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Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate

Titel: Der Duft von Safran - Holeman, L: Duft von Safran - The Saffron Gate Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Holeman
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Mann, dessen hagere und gebeugte Schultern sich unter einem Leinenjackett abzeichneten, bog vor uns um die Ecke. Ich erhaschte nur einen flüchtigen Blick auf sein blasses Profil. Doch der genügte. Dieses Mal war ich mir sicher. Dieses Mal irrte ich mich nicht so wie all die anderen Male, als ich Etienne in Marrakesch gesehen zu haben wähnte.
    Einen Moment lang blieb ich stehen, dann ließ ich meine Tasche fallen und schob mich durch das Gedränge auf dem Platz, bog ebenfalls um die Ecke, doch vor mir lag eine große, von Marktständen gesäumte Straße, die vor Menschen und Tieren wimmelte.
    » Etienne!«, rief ich in das Gedränge hinein. Ich riss den Schleier herunter, damit meine Stimme nicht mehr gedämpft wurde. » Etienne!« Die Köpfe der Leute drehten sich nach mir um, doch Etienne konnte ich nirgends mehr entdecken. Ich arbeitete mich weiter durch die Menge vor, rief immer wieder nach ihm, aber meine Stimme verlor sich im Lärm. Keuchend blieb ich schließlich mitten auf der Straße stehen und starrte mit herabhängenden Armen ratlos in das Gedränge um mich herum. Von der Straße gingen unzählige kleine Gassen ab: Etienne konnte in irgendeiner verschwunden sein.
    Aszulay berührte mich am Arm, und ich blickte ihn an. » Ich habe Etienne gesehen. Du doch auch, ich weiß, dass du ihn gesehen hast. Er ist hier, Aszulay. Er ist in Marrakesch.«
    Er fasste mich am Arm und führte mich in den Schatten eines überbauten Toreingangs, wo das Gedränge und der Lärm weniger groß waren. »Badou«, sagte er, indem er in die Falten seines Gewands langte und ein paar Münzen zum Vorschein brachte. »Bitte geh zum Bäcker und kauf Brot. Bei dem Stand da drüben.«
    Der Junge nahm das Geld und lief los.
    » Ich muss dir etwas sagen.« Vage bemerkte ich, dass er meine Schultertasche trug.
    Ich nickte abwesend, konnte nur daran denken, dass Etienne hier in Marrakesch war.
    » Als ich dich gestern abholte …« – Aszulay zögerte –, » wollte ich dir etwas sagen, aber du hast mich nicht weiterreden lassen, auch wenn ich es besser getan hätte. Sidonie. Sieh mich an, bitte.«
    Ich blickte noch immer suchend die Straße entlang. » Etwas sagen, was denn?« Ich wandte mich ihm zu.
    » Als ich Badou bei Manon abgeholt habe, bevor ich zu dir gekommen bin …« , er warf einen Blick zu Badou hinüber, der an dem Brotstand darauf wartete, bis die Reihe an ihm war, » … war Etienne bei Manon.«
    Die letzten Worte sprach er gehetzt. Ich öffnete den Mund und schloss ihn wieder.
    » Ich hätte es dir sagen müssen. Obwohl du mich gebeten hast, nicht mehr von Manon zu reden, ich hätte es dir dennoch sagen müssen.«
    Ich lehnte mich an das Tor. » Etienne ist bei Manon?«
    Er nickte. » Ich habe es dir nicht gesagt, weil …«
    Ich wartete, den Blick auf seinen Mund geheftet.
    » Weil ich wollte, dass du mit uns aufs Land fährst. Mit mir. Ich wusste, du wärst nicht mitgefahren, hättest du gewusst, dass er zurück ist. Und da ist … noch etwas.«
    Als er nach einer Weile immer noch nicht weitergesprochen hatte, sagte ich ruhig: » Was denn?«
    » Ich wollte dich nicht allein lassen, wenn du Manon und Etienne gegenübertrittst. Ich wollte nicht aus Marrakesch wegfahren mit dem Gedanken, dass …«
    » Dass?«
    Badou kam wieder angelaufen, ein Brot unter den Arm geklemmt.
    Ich blickte auf den Jungen hinunter, der zwischen uns beiden hin und her sah.
    » Weiß er es? Weiß er, dass ich hier bin?«, fragte ich Aszulay.
    Er nickte.
    » Aber er weiß nicht, wo ich wohne.« Es war mehr eine Feststellung als eine Frage.
    Wieder nickte Aszulay.
    » Du hast es ihm nicht gesagt.«
    Er schwieg.
    » Aber … wenn er weiß, dass ich hier bin, dann muss er sich bei dir oder Manon doch nach mir erkundigt haben. Wie es mir geht. Wo ich wohne. Hat er, seit er hier ist, nicht versucht, mich ausfindig zu machen?«
    Wieder schien Aszulay um eine Antwort verlegen zu sein. Noch nie hatte ich ihn so durcheinander erlebt.
    » Aszulay. Hat er mich gesucht?«
    » Ich weiß es nicht, Sidonie.« Er atmete tief ein. » Ich sage die Wahrheit, ich weiß es nicht.«
    » Lass uns gehen, Onkel Aszulay«, sagte Badou. » Hier ist das Brot, das ich für Maman gekauft habe.«
    » Du hättest es mir sagen sollen«, sagte ich, ohne auf Badou zu achten. » Du lässt mich mit dir wegfahren, wo du doch wusstest, warum – um wessentwillen – ich überhaupt nach Marrakesch gekommen bin. Doch du … du hast mich betrogen, Aszulay.« Unwillkürlich hatte ich lauter

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