frauen, die ihr ganzes Leben schon so zubrachten, ebenfalls eingesperrt fühlten.
    Als ich weibliche Stimmen von oben vernahm, sah ich an der Hauswand empor. Ich konnte nichts erkennen, machte aber drei verschiedene Stimmen aus, die vermutlich vom Dach kamen.
    Ich bedeckte wieder das Gesicht, stieg die Treppe hinauf, ging an meinem Zimmer vorbei und erklomm eine weitere Treppe. Die Stimmen der

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