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Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Titel: Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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Manon hatte herumschlagen müssen. An das zermürbende Warten auf ihn.
    So hatte ich mir das Wiedersehen nicht vorgestellt. Ich hatte mir ausgemalt, wie er die Arme ausbreitete und ich mich in seine Umarmung warf. Wie ich weinte oder er weinte, oder wir beide weinten. Oh, wie viele Bilder hatte ich vor meinem geistigen Auge erstehen lassen!
    Stattdessen standen wir einfach nur da und starrten einander an.
    Er ging ein paar Schritte auf mich zu. Er hatte ein Glas in der Hand, und trotz einiger Meter, die uns trennten, roch ich Alkohol. Vage kam mir der Gedanke, dass sein aufgedunsenes Gesicht vom Trinken herrührte.
    » Sidonie?«, sagte er und legte die Stirn in Falten.
    Meine Albträume kamen mir in den Sinn, davon, wie wir uns wiedersahen und er mich nicht erkannte.
    Ich streifte den haik ab und entfernte den Gesichtsschleier. » Ja«, sagte ich. Ich hatte befürchtet, dass meine Stimme beben würde, doch sie klang ganz ruhig. Mein Zittern hatte sich vollständig gelegt. » Ja, ich bin es. Erkennst du mich nicht mehr?«
    Seine Augen weiteten sich. » Du … du siehst so anders aus.«
    » Du auch.«
    » Manon hat mir gesagt, dass du in Marrakesch bist. Ich konnte es zuerst nicht glauben. Du hast diese ganze Reise auf dich genommen.« Sein Blick glitt an meinem Körper hinab, der sich unter dem locker sitzenden Kaftan abzeichnete. Bestimmt hatte Manon ihm auch erzählt, dass ich nicht mehr schwanger war. » Aber … wie? Und …«
    Er sagte nicht, warum? Aber ich konnte die Frage heraushören. » Ja«, sagte ich. » Ich habe diese lange Reise zurückgelegt. Und das Baby dabei verloren. In Marseille. Falls Manon dir das nicht schon erzählt hat. Und falls du dich fragen solltest.« Die Sätze kamen mir so leicht von den Lippen, so emotionslos. Ich wusste, dass Etienne erleichtert sein würde.
    Aber er war wenigstens so gnädig, sich betroffen zu geben, den Kopf zu schütteln. » Es tut mir leid. Das muss furchtbar für dich gewesen sein. Es tut mir leid, dass ich nicht bei dir war.«
    Aber es tat ihm nicht leid, das sah ich. Es war einfach nur so dahingesagt, so wie er vieles so dahingesagt hatte. Bei jeder unserer Begegnungen in Albany hatte er stets die passenden Worte gefunden. Und als mich diese Erkenntnis traf, spürte ich etwas Raues in mir, als durchführe mich einer dieser marokkanischen Dschinn. Ich schlug ihm ins Gesicht, hart und fest, zuerst auf die eine Wange, dann auf die andere. Das Glas fiel ihm aus der Hand, krachte auf den gefliesten Boden, wo es zersplitterte. » Es tut dir nicht leid. Sag nicht, dass es dir leidtut, und schon gar nicht mit diesem einfältigen Ausdruck im Gesicht.« Meine Stimme war laut geworden. Vage nahm ich ein Rascheln hinter mir wahr, das sanfte Geräusch von nackten Füßen auf den Fliesen.
    Badou oder Falida, dachte ich flüchtig, aber es war nur der Hauch eines Gedankens.
    Etienne fasste sich an die Wange und wich einen Schritt zurück. Auf seinen Lippen war Blut, ich musste ihn so stark getroffen haben, dass sich ein Zahn in seine Lippe gebohrt hatte.
    » Ich habe die Ohrfeige verdient«, sagte er und sah mich blinzelnd an. Dann schüttelte er den Kopf. » Aber Sidonie, du weißt nicht alles.«
    » Ich weiß, dass du mich sitzen gelassen hast, nachdem du von meiner Schwangerschaft erfuhrst. Du hast Albany verlassen, ohne es auch nur für nötig zu halten, mich anzurufen. Mir einen Brief zu schreiben. Mir eine Nachricht zu hinterlassen. Das zu wissen genügt mir.«
    » Und um mir das zu sagen, bist du diesen weiten Weg angereist?« Mit einem Mal schwankte er zur Seite, fing sich aber wieder und ließ sich schwer auf einen Hocker sinken. » Um mich zu schlagen?«
    » Nein. Ich bin auf der Suche nach dir hergekommen, weil …«
    Plötzlich stand Manon in der Tür. » Weil sie nicht bleiben konnte, wo sie war. Und schau nur, wie du dich benimmst«, fügte sie, an mich gewandt, hinzu, indem sie den Kopf schüttelte. Doch da war Befriedigung in ihrer Miene. » Sind das amerikanische Manieren, hm?« Sie blickte an mir vorbei. » Was gibt es da zu glotzen?«, sagte sie, und als ich mich umdrehte, sah ich, wie sich Badou in der Nähe des Tors ängstlich an Falida drängte. Sie hatte schützend die Arme um ihn gelegt. » Los, hinaus mit euch«, sagte Manon, worauf Falida Badou bei der Hand nahm und mit ihm hinauslief, ohne das Tor hinter sich zuzumachen.
    » Ich weiß, dass du krank bist«, sagte ich schwer atmend. » Manon hat es mir erzählt. Was sind das für Dschinn, von denen

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